Goodwin Sand von Theodor Fontane

1	Das sind die Bänke von Goodwin-Sand,
2	Sie sind nicht Meer, sie sind nicht Land,
3	Sie schieben sich, langsam, satt und schwer,
4	Wie eine Schlange hin und her.
5	Und die Schiffe, die mit dem Sturm gerungen
6	Und die schäumende Wuth der Wellen bezwungen,
7	Und die gefahren über die Welt,
8	Unzertrümmert, unzerschellt,
9	Sie sehen die Heimath, sie sehen das Ziel,
10	Da schiebt sich die Schlange unter den Kiel
11	Und ringelt Schiff und Mannschaft hinab,
12	Zugleich ihr Tod, zugleich ihr Grab.
13	Die See ist still, die Ebb’ ist nah,
14	Mastspitzen ragen hier und da,
15	Und wo sie ragen in die Luft,
16	Da sind es Kreuze über der Gruft;
17	Ein Kirchhof ist’s, halb Meer halb Land, –
18	Das sind die Bänke von Goodwin-Sand.

Details zum Gedicht „Goodwin Sand“

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Goodwin Sand“ stammt von Theodor Fontane, der von 1819 bis 1898 lebte. Ausgehend von seinem Lebenszeitraum lässt sich das Gedicht zeitlich in die Epoche des Realismus einordnen.

Auf den ersten Blick fällt die düstere und kapriziöse Stimmung des Gedichts auf. Es bezieht sich auf den Goodwin Sand, einen gefährlichen Sandbank-Unterwasserabschnitt im Ärmelkanal, der als Schiffsfriedhof bekannt ist.

Thematisch behandelt das Gedicht das Schicksal von Schiffen und ihren Mannschaften, die sich den Gefahren des Meeres auf dem Weg nach Hause stellen müssen, nur um kurz vor Erreichen des Ziels von der „Schlange“, den gefürchteten Sandbänken von Goodwin, in die Tiefe gezogen zu werden. Bereits in der ersten Strophe wird diese Schlange als etwas vorgestellt, was weder Meer noch Land ist und sich satt und schwer hin und her bewegt. In der zweiten Strophe vollzieht sich dann das Unglück: Die Schiffe gleiten ahnungslos über die tödliche „Schlange“, die sie schließlich in ihren Tod zieht. Die dritte und letzte Strophe bietet ein klares Bild der Nachwirkungen: Eine stille See mit erschreckenden Überresten des Unglücks, mit Mastspitzen, die wie Kreuze aus dem Meer ragen, und der Goodwin-Sand wird zu einem scheußlichen Friedhof auf See.

Die Form des Gedichtes zeichnet sich durch das Wechseln der Strophenlänge von vier, acht und sechs Versen aus, was eine gewisse Asymmetrie und Unberechenbarkeit in das Gedicht bringt. Die Verszeilen bestehen großteils aus fünfhebigen Jamben.

Sprachlich verwendet Fontane eine bildhafte Sprache, die von eindringlichen Metaphern und Vergleichen geprägt ist, um die dramatische und tragische Situation zu unterstreichen. Insbesondere das wiederkehrende Bild der Schlange ist überaus effektiv in der Darstellung der unberechenbaren und tödlichen Natur des Goodwin Sand. Dieser wird zu einem fast monsterähnlichen Wesen, das sich mit Geduld auf sein nächstes Opfer wartet. Hetaphern wie „Die See ist still, die Ebb’ ist nah“, „Da sind es Kreuze über der Gruft“ unterstreichen die trostlose Atmosphäre.

Zusammengefasst ist „Goodwin Sand“ ein beklemmendes und eindringliches Gedicht, das die Schönheit und die Gefahren des Meeres in einer düsteren, fast macabren Darstellung einfängt. Es reflektiert auf poetische Weise die gnadenlose Macht der Natur und das tragische Schicksal derer, die sich ihr ausliefern.

Weitere Informationen

Theodor Fontane ist der Autor des Gedichtes „Goodwin Sand“. Fontane wurde im Jahr 1819 in Neuruppin geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1847 zurück. In Stuttgart und Berlin ist der Text erschienen. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Realismus zu. Fontane ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 119 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 18 Versen. Der Dichter Theodor Fontane ist auch der Autor für Gedichte wie „Afrikareisender“, „Alles still!“ und „Am Jahrestag“. Zum Autor des Gedichtes „Goodwin Sand“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 214 Gedichte vor.

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