Afrikanisches Duell von Joachim Ringelnatz

Wenn dich der Paul oder jemand, den du kennst,
Schwein schimpft, oder wenn du ihn Rindsvieh nennst,
Dann habt ihr euch beleidigt.
Dann müßt ihr afrikanisches Duell machen.
Ich bin der Schiedsrichter, der bei Ehrenwort euch vereidigt.
Niemand darf auch nur mit der Wimper lachen.
Jeder schweigt. Und ihr stellt euch dabei
Gegenüber. Mit sechs Handbreit Abstand. Und dann
Zähle ich langsam bis drei.
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Darauf spuckt jeder dem anderen ins Gesicht
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Möglichst so lange, bis der nicht mehr sehen kann.
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Mich anspucken gilt aber nicht.
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— — — —
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Wer zuerst sagt, er habe genug abgekriegt,
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Der ist besiegt,
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Und muß sich von mir eine runterhauen lassen
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Ohne sich wehren oder mich anfassen.
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Darauf dürft ihr euch nicht mehr hassen,
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Sondern müßt euch bezähmen
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Wie Männer von Ehre und Stand.
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Jeder reicht dem andern die Hand.
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Weil die Helden in Afrika sich wegen Spucke nicht schämen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Afrikanisches Duell“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
22
Anzahl Wörter
142
Entstehungsjahr
1924
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des vorgestellten Gedichts ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Dieses Gedicht kann somit zeitlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden, einer Zeit, die von großen gesellschaftlichen Veränderungen und historischen Ereignissen geprägt war.

Schon auf den ersten Blick wirkt das Gedicht humorvoll und spielerisch, wenn auch mit einer scharfen Spitze. Es beschreibt eine absurde Methode - ein so genanntes „afrikanisches Duell“ - zur Lösung von Beleidigungen und Streitigkeiten zwischen zwei Individuen.

In einfacheren Worten handelt das Gedicht davon, dass sobald sich zwei Personen beleidigen, sie ein „afrikanisches Duell“ austragen sollen, mit Ringelnatz als Schiedsrichter. Dieses Duell beinhaltet, dass die Kontrahenten sich gegenseitig anspucken, bis einer aufgibt. Der Verlierer muss dann von Ringelnatz geschlagen werden. Anschließend sollten die beiden sich nicht mehr streiten und so handeln, wie es Männer von Ehre und Stand tun würden. Sie sollten sich zähmen und wieder die Hand reichen.

Das lyrische Ich thematisiert in dieses humorvollen und zugleich kritischen Stück die Tendenz zur Eskalation in Konflikten und die oft unzureichenden Versuche, diese zu lösen. Es zeigt eine eigenwillige, spielerisch groteske Methode auf, die das Absurde der Streitereien unterstreicht und die Beteiligten dazu zwingt, ihren Streit zu beenden und wieder Frieden zu schließen.

Formal ist das Gedicht in dreiundzwanzig freie Verse ohne Reim angelegt. Die Sprache ist dabei salopp und alltagstauglich und die Sätze sind meist kurz gehalten, was der Dynamik des Inhalts und der humoristischen Note des Textes entgegenkommt. Trotz der scheinbar albernen und komischen Situation enthält das Gedicht eine ernste Botschaft - die Aufforderung an die Menschen, ihre Streitereien zu beenden und einander zu verzeihen. Unter diesem Gesichtspunkt könnte das „afrikanische Duell“ als symbolischer Akt der Versöhnung gesehen werden.

Abschließend könnte man sagen, dass Ringelnatz mit „Afrikanisches Duell“ ein Gedicht geschaffen hat, dass auf humorvolle Weise die Absurdität von Streitereien darstellt und auf clevere Art und Weise zur Versöhnung aufruft. Es spricht ein universelles Thema auf eine ungewöhnliche und zugleich unterhaltsame Weise an.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Afrikanisches Duell“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1924. Der Erscheinungsort ist Potsdam. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 22 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 142 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abschied von Renée“, „Abschiedsworte an Pellka“ und „Alone“. Zum Autor des Gedichtes „Afrikanisches Duell“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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