Der Habicht schoß im schönsten Schall von Johann Gottfried Herder

Der Habicht schoß im schönsten Schall
Der kleinen Nachtigall
Hinab und biß sie todt.
»Du schlechter Freund der Virtuosen!«
Sprach König Aar. Der aber ward nicht roth:
»Was? liebzukosen
In Hungersnoth?«
 
Was werden alle Musen neun
Und Gott Apollo höchstmit sein,
10 
Wenn unsre Kinder Hungers schrein
11 
Und unsre Länder darben
12 
Und unsre Prasser starben?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Der Habicht schoß im schönsten Schall“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
54
Entstehungsjahr
1744 - 1803
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Habicht schoß im schönsten Schall“ stammt von Johann Gottfried Herder, einem deutschen Dichter der späten Aufklärung und dem beginnenden Sturm und Drang. Herder lebte von 1744 bis 1803.

Das Gedicht erzeugt auf den ersten Blick eine eher düstere Stimmung, geprägt durch die Handlungen des Habichts und der daraus resultierenden Konsequenzen.

In der ersten Strophe greift ein Habicht eine kleine Nachtigall an und tötet sie. Der König Aar (ein anderer Raubvogel) kritisiert den Habicht für sein Verhalten, was dieser jedoch mit dem Argument entkräftet, in der Not müsse man sich auch von liebgewonnenem lösen. Die zweite Strophe thematisiert die Konsequenzen des Hungerns und schlägt eine eher zynische Note an. Selbst die Musen und Gott Apollo können nichts tun, wenn die Kinder hungern und die Länder leiden.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht scheint die Rolle eines Beobachters einzunehmen und gibt seine Nöte und Bedenken wieder. Mit dem Habicht und dem König Aar werden Tiere personifiziert, mit menschlichen Eigenschaften dargestellt und für komplexe soziale und ethische Fragen genutzt.

In Bezug auf die Form ist das Gedicht in zwei Strophen mit 7 und 5 Versen unterteilt. Es gibt kein durchgängiges Reimschema, was ein Gefühl von Unordnung und Chaos erzeugt, das gut zu dem Inhalt des Gedichts passt. Die Sprache des Gedichts ist relativ einfach und verständlich, aber dennoch wirkungsvoll eingesetzt.

Die Aussage des lyrischen Ichs könnte dahingehend interpretiert werden, dass es in Zeiten von Not und Elend schwierig ist, an kulturelle und ästhetische Werte festzuhalten. Gleichzeitig wirft das Gedicht Fragen nach der Verantwortung und den moralischen Verpflichtungen auf, die sich aus einer solchen Situation ergeben können. Es stellt eine Verbindung zwischen der physischen Welt der Notwendigkeiten und der spirituellen Welt der Werte und Ziele her und fordert den Leser heraus, diese Verbindung zu untersuchen und zu hinterfragen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Der Habicht schoß im schönsten Schall“ ist Johann Gottfried Herder. 1744 wurde Herder in Mohrungen (Ostpreußen) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1760 bis 1803 entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Herder handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Sturm und Drang ist die Bezeichnung für die Literaturepoche in den Jahren von 1765 bis 1790 und wird häufig auch zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit genannt. Diese Bezeichnung entstand durch die Verherrlichung des Genies als Urbild des höheren Menschen und Künstlers. Die Epoche des Sturm und Drang knüpft an die Empfindsamkeit an und geht später in die Klassik über. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Rebellieren gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Die Schriftsteller des Sturm und Drang waren zumeist junge Autoren, häufig unter 30 Jahre alt. Die Schriftsteller versuchten in den Gedichten eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden dennoch geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Richtungsweisend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Literaturepoche endete im Jahr 1832 mit dem Tod Johann Wolfgang von Goethes. Das Zentrum der Literatur der Weimarer Klassik lag in Weimar. Häufig wird die Epoche auch nur als Klassik bezeichnet. Statt auf Konfrontation und Widerspruch wie noch in der Aufklärung oder im Sturm und Drang strebte die Klassik nach Harmonie. Die wichtigsten Werte sind Menschlichkeit und Toleranz. Die Klassik orientierte sich an klassischen Vorbildern aus der Antike. Ziel der Literaturepoche der Klassik war es die ästhetische Erziehung des Menschen zu einer „charakterschönen“ Persönlichkeit zu forcieren. In der Weimarer Klassik wird eine geordnete, einheitliche Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind oftmals in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf formale Ordnung und Stabilität. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die populärsten Schriftsteller der Klassik sind Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller. Andere Schriftsteller der Klassik sind Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried Herder. Die beiden letztgenannten arbeiteten jeweils für sich. Einen konstruktiven Austausch im Sinne eines gemeinsamen Arbeitsverhältnisses gab es nur zwischen Friedrich Schiller und Johann Wolfgang von Goethe.

Das vorliegende Gedicht umfasst 54 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 12 Versen. Weitere Werke des Dichters Johann Gottfried Herder sind „Das Kind der Sorge“, „Das Orakel“ und „Das Ross aus dem Berge“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Habicht schoß im schönsten Schall“ weitere 413 Gedichte vor.

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