Breite und Tiefe von Friedrich Schiller

Es glänzen viele in der Welt,
Sie wissen von allem zu sagen,
Und wo was reizet, und wo was gefällt,
Man kann es bey ihnen erfragen,
Man dächte, hört man sie reden laut,
Sie hätten wirklich erobert die Braut.
Doch gehn sie aus der Welt ganz still,
Ihr Leben war verloren,
Wer etwas Trefliches leisten will,
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Hätt’ gerne was Großes gebohren,
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Der sammle still, und unerschlafft
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Im kleinsten Punkte die höchste Kraft.
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Der Stamm erhebt sich in die Luft
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Mit üppig prangenden Zweigen,
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Die Blätter glänzen und hauchen Duft,
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Doch können sie Früchte nicht zeugen,
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Der Kern allein im schmalen Raum,
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Verbirgt den Stolz des Waldes, den Baum.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Breite und Tiefe“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
108
Entstehungsjahr
1797
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das untersuchte Gedicht „Breite und Tiefe“ wurde von Friedrich Schiller verfasst, einem bedeutenden Dichter der deutschen Literaturgeschichte, der in der Zeit der Weimarer Klassik (etwa 1786-1832) lebte.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Gedicht eine Gegensatzpaar aufweist: Breite und Tiefe. Dieser Kontrast wird durch das gesamte Gedicht durchgezogen und findet in verschiedensten Aspekten Ausdruck.

Im Gedicht kontrastiert Schiller die Oberflächenpersönlichkeit, die in der Welt „glänzt“ und „alles weiß“, mit der Persönlichkeit, die still und unauffällig Großes leistet. Diese Charaktere werden durch die Bilder der laut redenden und der stillen Person dargestellt. Im zweiten Teil des Gedichts bedient sich Schiller des Naturbilds eines Baums, um diesen Gedanken weiter auszuführen: der prachtvolle Stamm mit seinen duftenden Blättern kann keine Früchte hervorbringen - im Gegensatz zum Kern im Inneren des Baumes, der den „Stolz des Waldes“ verbirgt.

Die zentrale Aussage des lyrischen Ichs scheint zu sein, dass wahre Qualität und Leistung im Verborgenen liegt und nicht durch laute Selbstdarstellung erreicht wird. Die Fähigkeit, „etwas Trefliches zu leisten“, wird mit Bescheidenheit, stiller Sammlung von Kraft und Konzentration auf das Wesentliche in Verbindung gebracht.

Die Form des Gedichts folgt keiner speziellen Strophen- oder Versform, sondern ist freier Natur. Trotz dieser formalen Freiheit versteht es Schiller, eine harmonische Klangfülle zu erzeugen. Er nutzt einfache, aber treffende Sprache und verleiht dem Gedicht eine zugängliche, klare Botschaft.

Im Hinblick auf die Sprache setzt Schiller auf direkte, unverschnörkelte Ausdrucksweise. Die Sprache ist mitunter bildreich, um seine Ideen zu unterstreichen. Metaphern und Vergleiche dienen zur Verdeutlichung sowohl des Kontrasts zwischen Breite und Tiefe als auch der Vorzüge der Tiefe.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in Schillers Gedicht „Breite und Tiefe“ der Fokus auf dem Kontrast zwischen oberflächlichen „Glänzern“ und den wahren, im Verborgenen wirkenden Leistern liegt. Hierbei bevorzugt das lyrische Ich eindeutig die stillen, tiefsinnigen Charaktere, die sich auf das Wesentliche konzentrieren und dadurch Großes schaffen.

Weitere Informationen

Friedrich Schiller ist der Autor des Gedichtes „Breite und Tiefe“. Schiller wurde im Jahr 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1797. Tübingen ist der Erscheinungsort des Textes. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zu. Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang (häufig auch Geniezeit oder Genieperiode genannt) ist eine literarische Epoche, welche zwischen 1765 und 1790 existierte und an die Empfindsamkeit anknüpfte. Später ging sie in die Klassik über. Der Epoche des Sturm und Drang geht die Epoche der Aufklärung voran. Die Ideale und Ziele der Aufklärung wurden verworfen und es begann ein Rebellieren gegen die Prinzipien der Aufklärung und das gesellschaftliche System. Die Schriftsteller des Sturm und Drang waren zumeist junge Autoren, häufig unter 30 Jahre alt. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Künstlern aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Einer der wichtigsten Schriftsteller der deutschen Klassik ist Johann Wolfgang von Goethe (* 28. August 1749 in Frankfurt am Main; † 22. März 1832 in Weimar). Seine Italienreise im Jahr 1786 wird als Beginn der Weimarer Klassik angesehen. Johann Wolfgang von Goethe prägte die Klassik ganz wesentlich. Sein Tod im Jahr 1832 kennzeichnet gleichzeitig das Ende dieser Epoche. Sowohl die Bezeichnung Klassik als auch die Bezeichnung Weimarer Klassik sind gebräuchlich. Das literarische Zentrum dieser Epoche lag in Weimar. Statt auf Widerspruch und Konfrontation wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Toleranz und Menschlichkeit. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit voranzutreiben. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige sowie der Ausgleich und die Harmonie gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache häufig derb und roh ist, bleibt die Sprache in der Weimarer Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Goethe, Schiller, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch weitere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das 108 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter Friedrich Schiller ist auch der Autor für Gedichte wie „An einen Moralisten“, „Bacchus im Triller“ und „Baurenständchen“. Zum Autor des Gedichtes „Breite und Tiefe“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.

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