Amor und Psyche von Johann Gottfried Herder

Eine berühmte Gruppe

Die Hand, die dieses holde Haupt berührt,
Und still hinab es zum Geliebten führt;
Der leise Hauch, der um die Lippe schwebt
Und sanft den Arm und sanft den Busen hebt;
Der Blick, der nicht zur Sprache werden kann:
Denn Seelen schau’n sich in einander an;
Indeß sich Herz zum Herzen schüchtern drängt
Und Geist an Geist, an Lippe Lippe hängt;
Der nur verlangend-süßeste Genuß
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Des Wiederfindens – seht, ist dieser Kuß.
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Es schwebt in ihm des Himmels reinstes Glück;
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Anschauend tretet, tretet still zurück.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Amor und Psyche“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
85
Entstehungsjahr
1796
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Amor und Psyche“ und stammt von Johann Gottfried Herder, einem bedeutenden deutschen Dichter und Philosophen der Aufklärung und Weimarer Klassik, der von 1744 bis 1803 gelebt hat. Daher kann das Gedicht zeitlich in das ausgehende 18. Jahrhundert eingeordnet werden.

Auf den ersten Eindruck hin wird vom Gedicht eine sehr romantische und liebevolle Atmosphäre ausgestrahlt. Es handelt von Nähe, Zärtlichkeit und Leidenschaft zwischen zwei Personen. Dabei wird besonders darauf eingegangen, wie sie sich gegenseitig wahrnehmen und auf welche Weise sie einander nahekommen und miteinander interagieren.

Inhaltlich beschreibt das lyrische Ich physische und emotionale Interaktionen zwischen zwei Liebenden: Eine Hand, die zärtlich ein Gesicht berührt, der Austausch von Blicken, der nicht durch Worte ausgedrückt werden kann, und die Intimität eines Kusses, der als „verlangend-süßester Genuss“ und „des Himmels reinstes Glück“ beschrieben wird - dies sind starke emotionale Verbindungen und Vergnügen, das aus der Zweisamkeit resultiert. Das Gedicht endet mit der Aufforderung an den Leser, diese heiligen Momente der Intimität mit Ehrfurcht und Respekt zu beobachten.

Die Form des Gedichts ist ein lyrisches Vierzeiler-Strophengedicht mit 12 Versen. Der Reimschema ist nicht eindeutig festlegbar, da es sich nicht stringend durch das gesamte Gedicht zieht. Die Sprache von Herder ist sehr bildlich und emotional, voller Metaphern und Vergleiche, welche die romantische und liebevolle Atmosphäre intensivieren.

Das Gedicht repräsentiert das typische Romantik-Verständnis von Liebe, es stellt die intensiv-reinen Gefühle der Liebenden und deren spirituelle Verbindung in den Vordergrund. Wie so oft im Klassizismus ist die Liebe hier als etwas Erhabenes dargestellt, das nahezu göttlich und unantastbar ist.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Amor und Psyche“ des Autors Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1796 zurück. Erschienen ist der Text in Tübingen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Literaturepochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren zwischen 1765 und 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Der Sturm und Drang war die Phase der Rebellion junger deutscher Autoren, die sich gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System wendeten. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um Schriftsteller jüngeren Alters. Um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde besonders darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Die Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der deutschen Literaturgeschichte, die von zwei zentralen Dichtern geprägt wurde: Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Die Literaturepoche beginnt im Jahr 1786 mit Goethes Italienreise und endet im Jahr 1832 mit Goethes Tod. Es gibt aber auch Definitionen, die die gemeinsame Schaffenszeit der beiden befreundeten Dichter Goethe und Schiller von 1794 bis zu Schillers Tod 1805 als Weimarer Klassik festlegen. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Oft wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Vollkommenheit, Harmonie, Humanität und der Übereinstimmung von Inhalt und Form gesucht. In der Lyrik haben die Autoren auf Stil- und Gestaltungsmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders beliebt. Außerdem verwendeten die Dichter jener Zeit eine pathetische, gehobene Sprache. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 85 Worte. Die Gedichte „Das Kind der Sorge“, „Das Orakel“ und „Das Ross aus dem Berge“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Amor und Psyche“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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