Achill von Johann Christian Friedrich Hölderlin

Herrlicher Göttersohn! da du die Geliebte verloren,
Gingst du ans Meergestad, weintest hinaus in die
Flut,
Weheklagend hinab verlangt' in den heiligen
Abgrund,
In die Stille dein Herz, wo, von der Schiffe Gelärm
Fern, tief unter den Wogen, in friedlicher Grotte die
blaue
Thetis wohnte, die dich schützte, die Göttin des
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Meers.
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Mutter war dem Jünglinge sie, die mächtige Göttin,
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Hatte den Knaben einst liebend, am Felsengestad
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Seiner Insel, gesäugt, mit dem kräftigen Liede der
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Welle
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Und im stärkenden Bad ihn zum Heroen genährt.
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Und die Mutter vernahm die Weheklage des
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Jünglings,
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Stieg vom Grunde der See, trauernd, wie Wölkchen,
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herauf,
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Stillte mit zärtlichem Umfangen die Schmerzen des
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Lieblings,
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Und er hörte, wie sie schmeichelnd zu helfen
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versprach.
 
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Göttersohn! o wär ich, wie du, so könnt ich
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vertraulich
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Einem der Himmlischen klagen mein heimliches
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Leid.
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Sehen soll ich es nicht, soll tragen die Schmach, als
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gehört ich
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Nimmer zu ihr, die doch meiner mit Tränen gedenkt.
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Gute Götter! doch hört ihr jegliches Flehen des
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Menschen,
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Ach! und innig und fromm liebt ich dich heiliges
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Licht,
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Seit ich lebe, dich Erd und deine Quellen und Wälder,
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Vater Aether, und dich fühlte zu sehnend und rein
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Dieses Herz - o sänftiget mir, ihr Guten, mein Leiden,
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Daß die Seele mir nicht allzu frühe verstummt,
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Daß ich lebe und euch, ihr hohen himmlischen
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Mächte,
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Noch am fliehenden Tag danke mit frommem
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Gesang,
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Danke für voriges Gut, für Freuden vergangener
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Jugend,
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Und dann nehmet zu euch gütig den Einsamen auf.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (27.9 KB)

Details zum Gedicht „Achill“

Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
45
Anzahl Wörter
246
Entstehungsjahr
1770 - 1843
Epoche
Aufklärung,
Empfindsamkeit,
Sturm & Drang

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Achill“ stammt von dem deutschen Dichter Johann Christian Friedrich Hölderlin (1770-1843) und lässt sich damit der Epoche der Weimarer Klassik und des späteren Frühromantik zuordnen. Man findet in Hölderlins Werk oft mythologische Elemente, was in diesem Gedicht durch die Bezugnahme auf die Figur Achill und dessen Mutter Thetis, beide Figuren aus der griechischen Mythologie, bekräftigt wird.

Bei erstem Lesen fällt auf, dass das lyrische Ich in schmerzhafter Sehnsucht und Verlust eingetaucht ist, wodurch tiefe Emotionen hervorgerufen werden. Der Vergleich mit Achill, dem großen Helden der Trojanischen Schlacht, mag dabei als Metapher für das Leiden und den Schmerz des lyrischen Ichs nach einem tragischen Verlust gedeutet werden.

Im ersten Abschnitt des Gedichts wird die Geschichte von Achill erzählt, der nach dem Verlust seiner Geliebten zum Meergestade geht und in die Tiefe der See hinabweint, wo seine Mutter Thetis, die Göttin des Meers, wohnt. Diese hört seine Klage und verspricht ihm, ihm zu helfen. Hier versucht das lyrisische Ich vermutlich, seine eigene Leiderfahrung mit der des Helden zu teilen.

Im zweiten Teil des Gedichts wendet sich das lyrische Ich an die Götter und bittet um ihr Erbarmen. Es äußert den Wunsch, dass es auch in der Lage sein möge, seinen Schmerz den Göttern kundzutun und ihre Hilfe zu erhalten, genauso wie Achill es getan hat. Das lyrische Ich bedankt sich für vergangene Freuden und bittet darum, 'gütig' aufgenommen zu werden, wenn es seine Zeit ist.

In Bezug auf die Form lässt sich sagen, dass das Gedicht aus zwei Strophen besteht, wobei die Anzahl der Verse in beiden Strophen variiert (23 Verse in der ersten Strophe, 22 Verse in der zweiten Strophe). Die Sprache des Gedichts ist hochpoetisch und reich an bildhaften Metaphern und Anspielungen. Der Versfuß sowie das Reimschema können wegen dem fehlenden Kontext nicht eindeutig bestimmt werden.

Zusammenfassend kann man sagen, dass das Gedicht „Achill“ ein Ausdruck tiefster Sehnsucht und Trauer ist. Es verwendet die mythologische Figur des Achill als Metapher für diese starken Gefühle und als Modell, wie man mit solchen tiefgreifenden Verlusten umgehen kann. Es ist ein Appell an alle Göttlichkeiten und eine Darstellung der Beziehung zwischen Mensch und Gottheit in Momenten des Leidens. Es zeigt auch die Hoffnung auf Erlösung und Akzeptanz im Angesicht des eigenen Todes.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Achill“ des Autors Johann Christian Friedrich Hölderlin. Im Jahr 1770 wurde Hölderlin in Lauffen am Neckar geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1786 bis 1843 entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Aufklärung, Empfindsamkeit, Sturm & Drang, Klassik, Romantik, Biedermeier oder Junges Deutschland & Vormärz kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei Verwendung der Angaben zur Epoche prüfe bitte die Richtigkeit der Zuordnung. Die Auswahl der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen und muss daher nicht unbedingt richtig sein. Das Gedicht besteht aus 45 Versen mit insgesamt 2 Strophen und umfasst dabei 246 Worte. Johann Christian Friedrich Hölderlin ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Deutschen“, „An die Parzen“ und „An die jungen Dichter“. Zum Autor des Gedichtes „Achill“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 181 Gedichte vor.

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