An Minna von Friedrich Schiller

Träum’ ich? Ist mein Auge trüber?
Nebelt’s mir ums Angesicht?
Meine Minna geht vorüber?
Meine Minna kennt mich nicht?
Die am Arme seichter Laffen
Blähend mit dem Fächer ficht,
Nimmer satt sich zu begaffen? –
Meine Minna ist es nicht.
 
Von dem Sonnenhute niken
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Stolze Federn, mein Geschenk,
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Schlaifen, die den Busen schmüken,
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Rufen: Minna, sei gedenk!
 
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Blumen, die ich selbst erzogen,
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Zieren Brust und Loken noch –
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Ach die Brust, die mir gelogen! –
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Und die Blumen blühen doch!
 
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Geh! umhüpft von leeren Schmeichlern!
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Geh! vergiß auf ewig mich.
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Ueberliefert feilen Heuchlern,
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Eitles Weib, veracht’ ich dich.
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Geh! dir hat ein Herz geschlagen,
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Dir ein Herz das edel schlug,
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Groß genug, den Schmerz zu tragen,
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Daß es einer Hure schlug.
 
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Schönheit hat dein Herz verdorben,
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Dein Gesichtchen! schäme dich.
27 
Morgen ist sein Glanz erstorben,
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Seine Rose blättert sich.
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Schwalben, die im Lenze minnen,
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Fliehen wenn der Nordwind weht;
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Buler scheucht dein Herbst von hinnen,
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Einen Freund hast du verschmäht.
 
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In den Trümmern deiner Schöne
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Seh ich dich verlassen gehn,
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Weinend in die Blumenscene
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Deines Mays zurüke sehn.
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Die mit heißem Liebesgeize
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Deinem Kuß entgegen flohn,
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Zischen dem erloschnen Reize,
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Lachen deinem Winter Hohn.
 
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Schönheit hat Dein Herz verdorben,
42 
Dein Gesichtgen! – schäme dich.
43 
Morgen ist sein Glanz erstorben,
44 
Seine Rose blättert sich –
45 
Ha! wie will ich dann dich höhnen!
46 
Höhnen? Gott bewahre mich!
47 
Weinen will ich bittre Thränen,
48 
Weinen Minna über dich.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27 KB)

Details zum Gedicht „An Minna“

Anzahl Strophen
7
Anzahl Verse
48
Anzahl Wörter
230
Entstehungsjahr
1782
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An Minna“ wurde von Friedrich Schiller, einem der bedeutendsten Vertreter der Weimarer Klassik, verfasst. Schiller lebte von 1759 bis 1805, was das Gedicht zeitlich in das 18. Jahrhundert einordnet.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht emotional beladen und bitter, voller Enttäuschung und Zorn auf eine geliebte Person, die das lyrische Ich verraten hat.

Der Inhalt des Gedichts zeigt Schillers Entsetzen und Traurigkeit über die Wandlung der Minna, die nicht mehr die ist, die sie einmal war. Die Minna, die das lyrische Ich kannte, war eine Frau von unvergleichlicher Schönheit und Anmut, doch das Gedicht deutet darauf hin, dass sie sich verändert und dem lyrischen Ich den Rücken gekehrt hat. Das lyrische Ich fühlt sich von Minna verraten, es ist enttäuscht und bitter. Es verachtet sie für ihre Schönheit, für das, was sie seiner Meinung nach verborgen und verdorben hat. Ihre Schönheit hat ihre Herzlichkeit und Aufrichtigkeit überschattet.

Im Hinblick auf die Form des Gedichts besteht es aus sieben Strophen mit wenig konsistenter Versanzahl. Das Gedicht hat keine Reimstruktur, was ein Gefühl der Unberechenbarkeit und Uneinheit vermitteln könnte, analog zu den Gefühlen, die das lyrische Ich gegenüber Minna hegt.

Die Sprache des Gedichts zeichnet sich durch eine klar artikulierte, direkte und dennoch emotional aufgeladene Sprache aus. Schiller nutzt bildreiche Metaphern, um die Gefühle des lyrischen Ichs auszudrücken. Insbesondere die Anwendung der Blumenmetaphorik, die das Vergängliche der Schönheit symbolisiert, ist besonders prägend. Das Gedicht ist zudem durch emotionale Wucht und bitterer Ironie gekennzeichnet, was die tiefe Enttäuschung und Bitterkeit des lyrischen Ichs reflektiert.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „An Minna“ ist Friedrich Schiller. Der Autor Friedrich Schiller wurde 1759 in Marbach am Neckar, Württemberg geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1782 zurück. Der Erscheinungsort ist Stuttgart. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Schiller ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von 1765 bis 1790 und wird häufig auch Geniezeit oder zeitgenössische Genieperiode genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Der Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. Die Autoren versuchten in den Dichtungen eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Nachahmung und Idealisierung von Autoren aus vergangenen Epochen wie dem Barock wurde abgelehnt. Die alten Werke wurden dennoch geschätzt und dienten als Inspiration. Es wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik ist eine Epoche der Literatur, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Goethes Italienreise im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Epoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Das Zentrum dieser Literaturepoche lag in Weimar. Es sind sowohl die Bezeichnungen Klassik als auch Weimarer Klassik gebräuchlich. Der Begriff Humanität ist prägend für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Harmonie, Selbstbestimmung, Toleranz, Menschlichkeit und die Schönheit. In der Gestaltung wurde das Gesetzmäßige, Wesentliche, Gültige sowie die Harmonie und der Ausgleich gesucht. Im Gegensatz zum Sturm und Drang, wo die Sprache oft roh und derb ist, bleibt die Sprache in der Klassik den sich selbst gesetzten Regeln treu. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Goethe und Schiller.

Das Gedicht besteht aus 48 Versen mit insgesamt 7 Strophen und umfasst dabei 230 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Friedrich Schiller sind „Aktäon“, „An den Frühling“ und „An die Gesetzgeber“. Zum Autor des Gedichtes „An Minna“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 220 Gedichte vor.

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