Ein Mönch, der Bücher seines Klosters Küster von Johann Gottfried Herder

Ein Mönch, der Bücher seines Klosters Küster,
Kam im Register
Auf ein ebräisch Buch, das der Philister,
Wie billig, nicht verstand.
Er frägt den Prior: »Herr, wie wird das Buch genannt?«
»Das ist,« antwortet Der, »denn auch nicht meine Sache;
Doch weiß ich, ist's des lieben Gottes Sprache,
Die allemal fängt hinten an.«
Der Mönch begann:
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»Hier folgt ein Buch, das ich nicht lesen kann.
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Es ist, der Prior sagt's, des lieben Gottes Sprache,
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Die allemal fängt hinten an.«
 
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Der Mönch schrieb wahr
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Und nannt' in seinem Commentar
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Des lieben Gottes Schrift und Sprache
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Und Rath und That und gute Sache
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Weit richtiger als mancher Pfarr
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Und mancher Narr.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Ein Mönch, der Bücher seines Klosters Küster“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
109
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Johann Gottfried Herder, ein deutscher Dichter und Denker des 18. Jahrhunderts und einer der Schlüsselfiguren der Sturm und Drang Epoche sowie der Weimarer Klassik.

Beim ersten Eindruck ist das Gedicht humorvoll und erzählt eine einfache Geschichte, die auf den ersten Blick nach einem Missverständnis zwischen einem Mönch und seinem Prior aussieht.

Der Inhalt des Gedichts dreht sich um einen Klostermönch, der bei der Durchsicht von Büchern auf ein hebräisches Buch stößt, das er nicht versteht. Er sucht Rat bei seinem Prior, der ihm sagt, es sei die „Sprache des lieben Gottes“, die „allemal von hinten anfängt“. Der Mönch versteht dies wörtlich und beschreibt das Buch als Gottes Buch, das von hinten gelesen wird. Die Pointe des Gedichts besteht darin, dass trotz dieses Missverständnisses der Mönch auf seine eigene Weise wahre und geeignete Bemerkungen zum Buch macht, und wird daher lobend hervorgehoben als weiser als viele Geistliche oder „Narren“.

Das lyrische Ich ist der Erzähler der Geschichte und hat eine humorvolle und etwas ironische Stimme. Anstatt den Mönch für sein Missverständnis zu verspotten, lobt das lyrische Ich seine Weisheit und Ehrlichkeit.

Die Form des Gedichts ist eine einfache erzählende Dichtung mit regulärer Reimstruktur. Die Sprache ist einfach und klar, mit gelegentlichen ironischen Untertönen.

Die Botschaft des Gedichts scheint darin zu liegen, dass wahre Weisheit oft in Unschuld und Einfachheit liegt und dass Wissen allein nicht immer gleichzusetzen ist mit Verständnis oder Einsicht. Der Mönch kann vielleicht das hebräische Buch nicht lesen oder verstehen, aber er zeigt Demut, Ehrerbietung vor der Heiligkeit des Buches und zeigt ein tieferes Verständnis für die spirituelle Botschaft, die es enthält, als diejenigen, die behaupten, es zu wissen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ein Mönch, der Bücher seines Klosters Küster“ ist Johann Gottfried Herder. Geboren wurde Herder im Jahr 1744 in Mohrungen (Ostpreußen). In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung. Die Vertreter waren meistens junge Autoren, zumeist nicht älter als 30 Jahre. Die Autoren versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Mit seinen beiden wichtigen Vertretern Goethe und Schiller entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Auf zeitlicher Ebene lässt sich die Weimarer Klassik mit Goethes Italienreise im Jahr 1786 und mit Goethes Tod 1832 eingrenzen. Zwei gegensätzliche Anschauungen hatten das 18. Jahrhundert bewegt. Die Aufklärung und die gefühlsbetonte Strömung Sturm und Drang. Die Weimarer Klassik ist eine Verschmelzung dieser beiden Elemente. Ausgangspunkt und literarisches Zentrum der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Die Dichter der Weimarer Klassik wollten die antiken Stoffe aufleben lassen. Mit der antiken Kunst beschäftigte sich Goethe während seiner Italienreise. Die Antike gilt nun als Ideal, um Harmonie und Vollkommenheit zu erreichen. In der Gestaltung wurde das Wesentliche, Gültige, Gesetzmäßige sowie der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oft derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die bekanntesten Dichter der Weimarer Klassik sind: Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 109 Worte. Die Gedichte „Das Gesetz der Welten im Menschen“, „Das Glück“ und „Das Kind der Sorge“ sind weitere Werke des Autors Johann Gottfried Herder. Zum Autor des Gedichtes „Ein Mönch, der Bücher seines Klosters Küster“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 413 Gedichte vor.

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