Schiller, Johann Friedrich von - Kabale und Liebe

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Johann Friedrich von Schiller, Inhaltsangabe, Sturm und Drang, Leitmotiv, Referat, Hausaufgabe, Schiller, Johann Friedrich von - Kabale und Liebe
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Referat

Friedrich Johann Schiller - „Kabale und Liebe“

Friedrich Johann Schiller wurde am 10.November 1759 in Marbach geboren und verlebte insgesamt eine sehr arme Kindheit und begann 1772 Recht zu studieren, wechselte aber vier Jahre später zu einem Medizinstudium. Schließlich arbeitete er erst als Regimentsarzt und dann als Theaterdichter in Mannheim. Bald darauf zog er jedoch nach Weimar um und heiratete 1790 Charlotte von Lengefeld. Aufgrund einer Lungenkrankheit starb er im Mai 1805 in Weimar. Er gilt als der bedeutendste deutsche Dramatiker. Viele seiner Theaterstücke gehören zum Standardrepertoire der deutschsprachigen Theater. Auch als Lyriker war er sehr erfolgreich, seine Gedankenlyrik wurde exemplarisch, und seine Balladen zählen zu den beliebtesten deutschen Gedichten. Er ist neben Goethe, Wieland und Herder der wichtigste Vertreter der Weimarer Klassik.

Das Drama „Kabale und Liebe“ stellte Friedrich Schiller 1783 fertig. Im folgenden wird kurz der Inhalt skizziert.

Luise, die Tochter eines einfachen Bürgers, und Ferdinand von Walter, der Sohn des Präsidenten bei Hofe, sind ineinander verliebt. Beide Väter dulden jedoch diese ständeübergreifende Liebe ihrer Kinder nicht und versuchen die beiden auseinander zu bringen. Der Präsident, der geplant hat seinen Sohn mit Lady Milford, der Mätresse des Herzogs, zu verheiraten um mehr Macht bei Hofe zu erreichen, ersinnt mit seinem Sekretär Wurm, der selbst in Luise verliebt ist, eine List um die Liebenden zu entzweien. Deswegen lässt er Luises Eltern verhaften und setzt so Luise unter Druck. Er zwingt sie einen Liebesbrief an den Hofmarschall von Kalb zu schreiben, mit dem er Ferdinand eifersüchtig und wütend machen will. Wurm erklärt Luise, dass sie einen Eid schwören muss, den Brief freiwillig geschrieben zu haben., da sonst ihre Eltern hingerichtet würden. Aus Verzweiflung und um sich diesem Eid zu entziehen will sich Luise umbringen, wird aber von ihrem Vater davon abgehalten, der einen Selbstmord als Treuebruch sieht. Ferdinand, der natürlich vom angeblichen Betrug seiner Geliebten erfährt, sinnt auf Rache und vergiftet sich und Luise. Im Sterben vergibt diese ihrem geliebten Ferdinand, der mit seinem letzten Atemzug seinem eigenen Vater vergeben kann.

Da Friedrich Schiller dieses Drama zur Zeit des Sturm und Drangs schrieb, stellt sich natürlich die Frage, inwiefern „Kabale und Liebe“ ein für diese Epoche typisches Drama ist.

Zunächst sollten einige Informationen über die Epoche des Sturm und Drangs gegeben werden. Sie begann ca. 1760 und endete wieder um 1780. Zuerst sahen viele im Sturm und Drang zu Unrecht eine Gegenbewegung zur Aufklärung. Zwar waren die Gefühle sehr wichtig, die Vernunft wurde jedoch nicht vollkommen ausgegrenzt. Es sollte vielmehr der Einklang zwischen ratio = Vernunft und emotio = Gefühl erreicht werden. Der Sturm und Drang war größtenteils eine Bewegung der Jugend, da hauptsächlich 20 – 30 jährige Schriftsteller beteiligt waren. Sie setzten sich vor allem für Freiheit und Selbstentfaltung ein und kritisierten die Gesellschaft, den jeweiligen Herrscher und die Standesunterschiede. Der Sturm und Drang war eine literarische Bewegung des Aufbruchs, die gesellschaftlich und politisch jedoch ohne nennenswerte Folgen blieb. Viele Merkmale dieser Epoche brachte Friedrich Schiller auch in seinem Stück „Kabale und Liebe“ zur Sprache. Diese befinden sich sowohl im Inhalt, als auch im Aufbau und in der Sprache des Dramas. Hierzu soll nun das Drama betrachtet und gleichzeitig mit „Emilia Galotti“ von Lessing, einem typischen Werk der Aufklärung, verglichen werden. Wenn man mit dem Inhalt beginnt, lässt sich als erstes anführen, dass der Sturm und Drang fast ausschließlich eine Jugendbewegung war. Schiller selbst war, als er dieses Drama schrieb, erst 23 Jahre alt und er stellte auch seine Protagonisten jung dar. Luise Miller ist „sechszehn gewesen“ , wie sie im IV. Akt, 7. Szene, S.85 Lady Milford antwortet, und auch Ferdinand scheint noch nicht sehr alt zu sein, da er unverheiratet ist und man damals schon recht früh heiratete. Lady Milford ist ebenfalls nicht alt, ihr Alter kann man sogar aus ihrer Lebensgeschichte errechnen. Als 14jähriges Mädchen kam sie nach Deutschland und sechs Jahre später traf sie bereits den Herzog, dessen Mätresse sie schon drei Jahre lang ist (II. Akt, 3.Szene, S.38). Also kann man ihr Alter auf ungefähr 23 Jahre schließen. Dieses junge Alter der drei Protagonisten weist also klar auf eine Einordnung in den Sturm und Drang hin. Diese Merkmal findet man in „Emilia Galotti“ nicht, denn die einzig wirklich jung dargestellte Person in diesem Stück ist Emilia. Der Prinz und auch die Gräfin Orsina scheinen schon älter zu sein.

Zudem wird das Thema „Liebe“ in dem Stück sehr betont. Sie ist allübergreifend und äußert sich sogar in verschiedenen Formen. Ferdinand beispielsweise liebt Luise so sehr, dass er mit ihr sogar fliehen und seinem bequemen Leben bei Hofe entsagen würde. Im III. Akt, 4.Szene, S.63 sagt er außerdem, er brauche nichts weiter zum Leben als Luise und die Liebe. Dies zeugt von seiner abgöttischen und doch unrealistischen Liebe zu Luise. Auch diese empfindet eine besondere Art von Liebe zu einer Person des Stücks und zwar zu ihrem Vater. Um ihn zu retten schreibt sie den Brief an den Hofmarschall und auch wegen ihm, entsagt sie Ferdinands Fluchtversuch. Denn sie weiß, dass sie für ihren Vater das einzige Vermögen ist und sie ihm deshalb nicht entfliehen darf (III. Akt, 4.Szene, S.64). Selbst Lady Milford liebt Ferdinand sehr, den sie selbst auserkoren hat ihr Retter zu sein (II. Akt, 3.Szene, S.40) und um den sie kämpfen will, denn sie möchte ihn besitzen oder lieber sterben (II. Akt, 1.Szene, S.30). Da die Liebe ein wichtiges Kennzeichen des Sturm und Drangs ist und in diesem Stück eine derart wichtige Rolle spielt, bestätigt das wieder die Einordnung des Dramas in den Sturm und Drang. Zieht man hierzu noch „Emilia Galotti“ von Lessing hinzu und vergleicht die Rolle der Liebe in den beiden Dramen, so stellt man fest, dass in „Emilia Galotti“ die Liebe ganz im Gegensatz zu „Kabale und Liebe“ kaum vorkommt und keine bedeutende Rolle spielt. Weder zwischen Odoardo und Claudia, noch zwischen Appiani und Emilia wird von Liebe gesprochen. Der einzige, der von Liebe redet ist der Prinz („Nun ja ich liebe sie; ich bete sie an“ I. Akt, 6. Szene, S.16). Jedoch bleibt zu bezweifeln, ob man seine Verliebtheit in Emilias Schönheit als echte Liebe bezeichnen darf. Liebe wird in „Emilia Galotti“ dagegen mehr verspottet, denn die Gräfin, die den Prinzen wirklich liebt, wird von ihm als „aus Liebe närrisch“ (I. Akt, 6.Szene, S.14) und „toll[...]“ (I. Akt, 6.Szene, S.16) bezeichnet. Auch eine Heirat geschieht in den seltensten Fällen aus Liebe: der Prinz heiratet eine Prinzessin aus Staatsräson ohne es selbst tatsächlich zu wollen (I. Akt, 6.Szene, S.13).

Auch die Freiheit und Individualität des Einzelnen waren wichtige Themen im Sturm und Drang und wie die Liebe spielen auch sie eine große Rolle in „Kabale und Liebe“. Der Präsident wird zum Beispiel als ein schlechter Mensch dargestellt, da er „boshaft zu Luisen“ (II. Akt, 6.Szene, S.48) spricht und seinem Sohn das Leben zu diktieren versucht. Dementsprechend will er Ferdinand ja dazu zwingen Lady Milford zu heiraten, indem er ihm mit seinem Zorn droht (I. Akt, 7.Szene, S.27). Ferdinand dagegen möchte ein individuelles Leben führen und sich nichts von seinem Vater sagen lassen. Er ist beispielsweise bereit seinem Erbe zu entsagen, also seiner Herkunft, seinen Zukunftschancen und seiner Stellung (I. Akt, 7.Szene, S.23). Dieser Aufeinanderprall zweier so unterschiedlicher Meinungen wird vor allem im II. Akt, 7. Szene, S.52 deutlich, als Ferdinand sogar Waffengewalt gegen seinen Vater verwendet. Bringt man nun diesen Aspekt wieder mit „Emilia Galotti“ in Verbindung, so sieht man schnell, dass in diesem Drama die Freiheit und Individualität des Einzelnen eine weniger wichtige Rolle spielen. Vielmehr wird auf Tugend und familiäre Bindung wertgelegt, was sich zeigt, als Odoardo sich sorgt, weil Emilia allein zur Kirche geht. Bereits ein Schritt genügt als Fehltritt, sagt er, (II. Akt, 2.Szene, S.22).

Ein ebenso deutliches Zeichen für den Sturm und Drang ist die Auflehnung gegen politische Unterdrückung und die offene Kritik am Regenten. Selbst Lady Milford, die ein Mitglied des Hofes ist, ist schockiert über die Taten des Herzogs, der Landeskinder verkauft um seine Mätressen zu verwöhnen (II. Akt, 2.Szene, S.32) und deswegen unternimmt sie einiges um die Lage des Volkes zu verbessern, z.B. erzählt sie Ferdinand, dass sie hinter dem Rücken des Herzogs „Kerker gesprengt [und] Todesurteile zerrissen“ habe (II. Akt, 3.Szene, S.39). Verglichen mit „Emilia Galotti“ ist die Kritik am Regenten in „Kabale und Liebe“ weit deutlicher. Lessing verlegte den Ort und die Zeit der Handlung in „Emilia Galotti“ nach Italien und in die Klassik um einer Strafe zu entgehen und kritisiert die damaligen Fürsten nur allgemein. Schiller dagegen wagt es Ort und Zeit real zu wählen und lässt „Kabale und Liebe“ in einer deutschen Residenzstadt spielen, so dass die Kritik direkt deutsche Fürsten betrifft.

Ein anderes Leitmotiv dieser Epoche ist die Natur und Natürlichkeit des Menschen. Luise übertrifft trotz ihrer Abstammung Lady Milford, denn sie ist „natürlich“ schön, sie hat es nicht nötig sich aufzuputzen wie die Lady, die damit Luise imponieren und sie einschüchtern will um ihre eigene Unsicherheit zu verbergen (IV. Akt, 6.Szene, S.83). Luise spricht außerdem „gelassen und edel“ (IV. Akt, 7.Szene, S.87), wohingegen die Lady von „großer innrer Bewegung“ geplagt ist (IV. Akt, 7.Szene, S.87). Ein ebenfalls zu diesem Motiv gehörender Gedanke ist, dass der Mensch nicht das Ergebnis genau geplanter Erziehung ist. Obwohl Ferdinand von seinem Vater als adelig denkender Mensch erzogen wurde, widersetzt er sich mit der Beziehung zu Luise den Sitten und Richtlinien des Adels. Für ihn gibt es keine Standesschranken, die das Bürgertum vom Adel abtrennen und er sieht in Luise nicht wie sein Vater nur ein Mädchen, das zur Dirne taugt und mit dem er sich vergnügen kann (I. Akt, 5.Szene, S.18). Wenn man diesen Aspekt mit „Emilia Galotti“ vergleicht, findet man hierbei eine Gemeinsamkeit, denn auch Emilia ist in einer gewissen weise „natürlich“. So trägt sie als Hochzeitskleid ein relativ schlichtes Kleid, welches sie bei der ersten Begegnung mit Appiani trug (II. Akt, 7.Szene, S.33). Bei diesem Anlass wird auch deutlich, dass sie nicht wie es damals modern war ihr Haar puderte oder eine Perücke trug, sondern ihr Haar „in seinem eignen braunen Glanze; in Locken wie die Natur sie schlug“ beließ (II. Akt, 7.Szene, S.33). Zudem kann man in Odoardo einen Teil der Natürlichkeit finden. Ganz im Gegensatz zu Claudia, die sich nach der aufregenden Welt des Hofes und der Stadt sehnt, will er lieber auf seinem Landgut bleiben und die Ruhe genießen. Ähnlich verhält sich Appiani, der keinerlei politische Ambitionen hat und mit Emilia sein Leben auf dem Land verbringen will.

Genauso kennzeichnend für den Sturm und Drang sind die Gefühle, die in diesem Stück häufig gezeigt werden. Selbst Ferdinand spricht über das, was er fühlt, obwohl das für einen Mann durchaus nicht üblich war. So erklärt er beispielsweise im I. Akt, Szene 4 Luise seine Liebe und legt ihr dabei seine ganze Gefühlswelt dar. Auch gegenüber Lady Milford sagt er offen, was er für Luise empfindet, obwohl jene für ihn ja eine Fremde ist (II. Akt, 3.Szene, S.41). Er gibt also seine Gefühle nicht nur Vertrauten gegenüber preis, sondern auch ihm fremden Personen. Stellt man dazu vergleichend „Emilia Galotti“ gegenüber, kann man feststellen, dass in „Emilia Galotti“ weit weniger Gefühle erwähnt werden, als in „Kabale und Liebe“. Wenn man dazu Stellen betrachtet, in denen es um Liebe geht, sieht man schnell, dass die Wortwahl der Gefühle in „Emilia Galotti“ viel pragmatischer ist als in „Kabale und Liebe“. So spricht der Prinz nur einmal von Gefühlen und zwar als er sagt: „Ich liebe sie; ich bete sie an.“(I. Akt, 6.Szene, S.16), Ferdinand hingegen führt seine Liebesbeteuerungen immer ausschweifend aus, wie im I. Akt, 4.Szene, S.16f, als er sagt, dass er über Luise wachen werde wie ein Zauberdrache über unterirdisches Gold. Das zeigt uns, dass im Sturm und Drang die Gefühle eine wichtige Rolle spielten und in der Aufklärung, aus der „Emilia Galotti“ stammt, die Taten von größerer Bedeutung waren.

Ein weiteres Merkmal des Sturm und Drangs ist die Verwendung eines Motivs, das sich am besten mit „Theodizee“ beschreiben lässt. Theodizee ist die Bezeichnung für die begründete Rechtfertigung Gottes hinsichtlich des Übels und der Ungerechtigkeiten in der Welt. Das bedeutet, dass der Präsident, als er sich am Ende des Dramas dem Gericht übergibt, Gott immer noch vertraut, obwohl dieser oftmals Dinge geschehen lässt die schlecht oder ungerecht sind. Genau das gleiche Schema findet man in „Emilia Galotti“, denn Odoardo bringt sich nach dem Mord an seiner Tochter nicht um, sondern übergibt sich lieber in die Hand des Gesetzes, wie er sagt, dass er den Prinzen als Richter erwartet und später diesen vor dem Richter, also Gott, sehen will. Er vertraut darauf, dass Gott alles plant und jede Ungerechtigkeit wieder richten wird. Da nun bereits die Merkmale des Sturm und Drangs im Inhalt des Dramas „Kabale und Liebe“ geklärt sind, folgen jetzt die Merkmale, die man in der Sprache und im Aufbau des Stückes finden kann.

Im allgemeinen soll die Sprache in „Kabale und Liebe“ von großer Aufgewühltheit zeugen, die Sätze sollen ungeplant wirken und ferner dazu dienen die Gefühle, also die Hektik und innere Zerrissenheit der Personen zu betonen. Das Drama ist deshalb in Prosa geschrieben, die im Gegensatz zum Blankvers keine Reime und kein regelmäßiges Metrum enthält. In „Emilia Galotti“ ist das genauso, da auch hier die Sprache ungeplant wirken soll.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Satzbau, der sich besonders im Sturm und Drang von der gewöhnlichen Poetik abhob. Besonders auffällig sind die häufigen Ellipsen, wie z.B. im V. Akt, 7.Szene, S.114 „Das deiner Luise, Ferdinand?“. Ebenso fallen die vielen Gedankenstriche auf, beispielsweise im V. Akt, 7.Szene, S.116 „...ich könnte dir Dinge sagen – ich könnte - - aber das harte Verhängnis band meine Zunge“. Außerdem stechen einem viele Interjektionen ins Auge, da besonders Ferdinand seine Sätze oftmals durch Ausrufe wie „Ha!“ (V. Akt, 7.Szene, S.113) oder „O!“ (V. Akt, 7.Szene, S.114) unterbricht. Desweiteren baute Schiller in das Drama ungewöhnlich viele Ausrufe ein, die er durch Ausrufezeichen kennzeichnete. Ferdinand drückt seine Aufgewühltheit sehr oft mit Ausrufen wie „Tod und Verdammnis!“ (V. Akt, 7.Szene, S.113) aus. Zudem sind die meisten Sätze in bedeutenden Szenen parataktisch, was bedeutet, dass sie kurz und ohne Konjunktionen sind. Dies soll ebenfalls die große Hektik der Protagonisten bestätigen. Vergleicht man nun diese Kennzeichen mit dem Satzbau in „Emilia Galotti“, so stellt man fest, dass auch in „Emilia Galotti“ einige Besonderheiten im Satzbau auftreten. Auch Marinelli benutzt viele Ausrufe und Interjektionen, wie „O!“ (I. Akt, 6.Szene, S.13). Außerdem baute auch Lessing in sein Stück viele Gedankenstriche ein, so wie im I. Akt, 5.Szene auf Seite 12: „So viel er will – Dich hab ich für jeden Preis noch wohlfeil. – Ah!“.

Bei der weiteren Betrachtung sollte auch die Wortwahl nicht unbeachtet bleiben. Vor allem Schlüsselbegriffe wie „Herz“ und „Liebe“ werden häufig verwendet, so beispielsweise im II. Akt, 3.Szene, S.41 („Ich liebe Mylady – liebe ein bürgerliches Mädchen“), im III. Akt, 4.Szene, S.65 („Du hast ein Herz, lieber Walter. Ich kenne es. Warm wie das Leben ist deine Liebe“) und im IV. Akt, 7.Szene, S.89 („Lästern Sie ihr eigenes Herz nicht.“). Auch lässt sich anhand der Sprache eine Charakterisierung erstellen. Hierbei unterscheidet man zwischen der Sprache des Hofes, einer Art Juristensprache, die der Präsident und Wurm sprechen, der gestellten französisierten Sprechweise des Hofmarschalls, der Sprache des Bürgertums, das Miller und seine Frau beinhaltet, und der Sprechweise der Liebenden. Die Juristensprache zeigt sehr genau die Bildung des Präsidenten und die Anpassungsfähigkeit Wurms. Durch das französisierte Deutsch des Hofmarschalls von Kalb bekommt man einen genauen Eindruck seines Geisteszustands. Er ist etwas naiv und dumm. Außerdem liegen seine Prioritäten auf anderen Bereichen als die des Präsidenten. Für den Hofmarschall ist es wichtig beim Lever des Herzogs anwesend zu sein und diesem zu gefallen. Hierzu ist seine Sprache passend. Die Sprache des Bürgertums ist hauptsächlich derb und offen. Vater Miller verwendet viele Kraftausdrücke wie im I. Akt, 1.Szene, S.7: „Gott verdamm’ mich.“) und teilweise ist seine Aussprache von Fremdwörtern falsch. So sagt er „Musje“ anstatt das französische „Monsieur“ richtig auszusprechen. Er scheint zudem eine Heirat als Handel anzusehen, da er im I. Akt, 1.Szene, S.5 davon spricht, dass der Handel, womit er die Beziehung zwischen seiner Tochter und Ferdinand meint, nun perfekt sei. Auch seine Frau versucht sich gebildet auszudrücken, dies gelingt ihr aber nicht, denn auch ihr misslingt die Aussprache der französischen Wörter („barrdu“ statt „partout“ I. Akt, 2.Szene, S.9). Ganz anders so die Sprache der Liebenden. Luise, die ja auch aus dem Bürgertum stammt, spricht trotzdem nicht wie ihr Vater, was ganz einfach zu erklären ist. Eine solche Liebe, wie sie sie zu Ferdinand empfindet, könnte man nie mit der derben, ungehobelten Sprache des Bürgertums ausdrücken. Zieht man hierzu vergleichend „Emilia Galotti“ heran, stellt man fest, dass sich die Sprache in diesem Stück ganz anders verhält. Alle Personen sprechen auf die gleiche gehobene Art und Weise, wofür man im ganzen Stück Beweise findet. Im III. Akt, 4.Szene, S.46 spricht Battista der Bedienstete Marinellis genauso gehoben wie Emilia und Marinelli selbst, obwohl er als Bediensteter ja aus dem niederen Stand stammt.

Im Gegensatz zu der häufigen Erwähnung der Begriffe „Herz“ und „Liebe“ wird das im Sturm und Drang ebenfalls wichtige Wort „Natur“ kaum gebraucht, sondern vielmehr werden Ausdrücke rund um die Natur als Metaphern und Vergleiche eingebaut. So z.B. „Komm in deiner ungeheuren Fruchtbarkeit, Schlange; spring an mir hoch, Wurm...“ V. Akt, 7.Szene, S.114. Besonders sollte man hierbei die Namensgebung beachten. Hofmarschall von „Kalb“ und der Sekretär „Wurm“ scheinen mit den Tieren, deren Namen sie tragen, einige Gemeinsamkeiten zu haben. Man kann sich den Hofmarschall z.B. schon als Kalb vorstellen, denn die Eigenschaften, die man mit einem Kalb verbindet, sind hauptsächlich Dummheit und Naivität. Ebenso scheint auch Wurm einige Ähnlichkeiten mit einem echten Wurm zu haben. Zuerst erkennt man dadurch sofort seine untergeordnete, unwichtige Stellung bei Hofe. Er, der ja nicht adelig ist, sich aber auch nicht bürgerlich verhält, ist in den Augen aller Aristokraten wirklich nur ein Wurm. Außerdem verhält er sich während des Stücks auch so, denn die Betitelung eines Menschen mit „Wurm“ hat meistens eine abfällige Bedeutung. Eine solche Verbildlichung des Begriffs „Natur“ wie wir sie hier in „Kabale und Liebe“ finden, tritt in „Emilia Galotti“ auch auf. Die Gräfin Orsina erhielt ihren Namen von dem lateinischem Wort orsa = Bär, sie hat ja wirklich ein wenig Ähnlichkeit mit einem Bären, da ihre Willenskraft und Sturheit der körperlichen Kraft eines Bärs gleichkommt. Ein weiteres Beispiel für eine bildliche Namensgebung in „Emilia Galotti“ ist Angelo, der Mörder Appianis. Sein Name heißt auf italienisch „Engel“ und ist so ein Widerspruch zu seinem Charakter.

Eine Auffälligkeit im Bereich des Aufbaus ist besonders die Menge der Monologe im Stück. Die Einsamkeit und Verzweiflung der Personen, vor allem die Ferdinands, Luises und Lady Milfords, werden hauptsächlich in Monologen (III. Akt, 5.Szene;IV. Akt, 2.Szene;IV. Akt, 4.Szene;IV. Akt, 8.Szene;V. Akt, 4.Szene) dargestellt. So können diese Personen ihre Gefühle in Zwiegesprächen mit sich selbst ausdrücken, was ja im Sturm und Drang sehr betont werden sollte. Dieses Phänomen entdeckt man auch in „Emilia Galotti“. Zwar sind hier die Monologe, nicht wie es bei „Kabale und Liebe“ ist, größtenteils in der Mitte zu finden, sondern am Anfang und am Ende des Dramas. Zuerst dienen die Monologe dazu des Prinzens Verliebtheit und seine Einsamkeit darzustellen, später erkennt man durch sie deutlich in welchem Zwiespalt und in welcher Sorge Odoardo sich befindet.

Außerdem ist „Kabale und Liebe“ nach dem aristotelischen Schema aufgebaut, das bedeutet der erste Akt ist die Exposition, in der alle Personen das erste Mal vorkommen und so vorgestellt werden, der zweite dient dazu aufzuzeigen, dass sich die Situation verschärft, der 3.Akt ist die Peripherie, in der die Grundlage für die ganze Katastrophe entsteht, der vierte ist das retardierende Moment, durch anderes Verhalten hätte die Katastrophe dort abgewendet werden können, und der fünfte Akt ist schließlich die Katastrophe. Das Drama hat also fünf Akte, auch Ort und Zeit sind im weitesten Sinne gleich, d.h. die Handlung spielt an nur wenigen Orten und in einem kurzen Zeitraum. Es tauchen außerdem nur wenige Personen auf, was für ein aristotelisches Drama typisch ist. Vergleichend hierzu sind die Orte in „Emilia Galotti“ zwar verschieden und weiter auseinanderliegend, die Zeitspanne der Handlung ist jedoch kurz. Auch die Anzahl der Personen wird gering gehalten. Ein Unterschied jedoch zu „Kabale und Liebe“ ist, dass die Personen in „Emilia Galotti“ fast alle zu Adel oder niederen Adel gehören.

Das führt auch gleich zum nächsten Punkt. Im Sturm und Drang begannen die Dichter die Ständeaufteilung differenzierter zu sehen. Schiller baut in „Kabale und Liebe“ nicht nur adelige und reiche Personen ein, sondern auch Bürger und Bedienstete. Mit Sophie und Wurm zeigt er sogar zwei Aufsteiger, denn beide hatten sich hochgearbeitet. Wo man früher seit der Antike nur adelige und göttliche Hauptcharaktere einbaute, erfindet er Luise, eine arme Bürgerstochter. Dass es in „Emilia Galotti“ auch Menschen gibt, die nicht reich sind, lässt Lessing hingegen ganz außer Acht. Er gestaltet somit ein Drama, das nur in der Welt der Reichen spielt.

All diese hier aufgeführten Gründe, warum „Kabale und Liebe“ ein eindeutiges Drama des Sturm und Drangs ist, sollen nun noch einmal kurz zusammengefasst werden. Als erstes lässt sich wiederholen, dass das Stück sich im Gegensatz zu Stücken der Aufklärung intensiv mit dem Thema „Liebe“ befasst. Außerdem lehnt sich Schiller durch sein Beispiel an Auflehnung in diesem Stück gegen das absolutistische Herrschaftssystem auf, das zu seiner Zeit in deutschen Residenzstädten üblich war. Es ist aber nicht nur eine Revolte gegen die politischen Missstände, sondern auch gegen das alte, festgefahrene Schema, in dem sich frühere Werke bewegten. Schiller versucht etwas Neues zu erschaffen. Ebendies bringt er auch in „Kabale und Liebe“ zur Sprache, denn die neuen Ideen von Gleichheit und der Wichtigkeit der Liebe kämpfen gegen die alten Ideen, in denen es vornehmlich um Regelmäßigkeit und Einhaltung der Standesschranken ging (siehe Präsident gegen Ferdinand). Auch im Aufbau und in der Sprache weist das Drama Eigenheiten auf, die typisch für den Sturm und Drang sind, wie die vielen Stilmittel, die man finden kann, oder die differenzierte Darstellung der Stände und Wahl der Personen. Verglichen mit „Emilia Galotti“ einem eindeutig der Aufklärung zugeordnetem Werk hat „Kabale und Liebe“ mit diesem Drama doch einige Gemeinsamkeiten. Man merkt deutlich, dass sich Schiller von „Emilia Galotti“ inspirieren ließ. So wird beispielsweise auch in „Emilia Galotti“ Kritik geübt, aber mit dem Unterschied, dass Lessing diese stark versteckte. Schiller dagegen kritisierte offen und deutlich sogar einen bestimmten Herrscher. Es ist ja allgemein bekannt, dass er hierfür Arrest auferlegt bekam und am Ende aus seiner Heimatstadt flüchtete. Es ist also nicht verwunderlich, dass Schiller am Anfang seinem Drama den Titel „Luise Millerin“ gab, da wirklich viele Ähnlichkeiten bestehen, wie z.B. die Tatsache, dass beide Stücke im Prosa geschrieben sind und beide aristotelisch aufgebaut sind. Zudem handeln beide Dramen um Intrigen, auch wenn die eine mit Hilfe der Eifersucht und die andere mit Hilfe der Tugend ausgeführt wird.

Abschließend möchte ich nun meine persönliche Meinung zu dem Stück sagen und inwiefern es meiner Ansicht nach Auswirkungen auf die Zukunft hatte. Es ist zwar bewiesen, dass die Phase des Sturm und Drangs insgesamt keine Nachwirkungen hatte, denn das Volk nahm die Ideen nicht vollkommen auf und es entstand auch keine Revolution, wie es in Frankreich sechs Jahre später der Fall sein sollte. Und doch sind Schriftsteller wie Schiller unbedingt notwendig. Hätten sich die Stürmer und Dränger damals nicht gegen die Missstände aufgelehnt, wer weiß, vielleicht hätte es dann nie Menschen gegeben, die auch im 3.Reich ihre Meinung gesagt haben, oder solche, die sich in der ehemaligen DDR auflehnten. „Kabale und Liebe“ sollte deshalb Pflichtlektüre in der Schule sein, außerdem ist die Geschichte interessant und die Personen werden teilweise witzig skizziert, wie z.B. Hofmarschall von Kalb.

Quellen:

  1. Kabale und Liebe, Friedrich Schiller, Reclam Stuttgart, 2001
  2. Emilia Galotti, G. E. Lessing, Reclam Stuttgart, 2001
  3. Kennwort, Schroedel Schulbuchverlag Hannover, 1992
  4. Interpretationshilfe Deutsch Kabale und Liebe, Thorsten Zimmer, Stark 2003
  5. Erläuterungen und Dokumente Emilia Galotti, Gesa Dane, Reclam 2002
  6. Diverse Unterrichtsmitschriften
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