Das Lied des Idioten von Rainer Maria Rilke

Sie hindern mich nicht. Sie lassen mich gehn.
Sie sagen es könne nichts geschehn.
Wie gut.
Es kann nichts geschehn. Alles kommt und kreist
immerfort um den heiligen Geist,
um den gewissen Geist (du weißt) –,
wie gut.
 
Nein man muß wirklich nicht meinen es sei
irgend eine Gefahr dabei.
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Da ist freilich das Blut.
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Das Blut ist das Schwerste. Das Blut ist schwer.
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Manchmal glaub ich, ich kann nicht mehr –.
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(Wie gut.)
 
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Ah was ist das für ein schöner Ball;
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roth und rund wie ein Überall.
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Gut, daß ihr ihn erschuft.
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Ob der wohl kommt wenn man ruft?
 
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Wie sich das alles seltsam benimmt,
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ineinandertreibt, auseinanderschwimmt:
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freundlich, ein wenig unbestimmt.
21 
Wie gut.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.5 KB)

Details zum Gedicht „Das Lied des Idioten“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
112
Entstehungsjahr
1906
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Das Lied des Idioten“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Rilke zählt zu den bedeutendsten Lyrikern der literarischen Moderne.

Beim ersten Lesen des Gedichts wird der Leser durch die wiederholte Verwendung des Ausdrucks „Wie gut“ in einem ironischen, fast zynischen Tonfall berührt, der eine Art Resignation und vielleicht auch Verwirrung suggeriert. Eine solche Interpretation könnte durch die Titelwahl (-Das Lied des „Idioten„-) bestärkt werden.

In einfachen Worten lässt sich der Inhalt des Gedichts folgendermaßen zusammenfassen: Das lyrische Ich scheint von seiner Umgebung entfremdet zu sein und fühlt sich von den Menschen in seiner Umgebung unverstanden. Es spricht von einem heiligen oder gewissen Geist, um den alles kreist - vielleicht eine Anspielung auf die Suche nach einem tieferen Sinn oder einer spirituellen Verbindung, die ihm in seiner isolierten Existenz fehlt. Dann äußert es sich über das Blut, das am schwersten ist und zu schwer zu ertragen scheint - möglicherweise ein Hinweis auf körperliche Leiden oder dergleichen - und endet mit der paradoxen Aussage, wie gut das doch sei.

In Bezug auf Form und Sprache des Gedichts ist zu erläutern, dass es sich um ein freies Versgedicht handelt, das in vier Strophen mit unterschiedlicher Anzahl von Versen unterteilt ist - sieben, sechs und zweimal vier - und keine festgelegte Reimstruktur hat. Rilke verwendet eine einfache, gesprächige Sprache, die auf den ersten Blick naiv scheinen mag, aber wenn man genauer hinsieht, enthält sie subtile Andeutungen von Ironie und Sarkasmus. Der Ausdruck „Wie gut“ am Ende jeder Strophe fungiert als eine Art Refrain und verstärkt die Eindrücke von Niederlage und Fatalismus, die das Gedicht zu durchziehen scheinen.

Insgesamt ist dieses Gedicht ein eindrucksvolles Beispiel für Rilkes Beherrschung der lyrischen Form und den Ausdruck von Gefühlen der Verzweiflung, des Fatalismus und der Entfremdung in einer Art und Weise, die den Leser gleichzeitig berührt und herausfordert.

Weitere Informationen

Rainer Maria Rilke ist der Autor des Gedichtes „Das Lied des Idioten“. Im Jahr 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1906. In Berlin / Leipzig, Stuttgart ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das 112 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 21 Versen mit insgesamt 4 Strophen. Die Gedichte „Abend“, „Abend“ und „Abend in Skaane“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Das Lied des Idioten“ weitere 338 Gedichte vor.

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