Das Schloß Boncourt von Adelbert von Chamisso

Ich träum als Kind mich zurücke,
Und schüttle mein greises Haupt;
Wie sucht ihr mich heim, ihr Bilder,
Die lang ich vergessen geglaubt?
 
Hoch ragt aus schatt'gen Gehegen
Ein schimmerndes Schloß hervor,
Ich kenne die Türme, die Zinnen,
Die steinerne Brücke, das Tor.
 
Es schauen vom Wappenschilde
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Die Löwen so traulich mich an,
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Ich grüße die alten Bekannten,
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Und eile den Burghof hinan.
 
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Dort liegt die Sphinx am Brunnen,
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Dort grünt der Feigenbaum,
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Dort, hinter diesen Fenstern,
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Verträumt ich den ersten Traum.
 
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Ich tret in die Burgkapelle
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Und suche des Ahnherrn Grab,
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Dort ist's, dort hängt vom Pfeiler
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Das alte Gewaffen herab.
 
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Noch lesen umflort die Augen
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Die Züge der Inschrift nicht,
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Wie hell durch die bunten Scheiben
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Das Licht darüber auch bricht.
 
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So stehst du, o Schloß meiner Väter,
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Mir treu und fest in dem Sinn,
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Und bist von der Erde verschwunden,
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Der Pflug geht über dich hin.
 
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Sei fruchtbar, o teurer Boden,
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Ich segne dich mild und gerührt,
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Und segn' ihn zwiefach, wer immer
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Den Pflug nun über dich führt.
 
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Ich aber will auf mich raffen,
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Mein Saitenspiel in der Hand,
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Die Weiten der Erde durchschweifen,
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Und singen von Land zu Land.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.5 KB)

Details zum Gedicht „Das Schloß Boncourt“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
194
Entstehungsjahr
1781 - 1838
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Das Schloß Boncourt“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Adelbert von Chamisso. Der Autor Adelbert von Chamisso wurde 1781 geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1797 und 1838. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Bei Chamisso handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.

Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Musik und Philosophie spürbar. Die Literaturepoche wird in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) unterschieden. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für viele weitere Motive dieser Epoche: Tod, Vergänglichkeit und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 194 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Adelbert von Chamisso ist auch der Autor für Gedichte wie „Der Soldat“, „Die Mutter und das Kind“ und „Das Mädchen“. Zum Autor des Gedichtes „Das Schloß Boncourt“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 146 Gedichte vor.

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