Geisterhafte Zeichnung von Charles Baudelaire

1	Der seltsame spuk hat zum einzigen kleidungsstücke
2	Verzerrt und lachhaft auf seine knochenperrücke
3	Ein schrecklich band das an fasching erinnert gesezt.
4	Ein ross wird von ihm ohne sporen und peitsche gehezt ·
5	Ein gaul gleich einem gespenst aus den höllen-tiefen
6	Dem wie einem fallsuchtkranken die nüstern triefen.
7	Quer durch den weltraum führet die beiden ihr ritt.
8	Sie stampfen die endlosigkeit mit verwegenem tritt.
9	Der reiter schwingt in der luft einen säbel der schimmert ·
10	Die menge die namlose unter den hufen wimmert.
11	Er eilt wie ein fürst der seine paläste besieht
12	Durchs unermessliche weite totengebiet.
13	Dort liegen in weissem und bleichem sonnenlichte
14	Die völker der alten und der neuen geschichte.

Details zum Gedicht „Geisterhafte Zeichnung“

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Geisterhafte Zeichnung“ wurde von Charles Baudelaire geschrieben, der von 1821 bis 1867 lebte. Das ist eine Epoche, die in die literarische Strömung des französischen Symbolismus einzuordnen ist.

Auf den ersten Blick scheint das Gedicht die düster-makabre Darstellung eines gespenstischen Ritters zu sein, der durch eine endlose, totenhafte Landschaft reitet.

In einfachen Worten beschreibt das lyrische Ich eine unheimliche, teils groteske Szene: Ein gespenstischer Reiter, dessen Kleidung an Fasching erinnert, hetzt ein Pferd an, das selbst wie ein Gespenst wirkt. Die beiden reisen durch den endlosen Weltraum, der Reiter schwingt einen glänzenden Säbel und unter ihren Hufen wimmert eine namenlose Menge. Er hat die Aura eines Fürsten, der seine Paläste bereist, doch sein Reich ist ein unermesslich weites Land der Toten, in dem die Völker der alten und neuen Geschichte liegen.

Es scheint, als würde das lyrische Ich den Tod und die Endlichkeit des menschlichen Lebens thematisieren. Der Reiter könnte eine Metapher für den Tod selbst oder eine personifizierte Darstellung einer erfahrbaren Todesangst sein. Er herrscht über alle Menschen - die Völker der alten und neuen Geschichte - was die universelle und unvermeidliche Natur des Todes betont.

Formal besteht das Gedicht aus 14 trochäischen Versen, die ein einheitliches, düsteres Bild erzeugen. Die Wortwahl und der Satzbau sind typisch für Baudelaires Schreibstil, der stark vom Symbolismus beeinflusst ist und oft dunkle, morbide Themen und Bilder verwendet. Die Sprache ist bildhaft und teils grotesk, was die unheimliche Atmosphäre des Gedichts verstärkt.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Baudelaire in „Geisterhafte Zeichnung“ auf morbiden, bildhaften Weise die allgegenwärtige Realität des Todes thematisiert und so die menschliche Angst vor dem unvermeidlichen Ende beleuchtet.

Weitere Informationen

Charles Baudelaire ist der Autor des Gedichtes „Geisterhafte Zeichnung“. 1821 wurde Baudelaire in Paris geboren. Zwischen den Jahren 1837 und 1867 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Biedermeier, Junges Deutschland & Vormärz oder Realismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 108 Worte. Die Gedichte „An Theodor von Banville“, „Anheimfall“ und „Anziehender Schauder“ sind weitere Werke des Autors Charles Baudelaire. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Geisterhafte Zeichnung“ weitere 101 Gedichte vor.

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