Lied vom Winde von Eduard Mörike

Sausewind, Brausewind!
Dort und hier!
Deine Heimat sage mir!
 
»Kindlein, wir fahren
Seit vielen vielen Jahren
Durch die weit weite Welt,
Und möchten's erfragen,
Die Antwort erjagen,
Bei den Bergen, den Meeren,
10 
Bei des Himmels klingenden Heeren,
11 
Die wissen es nie.
12 
Bist du klüger als sie,
13 
Magst du es sagen.
14 
Fort, wohlauf!
15 
Halt uns nicht auf!
16 
Kommen andre nach, unsre Brüder,
17 
Da frag wieder.«
 
18 
Halt an! Gemach,
19 
Eine kleine Frist!
20 
Sagt, wo der Liebe Heimat ist,
21 
Ihr Anfang, ihr Ende?
 
22 
»Wer's nennen könnte!
23 
Schelmisches Kind,
24 
Lieb ist wie Wind,
25 
Rasch und lebendig,
26 
Ruhet nie,
27 
Ewig ist sie,
28 
Aber nicht immer beständig.
29 
Fort! Wohlauf! auf!
30 
Halt uns nicht auf!
31 
Fort über Stoppel und Wälder und Wiesen!
32 
Wenn ich dein Schätzchen seh,
33 
Will ich es grüßen.
34 
Kindlein ade!«
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (25.9 KB)

Details zum Gedicht „Lied vom Winde“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
34
Anzahl Wörter
126
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Lied vom Winde“ stammt von Eduard Mörike, einem deutschen Lyriker und Romanautor der Spätromantik (19. Jahrhundert).

Auf den ersten Blick erscheint das Gedicht als Dialog zwischen dem lyrischen Ich und dem Wind, symbolisiert durch die wechselnden Sprecherpositionen. Der Anschein einer kindlichen Neugier und Unschuld, welche durch Fragen an den Wind zum Ausdruck kommen, prägt den Ersteindruck und schafft eine Atmosphäre der wunderbaren Unbestimmtheit.

Inhaltlich spricht das lyrische Ich den sausenden, brausenden Wind an, mit der Bitte, ihm die Heimat des Winds zu benennen (Vers 1-3). Der Wind antwortet, dass er seit vielen Jahren die Welt durchstreift und ebenso nach einer Heimat sucht (Vers 4-10). Die Antwort jedoch kenne niemand, auch nicht die Berge, Meere oder himmlischen Heere (Vers 9-11). Im weiteren Verlauf bittet das lyrische Ich den Winde erneut innezuhalten, um nach der Heimat der Liebe zu fragen (Vers 18-21). Der Wind vergleicht daraufhin die Liebe mit sich selbst - sie sei wie der Wind: schnell, lebendig, ewig, aber nicht immer beständig (Vers 24-28).

In seiner Aussage zeigt das lyrische Ich eine tiefe Suche nach Identität und Zugehörigkeit sowie eine Reflexion über die Natur der Liebe. Durch die Antworten des Windes wird die Unbeständigkeit und Unvorhersehbarkeit des Lebens und der Liebe unterstrichen, die fast auf ironische Weise mit der kindlichen Neugier und dem Wunsch nach konkreten Antworten kontrastiert werden.

Formal betrachtet, folgt das Gedicht keiner festgelegten Strophen- oder Reimstruktur. Die starke Betonung und Wiederholung gewisser Phrasen („Sausewind, Brausewind!“, „Dort und hier!“, „Kindlein, wir fahren“, „Fort, wohlauf!“) verleiht dem Gedicht jedoch einen musikalischen, fast liedhaften Charakter.

Sprachlich setzt Mörike eine einfache, klare Sprache ein. Der Einsatz von Metaphern („Lieb ist wie Wind“) und Personifikationen (der Wind als sprechender Charakter) stellen jedoch eine reiche Bildsprache dar, die die grundlegenden Fragestellungen des Gedichts weiter erforscht.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Lied vom Winde“ ein bemerkenswertes Gedicht ist, das die universellen Themen Heimat, Identität und Liebe durch den Dialog zwischen dem lyrischen Ich und dem personifizierten Wind auf faszinierende Weise beleuchtet.

Weitere Informationen

Eduard Mörike ist der Autor des Gedichtes „Lied vom Winde“. Geboren wurde Mörike im Jahr 1804 in Ludwigsburg. Zwischen den Jahren 1820 und 1875 ist das Gedicht entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 126 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 34 Versen. Der Dichter Eduard Mörike ist auch der Autor für Gedichte wie „Gesang Weylas“, „Auf eine Christblume“ und „Hülfe in der Not“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Lied vom Winde“ weitere 171 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Eduard Mörike

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Eduard Mörike und seinem Gedicht „Lied vom Winde“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Eduard Mörike (Infos zum Autor)

Zum Autor Eduard Mörike sind auf abi-pur.de 171 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.