Die Zeit von Christian Morgenstern

Es gibt ein sehr probates Mittel,
die Zeit zu halten am Schlawittel:
Man nimmt die Taschenuhr zur Hand
und folgt dem Zeiger unverwandt,
 
Sie geht so langsam dann, so brav
als wie ein wohlgezogen Schaf,
setzt Fuß vor Fuß so voll Manier
als wie ein Fräulein von Saint-Cyr.
Jedoch verträumst du dich ein Weilchen,
10 
so rückt das züchtigliche Veilchen
11 
mit Beinen wie der Vogel Strauß
12 
und heimlich wie ein Puma aus.
 
13 
Und wieder siehst du auf sie nieder;
14 
ha, Elende! - Doch was ist das?
15 
Unschuldig lächelnd macht sie
16 
wieder die zierlichsten Sekunden-Pas.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Die Zeit“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
93
Entstehungsjahr
1871 - 1914
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Zeit“ wurde von Christian Morgenstern verfasst, einem deutschen Dichter und Schriftsteller, der von 1871 bis 1914 lebte. Morgensterns Arbeiten entstammen im Wesentlichen dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert.

Der erste Eindruck des Gedichts lässt vermuten, dass es humorvoll und möglicherweise sarkastisch geschrieben ist, insbesondere durch den Vergleich der Zeit mit einem Schaf, einem Fräulein, einem Veilchen, einem Strauß und einem Puma.

Inhaltlich geht es in dem Gedicht darum, dass das lyrische Ich versucht, die Zeit zu kontrollieren, indem es konstant auf eine Taschenuhr schaut. Dieses Vorgehen wird jedoch als vergeblich dargestellt, denn egal wie sehr man versucht, die Zeit „am Schlawittel“ zu halten, entkommt sie doch. Morgenstern nutzt dabei verschiedene Tiermetaphern, um das anscheinend unschuldige, aber schlussendlich unberechenbare und wild wirkende Wesen der Zeit darzustellen.

Die Aussage des lyrischen Ichs, und damit auch des Gedichts, könnte als eine Betrachtung und vielleicht auch Kritik des menschlichen Bedürfnisses gedeutet werden, Kontrolle über Vergänglichkeit, insbesondere die Zeit, erlangen zu wollen.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen mit unterschiedlicher Länge (4, 8 und 4 Verse). Die Reimstruktur ist aabb, cccddd, eefff. Dem Gedicht fehlt eine eindeutige Metrik, es besteht jedoch aus einem Wechsel von Jambus und Trochäus, wodurch ein gewisser Rhythmus entsteht.

In Bezug auf die Sprache verwendet Morgenstern eine Kombination von formellen und informellen Registern, was zum humorvollen Ton des Gedichts beiträgt. Er verwendet zudem eine lebendige und farbenfrohe Bildsprache, um die Eigenschaften der Zeit mensch- und tierähnlich zu charakterisieren. Dies verleiht den Gedicht eine leichte Satire. Auch das Wort „Schlawittel“, welches eine melierte Schnur oder einen Henkel bedeutet und selten genutzt wird, trägt zur humorvoll-skurrilen Wirkung des Gedichts bei.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Zeit“ ist Christian Morgenstern. Im Jahr 1871 wurde Morgenstern in München geboren. In der Zeit von 1887 bis 1914 ist das Gedicht entstanden. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Morgenstern ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 93 Wörter. Es baut sich aus 3 Strophen auf und besteht aus 16 Versen. Der Dichter Christian Morgenstern ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Auge der Maus“, „Das Böhmische Dorf“ und „Das Fest des Wüstlings“. Zum Autor des Gedichtes „Die Zeit“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 189 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Christian Morgenstern

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Christian Morgenstern und seinem Gedicht „Die Zeit“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Christian Morgenstern (Infos zum Autor)

Zum Autor Christian Morgenstern sind auf abi-pur.de 189 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.