Rilke, Rainer Maria - Der Panther (Gedichtinterpretation)

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Rainer Maria Rilke, Analyse, Interpretation, Im Jardin des Plantes Paris, Referat, Hausaufgabe, Rilke, Rainer Maria - Der Panther (Gedichtinterpretation)
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Referat

Rainer Maria Rilke: Der Panther

Im Jardin des Plantes Paris

Der Panther
von Rainer Maria Rilke

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, daß er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
 
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
 
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
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sich lautlos auf –. Dann geht ein Bild hinein,
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geht durch der Glieder angespannte Stille –
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und hört im Herzen auf zu sein.

(„Der Panther“ von Rainer Maria Rilke ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (23.9 KB) zur Unterstützung an.)

Interpretation:

In dem Gedicht „Der Panther“, das zur Gedankenlyrik gehört, geht es um die Gefangenschaft und die daraus entstehende Einsamkeit. Der Gestus des Gedichtes ist langsam, traurig und hoffnungslos. Es wird von einem Panther erzählt, der allein in einem Käfig eingesperrt ist und vor den Gitterstäben auf und ab geht. Er macht einen trostlosen Eindruck und das lyrische Ich bedauert ihn, weil es um die fehlenden Freiräume, die der Panther braucht, weiß.

Das Gedicht enthält viele sprachliche Bilder mit hintergründigen Bedeutungen. „Der Panther“ in der Überschrift wird mit einer wilden, kraftvollen, gefährlichen aber auch mit einer anmutigen Wildkatze verbunden. Mit dem Wort „Stäbe“ im Gitter des Käfigs wird die Begrenzung und Einengung des Tieres dargestellt. Sie symbolisieren die Gefangenschaft. Abgestumpft und träge wird der Panther mit „sein Blick ist… müd geworden“ (Z. 1, 2) beschrieben. Er hat es satt dort zu leben und hält es für zwecklos sich noch zu bewegen. Die Erweiterung „… daß er [der Blick] nichts mehr hält“ zeigt, dass der Blick in die Leere gerichtet ist und der Panther nichts mehr sehen kann oder will. Er ist es leid eingesperrt zu sein und kennt seinen Käfig auswendig. Er braucht nichts mehr zu sehen.

In der darauffolgenden Zeile „Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe“(Z. 3) kann man erkennen, dass er nur Stäbe kennt und lange nichts anderes mehr gesehen hat. Es gibt durch diese Stäbe keinen Ausweg hinaus. Vielleicht möchte er jedoch gar nicht nach draußen „und hinter Stäben keine Welt“ (Z. 4) da es in der Welt nicht anders aussieht und er dort genauso gefangen wäre.

Diese klimaktische Steigerung von „Stäbe“ zu „tausend Stäbe“ und „hinter tausend Stäben keine Welt“ dient zur Verstärkung des ausweglosen Gefangenseins. Danach werden die positiven Eigenschaften des Panthers erwähnt „Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte“ (Z. 5) sie beschreiben, dass so ein schönes, anmutiges Tier seine Lebenskraft in einem Käfig vergeudet und sie dort nicht nutzen kann.

Hier liegen außerdem Alliterationen vor, die den Rhythmus stimulieren. Die Hyperbel „der sich im allerkleinsten Kreise dreht“ (Z. 6) erläutert erneut, dass der Käfig viel zu klein ist und dass sich das Raubtier nur in winzigen Kreisen bewegen kann. „Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille sich langsam auf“ (Z. 9) lässt erkennen das der Panther manchmal auch seinen Blick weitet und versucht seine Hoffnungslosigkeit zu überwinden und wieder klare schöne Bilder zu sehen. Da wird jedoch durch das nachfolgend „und hört im Herzen auf zu sein“(Z. 12) wieder verdrängt. Das Herz das als Symbol für die Persönlichkeit steht, hört auf zu sein. Das heißt, er gibt sich auf und hat keine Lebensfreude mehr.

Der gleichmäßige Kreuzreim, die regelmäßig wechselnden weiblichen und männlich Kadenzen und der monotone Jambus setzen auch im Gedicht Grenzen was den Inhalt des Eingesperrtseins noch unterstützt. Der Panther kann links oder rechtsherum gehen sich drehen und wenden, er bleibt gefangen. Nur durch die Zäsuren zwischen einem Hoffnungsschimmer, den der Panther manchmal hat und des erneuten Aufgebens und das Schicksal hinnehmen, entstehen Pausen.

Das Gedicht kann auf verschiedenen Deutungsebenen betrachtet werden. Auf der ersten ist das lyrische Ich nur Betrachter und hat Mitleid mit dem eingesperrten Tier. Eine weitere Deutungsebene ist, dass das lyrische Ich Mitfühlender mit Menschen ist, die in ihrer Freiheit eingeschränkt sind. Man kann das lyrische Ich auch selbst als Betroffenen sehen, der aus den Zwängen des Lebens nicht heraus kommt (3. Deutungsebene).

Ich denke, dass es ziemlich traurig ist, wenn man das Leben wie in der letzten (3.) Deutungsebene sieht. Es stimmt zwar, dass man, wenn man geboren ist, jederzeit sterben könnte. Aber man kann sich doch freuen, dass man lebt und jede Sekunde genießen. Deswegen bevorzuge ich die 2. Deutungsebene. Es gibt viel Menschen, die einsam sind. Einige sind es durch Krankheit oder Armut, andere sind vielleicht auch selber schuld. Aber dennoch sollte man sie nicht allein lassen. Sie könnten durch Freunde oder Familie wieder Hoffnung finden. Eventuell werden sie aber wieder fallen gelassen und kehren in ihre Einsamkeit zurück. Dann haben sie alle Hoffnung verloren und geben sich wieder auf. Eben wie der Panther im Gedicht.

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