Die Hamiltons von Theodor Fontane
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Die Hamiltons |
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oder |
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Die Locke der Maria Stuart |
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Lord William kam zu sterben, |
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Lord William Hamilton; |
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Er spricht zu seinem Sohne: |
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»Nun höre mich an, Sir John! |
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Ich lasse dir Land und Leute, |
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Unsren Namen und unsren Ruhm, |
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Und ich lasse dir, mehr als alles, |
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Dieser Locke Heiligtum. |
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Ich sah die Locke fallen, |
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Ich hörte der Schere Schnitt |
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Und als Maria gebetet, |
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Da betete leis ich mit. |
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Da hab' ich still geschworen: |
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Zu tragen in Leid und Lust, |
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Zu tragen in Jubel und Tränen |
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Diese Locke auf der Brust. |
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Ich hab' sie in Tränen getragen |
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Und lass' erst im Tode davon |
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Für die Stuarts zu leben und sterben, |
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Das schwör' auch du, Sir John.« |
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Lord William hat es gesprochen, |
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Sir John hat's treu gemeint: |
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Erst barg er still die Locke, |
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Dann hat er still geweint. |
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Er trug sie zwanzig Jahre, |
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Und als sein Stündlein kam, |
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Er mit des Vaters Worten |
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Die Locke vom Herzen nahm. |
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Er gab sie seinem Sohne, |
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Und der Sohn dem Enkel dann, |
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Ihr Erbteil war die Treue |
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Und der Locke Talisman. |
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Und als auf blinkendem Zelter |
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König James gen London zog, |
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Und als auf schwarzem Schafotte |
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Karls Haupt vom Rumpfe flog, |
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Und als an der Boyne wieder |
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»Stuart« das Feldgeschrei, |
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In Lust und Leid, die Locke |
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Und die Hamiltons waren dabei. |
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Und waren dabei zuletzt auch, |
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Als auf Cullodens Plan |
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Ihre Augen das Distelbanner |
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Noch einmal flattern sahn. |
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's war wieder ein Lord William |
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Und wieder ein Sir John, |
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Ein Alter und ein Junger, |
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Doch jeder ein Hamilton. |
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Der Junge focht zu Fuße, |
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Der Alte focht zu Roß, |
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Bis eine englische Kugel |
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Ihn aus dem Sattel schoß. |
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Hin reicht' er seinem Sohne |
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Die Locke, rot von Blut, |
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Er hatte nicht Zeit zu sprechen, |
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Er sprach nur: »Wahre sie gut!« |
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Er wahrte sie gut, der Junge, |
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Manchen Mond und manches Jahr, |
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Der Junge ward ein Alter |
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Das Herz blieb, wie es war. |
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Und als in letzten Tagen |
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Ihm Kunde kam ins Haus: |
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»Sie trugen im fernen Süden |
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Den letzten Stuart hinaus«, |
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Da sprach er, als er sterbend |
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Seinem Sohne die Locke gab: |
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»Die Stuarts sind gestorben, |
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Doch die Treue kennt kein Grab.« |
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Und siehe, die Hamiltons wahren |
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Bis heut ihren alten Ruhm, |
74 |
Doch eines mehr als alles: |
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Der Locke Heiligtum. |
Details zum Gedicht „Die Hamiltons“
Theodor Fontane
19
75
373
1819 - 1898
Realismus
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Die Hamiltons“ stammt von Theodor Fontane, einem der bedeutendsten deutschen Vertreter des literarischen Realismus, der zwischen 1819 und 1898 lebte. Zeitlich kann das Werk also in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts eingeordnet werden.
Auf den ersten Blick erweckt das Gedicht den Eindruck einer epischen Geschichte von Treue und Hingabe, konkret der Treue und Hingabe der Hamiltons zur Familie der Stuarts. Die Hamiltons, repräsentiert durch mehrere Generationen, bleiben ihrer Loyalität zur Stuart-Familie treu, egal was passiert, und symbolisieren dies durch eine Locke von Maria Stuart, die sie vererben.
Inhaltlich erzählt das Gedicht eine Familiengeschichte der Hamiltons, die über Generationen hinweg stattfindet. Sie sind loyale Unterstützer der Stuarts, eine historische königliche Familie in Schottland. Ein sterbender Lord William Hamilton vererbt die Locke von Maria Stuart an seinen Sohn und bitte ihn, für die Stuarts zu leben und zu sterben. Diese Locke wird zum Symbol ihrer Treue und wird von Generation zu Generation weitergegeben. Der Text endet mit dem Tod des letzten Stuart, aber die Treue der Hamiltons hört nicht auf.
Die Form und Sprache des Gedichts sind relativ einfach gehalten, in einer Art Volkston, was die Zugänglichkeit für den Leser erhöht. Die Strophen bestehen aus vier Versen, was eine übersichtliche Gliederung ermöglicht und eine Art erzählerische Bewegung im Gedicht erzeugt. Trotz seiner Länge hat der Text einen klaren Fluss und überzeugt durch seinen rhythmischen Aufbau. Der Wortschatz ist eindeutig und leicht verständlich, obwohl die Geschichte über einen langen Zeitraum hinweg erzählt wird. Die klare und einfache Sprache unterstreicht das Hauptthema des Gedichts: die unerschütterliche Treue der Hamiltons zu den Stuarts.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Die Hamiltons“ ein Gedicht ist, das das Thema Treue und Loyalität auf eindrucksvolle Weise behandelt. Durch seine einfache Form und verständliche Sprache erreicht es eine breite Leserschaft und regt zum Nachdenken über Werte wie Treue und Loyalität an.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Die Hamiltons“ ist Theodor Fontane. 1819 wurde Fontane in Neuruppin geboren. Im Zeitraum zwischen 1835 und 1898 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Realismus zuordnen. Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 373 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 75 Versen mit insgesamt 19 Strophen. Theodor Fontane ist auch der Autor für Gedichte wie „Aber es bleibt auf dem alten Fleck“, „Afrikareisender“ und „Alles still!“. Zum Autor des Gedichtes „Die Hamiltons“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.
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