Guatimozin von Johann Gottfried Herder

Guatimozin und sein Liebling,
Er der Mexicaner Kaiser,
Dieser seine treue Seele,
Lagen jetzt auf glühnden Kohlen,
Daß sie ihren weißen Teufeln
Noch mehr Schätze, als sie wußten,
Zeigen sollten. Guatimozin
Schwieg; da wendete sein Liebling
Sein Gesicht voll Qualen zu ihm,
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Seufzend. »Freund,« erwiderte der Kaiser,
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»Ist mein Bette denn von Rosen?«
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Also starben Beide schweigend.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Guatimozin“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
57
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Guatimozin“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem der bedeutendsten Persönlichkeiten der deutschen Aufklärung und Dichtung. Herder lebte von 1744 bis 1803 und war ein Wegbereiter der Weimarer Klassik, sodass sein Gedicht zeitlich in das 18. Jahrhundert eingeordnet werden kann.

Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht düster und dramatisch. Es erzählt die Geschichte des letzten mexikanischen Kaiser Guatimozin und seines Lieblings, die beide auf glühenden Kohlen liegen. Sie sollen den weißen Teufeln - vermutlich eine Anspielung auf die spanischen Konquistadoren - noch mehr Schätze zeigen. Doch sie beide schweigen bis zuletzt und sterben.

Die Aussage des lyrischen Ichs scheint eine Kritik an der brutalen Vorgehensweise der europäischen Kolonisatoren zu sein und zeigt gleichzeitig die Würde und den Stolz der Eroberten auf, die sich trotz ihrer schmerzvollen Situation weigern, ihren Unterdrückern mehr von ihren Schätzen zu zeigen.

Formal besteht das Gedicht aus einer einzigen zwölfzeiligen Strophe. Die Sprache ist einfach und auf das Wesentliche reduziert, die dramatische Szene wird ohne Ausschmückungen präsentiert. Besonders herausstechend ist der Schluss des Gedichts, der die stille Heldenhaftigkeit von Guatimozin und seinem Liebling unterstreicht. Sie leiden schweigend und sterben schweigend, ohne ihren Peinigern die verlangten Schätze preiszugeben. Auch die Worte Guatimozins („Ist mein Bette denn von Rosen?“) unterstreichen seine Unbeugsamkeit und seinen Mut.

Kurzum: Herders „Guatimozin“ ist ein kraftvoller Kommentar zur Kolonialisierungsgeschichte, der durch seine schlichte Form und seine klare, unverzierte Sprache die Grausamkeiten der Eroberer und den heroischen Widerstand der Eroberten eindrucksvoll hervorhebt.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Guatimozin“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Gottfried Herder. Der Autor Johann Gottfried Herder wurde 1744 in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. In der Zeit von 1760 bis 1803 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Der Schriftsteller Herder ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird die Epoche des Sturm und Drang auch als Genieperiode oder Geniezeit bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. Die wesentlichen Merkmale des Sturm und Drang lassen sich als ein Rebellieren oder Auflehnen gegen die Aufklärung zusammenfassen. Das literarische und philosophische Leben in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und die Literatur sollten dadurch maßgeblich beeinflusst werden. Die Schriftsteller der Epoche des Sturm und Drangs waren häufig unter 30 Jahre alt. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde insbesondere darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die traditionellen Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Goethe, Schiller und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Richtungsweisend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Goethes. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum dieser Literaturepoche angesehen. Die Klassik orientiert sich an traditionellen Vorbildern aus der Antike. Sie strebt nach Harmonie ganz im Gegensatz zur Epoche der Aufklärung und des Sturm und Drangs. In der Lyrik haben die Dichter auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. Beispielsweise war so die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders geschätzt. Darüber hinaus verwendeten die Dichter jener Zeit eine gehobene, pathetische Sprache. Die wichtigen Schriftsteller der Klassik sind Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe. Weitere bekannte Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden zuletzt genannten arbeiteten aber jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Goethe und Schiller.

Das 57 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „An den Schlaf“, „An die Freundschaft“ und „Apollo“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Guatimozin“ weitere 413 Gedichte vor.

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