Lose Ware von Eduard Mörike

"Tinte! Tinte, wer braucht? Schön schwarze Tinte verkauf ich!"
Rief ein Büblein gar hell Straßen hinauf und hinab.
Lachend traf sein feuriger Blick mich oben im Fenster,
Eh ich michs irgend versah, huscht er ins Zimmer herein.
Knabe, dich rief niemand! - "Herr, meine Ware versucht nur!"
Und sein Fäßchen behend schwang er vom Rücken herum.
Da verschob sich das halbzerissene Jäckchen ein wenig
An der Schulter und hell schimmert ein Flügel hervor.
Ei, laß sehen, mein Sohn, du führst auch Federn im Handel?
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Amor, verkleideter Schelm! soll ich dich rupfen sogleich?
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Und er lächelt, entlarvt, und legt auf die Lippen den Finger:
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"Stille! sie sind nicht verzollt - stört die Geschäfte mir nicht!
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Gebt das Gefäß, ich füll es umsonst, und bleiben wir Freunde!"
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Dies gesagt und getan, schlüpft er zur Türe hinaus.
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Angeführt hat er mich doch: denn will ich was Nützliches schreiben,
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Gleich wird ein Liebesbrief, gleich ein Erotikon draus.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Lose Ware“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
153
Entstehungsjahr
1837
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Lose Ware“ wurde von Eduard Mörike verfasst, einem deutschen Dichter, der von 1804 bis 1875 lebte. Sein Schaffen fällt in die Epoche der Romantik, er gilt jedoch auch als bedeutender Vertreter des Biedermeier, einer Strömung innerhalb der Romantik.

Bereits beim ersten Lesen des Gedichts entstehen lebendige Bilder im Kopf. Es handelt sich um eine humorvolle, verspielte und amüsante Schilderung einer Begegnung zwischen dem lyrischen Ich, das hier als ein Schriftsteller interpretiert werden kann, und einem kleinen Jungen. Der Junge verkauft auf der Straße Tinte, dringt jedoch ohne Einladung in das Zimmer des Erzählers ein. Als der Erzähler bemerkt, dass der Junge einen Flügel unter seinem Jackett versteckt, erkennt er in ihm den Liebesgott Amor, berühmt für seine Pfeile, die Liebe stiften. Der Junge, jetzt als Amor entlarvt, ermahnt den Schriftsteller, still zu sein und füllt ihm kostenlos sein Tintenbehältnis. Sobald er verschwunden ist, bemerkt der Schriftsteller, dass er von Amor überlistet wurde. Jedes Mal, wenn er versucht, etwas Praktisches zu schreiben, wird es zwangsweise zu einem Liebesbrief.

Dieses Gedicht drückt auf humorvolle Weise die Übermacht der Liebe aus. Es suggeriert, dass Liebe allgegenwärtig ist und selbst den Versuch, sich auf pragmatische Tätigkeiten zu konzentrieren, untergräbt.

Die Form des Gedichts ist klassisch, da es aus vierzeiligen Strophen mit Reimen besteht. Es ist in Versen verfasst und hat einen rhythmischen Fluss, der das Storytelling-Erlebnis verstärkt. Die Sprache von Mörike ist einfach und klar, aber gleichzeitig bildreich und lebendig. Er schafft es, mit wenigen Worten eine ganze Szene vor dem inneren Auge des Lesers lebendig werden zu lassen.

Zusammengefasst stellt „Lose Ware“ eine humorvolle Darstellung der Kraft der Liebe dar, eingebettet in eine alltägliche Szene, die durch Mörikes meisterhafte Sprache und Form lebendig wird. Es ist ein Gedicht, das sowohl unterhält als auch zum Nachdenken anregt.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Lose Ware“ ist Eduard Mörike. Mörike wurde im Jahr 1804 in Ludwigsburg geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1837. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Biedermeier zugeordnet werden. Mörike ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 153 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 16 Versen. Die Gedichte „An einem Wintermorgen, vor Sonnenaufgang“, „Elfenlied“ und „Er ist’s“ sind weitere Werke des Autors Eduard Mörike. Zum Autor des Gedichtes „Lose Ware“ haben wir auf abi-pur.de weitere 171 Gedichte veröffentlicht.

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