Mörike, Eduard - Am Walde (Gedichtinterpretation)

Schlagwörter:
Eduard Mörike, Gedichtinterpretation, Biedermeier, Analyse, Interpretation, Referat, Hausaufgabe, Mörike, Eduard - Am Walde (Gedichtinterpretation)
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Referat

Am Walde - Eduard Mörike

Am Walde
von Eduard Mörike

Am Waldsaum kann ich lange Nachmittage,
Dem Kuckuck horchend, in dem Grase liegen;
Er scheint das Tal gemächlich einzuwiegen
Im friedevollen Gleichklang seiner Klage.
 
Da ist mir wohl, und meine schlimmste Plage,
Den Fratzen der Gesellschaft mich zu fügen,
Hier wird sie mich doch endlich nicht bekriegen,
Wo ich auf eigne Weise mich behage.
 
Und wenn die feinen Leute nur erst dächten,
10 
Wie schön Poeten ihre Zeit verschwenden,
11 
Sie würden mich zuletzt noch gar beneiden.
 
12 
Denn des Sonetts gedrängte Kränze flechten
13 
Sich wie von selber unter meinen Händen,
14 
Indes die Augen in der Ferne weiden.

(„Am Walde“ von Eduard Mörike ist auch in unserer Gedichtedatenbank zu finden. Dort findest Du auch weitere Gedichte des Autoren. Für die Analyse des Gedichtes bieten wir ein Arbeitsblatt als PDF (24 KB) zur Unterstützung an.)

Das von Eduard Mörike verfasste Gedicht „Am Walde“ aus dem Jahre 1830 ist der Epoche des Biedermeier zuzuordnen. Die Epoche des Biedermeier ist geprägt von der auf dem Wiener Kongress beschlossenen Restauration und dem daraus entstandenen Drang der Realität zu entfliehen und sich in die private Idylle zurückzuziehen. Ebenso verläuft sie parallel zu den Strömungen Vormärz und junges Deutschland. In dem Gedicht thematisiert Eduard Mörike die Schönheit der Natur und ihre milde Art, zudem betrachtet Georg Herwegh die Gesellschaft kritisch, da sie andere Menschen dazu leiten wollen, politisch aktiv zu sein und nach ihren Regeln zu handeln.

Das lyrische Ich beschreibt im Gedicht die beruhigende Art der Natur und wie es an den Waldrand flüchtet, um dort von der unruhigen Gesellschaft zu fliehen. Außerdem beschreibt das lyrische Ich wie leicht es ist am Waldrand seine Kreativität auszuleben. Das Gedicht ist ein Sonett, welches sich aus zwei Quartetten (V. 1-8) und zwei Terzetten (V. 9 - 14) zusammensetzt. Zudem besteht es aus vier Strophen mit insgesamt 14 Versen, wobei das Reimschema nicht durchgängig ist, denn in Strophe eins und zwei handelt es sich um umarmende Reime und in Strophe drei und vier um verschränkte Reime. Die Strophen und Verse haben eine ungleiche Länge, wodurch eine unharmonische Irregularität erzielt wird. Das Gedicht hat ein durchgehend einheitliches Metrum, ein 5-hebiger Jambus. Der Titel des Gedichtes „Am Walde“ kreiert eine harmonische und beruhigende Atmosphäre, weil der Wald mit einer leisen, ruhigen und frischen Atmosphäre assoziiert werden kann, denn genau deshalb nutzt Eduard Mörike den Titel, um bei dem Leser von Anfang an eine angenehme Stimmung zu erzeugen.

Direkt in der ersten Strophe wird deutlich, dass das lyrische Ich den Rückzug in die Idylle befürwortet, weil es Schlüsselwörter wie „Grase liegen“ (V. 2), „lange Nachmittage“ (V. 1), „einzuwiegen“ (V. 3) und „friedevollen Gleichklang“ (V. 4) benutzt. Dies erzeugt in der ersten Strophe eine friedliche und sanfte Stimmung, da diese Schlüsselwörter einen positiven Unterton besitzen. Außerdem benutzt der Dichter ein Enjambement „Nachmittage, dem“ (V. 1-2), um die Nachmittagszeit zu betonen, denn ein langer Nachmittag (vgl. V. 1) in der Natur, kann ablenken und beruhigen. Um die Harmonie, die in der Natur herrscht zu verdeutlichen, benutzt der Dichter ein Oxymoron „friedevollen Gleichklang seiner Klage“, um die Vielfalt der Emotionen, die das lyrische Ich verspürt, zu verdeutlichen. Denn obwohl es an den Waldrand geflüchtet ist und sich dort über die Gesellschaft beschwert (vgl. V.6-8), wird es gleichzeitig von der Natur beruhigt. Durch die Hyperbel „schlimmste Plage“ (V. 5) wird die Lage des lyrischen Ichs verdeutlicht, denn es fühlt sich in seiner Gesellschaft unwohl und gestresst und möchte den negativen Gefühlen entkommen.

Ebenso benutzt Eduard Mörike eine Metapher „Fratzen der Gesellschaft“ (V. 6), dadurch will der Dichter ausdrücken, dass sich das lyrische Ich mit den Menschen des Biedermeier, die politisch aktiv sind und aktiv handeln, nicht identifizieren kann und sie deshalb mit einem negativen Nomen „Fratzen“ (V. 6) beschreibt und sie somit kritisiert. Durch die Schlüsselwörter „beneiden“ (V. 11) und „nicht bekriegen“ (V. 7) kreiert der Dichter eine selbstbewusste und erleichterte Stimmung, denn das lyrische Ich scheint sich in der Natur stark und frei zu fühlen und befreit von dem gesellschaftlichen Druck. Die Inversion „Wo ich auf eigene Weise mich behage“ (V. 8), betont das Personalpronomen „ich“ (V. 8) und das Possessivpronomen „mich“ (V. 8). Diese Betonung nutzt der Dichter, um das Selbstbewusstsein des lyrischen Ichs zu betonen, denn es spricht stolz darüber, wie es sich selbst in der Natur beschützen und ausleben kann. In der dritten Strophe benutzt der Dichter Ironie, um seine Stellung gegenüber den feinen Leuten zu veranschaulichen (vgl. V. 9), denn das lyrische Ich denkt, die feinen Leute sind einfältig, weil sie von Poeten schlecht denken (vgl. V. 10) und sie das lyrische Ich sogar beneiden (vgl. V. 11). Die Metapher „gedrängte Kränze flechten sich wie von selber unter meinen Händen“ (V. 12-13), betont den Stolz des lyrischen Ichs, denn diese anspruchsvolle lyrische Form schreibt sich unter seinen Händen wie von selbst und ist somit leicht für das lyrische Ich und er sticht somit heraus. Ebenso verwendet Eduard Mörike die Metapher „die Augen in der Ferne weiden“ (V. 14), um dem Leser zu zeigen, dass das lyrische Ich im Unterschied zu den feinen Leuten, die den Poeten - also auch Eduard Mörike - Zeitverschwendung unterstellen, denn genau diese sind in der Lage in die Ferne zu blicken. Diese Zukunftsaussicht traut Eduard Mörike der Gesellschaft nicht zu, weil er überzeugt ist, dass sie ihn beneiden würden (vgl. V. 9-11). In dem letzten Vers des Sonetts wird das Bild der Ferne und die Weltflucht, die im Gedicht regelmäßig beschrieben wird, angesprochen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass dieses Gedicht auch Einflüsse der Romantik widerspiegelt.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Eduard Mörike mit seinem Gedicht dem Leser veranschaulichen will, dass die Natur einen positiven Einfluss haben kann, zum Beispiel als Ablenkung von Stresssituationen. Er möchte den Leser dazu anregen, die Menschen aus dem Biedermeier zu verstehen, die zu der Zeit des Vormärz nicht aktiv handelten, denn für manche Menschen wurde diese Situation und die vorherrschenden Aufstände zu viel und sie wollten einen Abstand schaffen. Ebenso erkennt man, dass Eduard Mörike in seinem Sonett viele Leitmotive der Epoche des Biedermeiers aufzeigt, wie zum Beispiel die Idylle oder die Weltflucht. Ich denke, dass Eduard Mörike in seinem Gedicht gut eine Seite der Menschen des Biedermeiers veranschaulicht, denn diese Menschen flüchten zum Beispiel an einen Waldrand, um dem Stress und den Unruhen zu entkommen. Das Verhalten des lyrischen Ichs zeigt sich auch heute noch, denn manche Menschen gehen an freien Tagen oder am Wochenende aus den Wohnungen und entscheiden sich zum Beispiel für einen Ausflug in die Natur, um der stressigen Realität zu entkommen, um in einer ruhigen Atmosphäre zu entspannen.

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