Eine Elegie von Johann Gottfried Herder

Wo bin ich? - In Einsiedeleien
Find' ich mich!
Gespenster schatteten weg, Gedankentiefen
Brausen herab und ruhn!
 
Da, wo im Mitternachtshain auf Scheidewegen
Feen wandelten,
Cypressen den Thau herunterrauschten
Auf mein entblößtes Haupt;
 
Um mich Gräber der Brüder, Geisterstimmen
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Aus der Urne Schooß
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Hör's! sie dumpfen herauf! - St! jener Moder
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Lispelt Antwort und schweigt
 
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Und auf sterbenden Gipfeln ew'ger Ulmen
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Wandelt - hörst's? - der Sturm,
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Der von sinkenden ritterlichen Trümmern
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Meinen Tempel heran
 
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steigt, in dem Gespenster den neuen Todten
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Vor dem Altar weihn.
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Kaum sieht Hekate selbst durch alte Fenster
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Ihren Gelübden zu,
 
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Und vom gothisch gehörnten Thurme seufzen
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Eulen halbes Ach!
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Und mein Vater vor mir! Ich schaudre, schaudernd
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Wach' ich - und um mich Nacht!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.6 KB)

Details zum Gedicht „Eine Elegie“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
120
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Eine Elegie“ wurde von Johann Gottfried Herder, einem bedeutsamen Dichter der deutschen Aufklärung und Frühromantik, geschrieben. Herder lebte von 1744 bis 1803, daher kann das Gedicht etwa in das späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert eingeordnet werden.

Auf den ersten Blick wirken die dichten und dunklen Bildwelten des Gedichts mysteriös. Es gibt das Gefühl von Isolation wieder und behandelt Themen wie Tod, Vergänglichkeit und Einsamkeit.

In einfachen Worten handelt das Gedicht von einer Person, die sich selbst in Einsamkeit und Trauer findet. Das lyrische Ich betrauert und reflektiert auf das vergangene Leben. Es scheint sich in einer dunklen, ungewissen Umgebung zu befinden und wird von Gespenstern, Tod und Moder umgeben. Vielleicht spielt das Gedicht sogar in den frühen Morgenstunden oder spät in der Nacht, an einem Ort, der von Ruinen und Dunkelheit geprägt ist.

Form und Sprache sind von einer düsteren und mysteriösen Atmosphäre geprägt. Die Strophen bestehen alle aus vier Versen. Das Gedicht scheint in freiem Vers verfasst, da es kein einheitliches Reimschema oder metrisches Muster folgt. Die Sprache ist reich an Bildern und Metaphern, die ein Gefühl von Dunkelheit, Tod und Vergänglichkeit vermitteln. Besonders hervorstechend sind die wiederkehrenden Themen der Nacht, Toten und Geister, die eine düstere und unheimliche Atmosphäre erzeugen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass Herders Gedicht ein typisches Beispiel für die dunklere Seite der Romantik ist. Es zeichnet ein melancholisches Bild des Todes und der Vergänglichkeit, das in vielerlei Hinsicht als Reflexion auf die menschliche Existenz und die Unausweichlichkeit des Todes interpretiert werden kann. Dabei nutzt Herder die volle Bandbreite der damaligen dichterischen Mittel um seine melancholische Stimmung zum Ausdruck zu bringen.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Eine Elegie“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1760 bis 1803 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren die Vertreter unter 30 Jahre alt. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Vorschein zu bringen, wurde im Besonderen darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die traditionellen Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Literaturepoche der Klassik beginnt nach heutiger Auffassung mit der Italienreise Goethes, die er 1786 im Alter von 36 Jahren machte. Das Ende der Epoche wird auf 1832 datiert. In der Klassik wurde die Literatur durch Einflüsse der Französischen Revolution, die ziemlich zu Beginn der Epoche stattfand, entscheidend geprägt. In der Französischen Revolution setzten sich die Menschen dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Das Zentrum der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders populär. Außerdem verwendeten die Autoren jener Zeit eine pathetische, gehobene Sprache. Schiller, Goethe, Herder und Wieland können als die Hauptvertreter der Klassik bezeichnet werden. Aber nur Schiller und Goethe motivierten und inspirierten einander durch intensive Zusammenarbeit und gegenseitige Kritik.

Das vorliegende Gedicht umfasst 120 Wörter. Es baut sich aus 6 Strophen auf und besteht aus 24 Versen. Johann Gottfried Herder ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“. Zum Autor des Gedichtes „Eine Elegie“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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