Die Tochter der Heide von Eduard Mörike

Wasch dich, mein Schwesterchen, wasch dich!
Zu Robins Hochzeit gehn wir heut:
Er hat die stolze Ruth gefreit.
Wir kommen ungebeten;
Wir schmausen nicht, wir tanzen nicht
Und nicht mit lachendem Gesicht
Komm ich vor ihn zu treten.
 
Strähl dich, mein Schwesterchen, strähl dich!
Wir wollen ihm singen ein Rätsel-Lied,
10 
Wir wollen ihm klingen ein böses Lied;
11 
Die Ohren sollen ihm gellen.
12 
Ich will ihr schenken einen Kranz
13 
Von Nesseln und von Dornen ganz:
14 
Damit fährt sie zur Hölle!
 
15 
Schick dich, mein Schwesterchen, schmück dich!
16 
Derweil sie alle sind am Schmaus,
17 
Soll rot in Flammen stehn das Haus,
18 
Die Gäste schreien und rennen.
19 
Zwei sollen sitzen unverwandt,
20 
Zwei hat ein Sprüchlein festgebannt;
21 
Zu Kohle müssen sie brennen.
 
22 
Lustig, mein Schwesterchen, lustig!
23 
Das war ein alter Ammensang.
24 
Den falschen Rob vergaß ich lang.
25 
Er soll mich sehen lachen!
26 
Hab ich doch einen andern Schatz,
27 
Der mit mir tanzet auf dem Platz
28 
Sie werden Augen machen!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Die Tochter der Heide“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
28
Anzahl Wörter
154
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Tochter der Heide“ wurde von Eduard Mörike verfasst, einem deutschen Lyriker des 19. Jahrhunderts, dessen Schaffenszeitraum in die Epoche des Biedermeiers und des Realismus fällt.

Der erste Eindruck ist geprägt von einer dynamischen, handlungsorientierten Stimmung und einer gewissen Aggressivität des lyrischen Ichs gegenüber der Person Robin und seiner Braut Ruth.

Inhaltlich handelt das Gedicht von einer Ablehnung und Vergeltung einer Hochzeitseinladung. Die Sprecherin und ihre Schwester wurden nicht eingeladen, dennoch beabsichtigen sie die Hochzeit zu besuchen, aber nicht um zu feiern, sondern um Rache zu üben, da Robin wohl eine Geliebte der Sprecherin ist und nun eine andere, Ruth, heiratet. Angekündigt wird ein Racheschauspiel mit einem rätselhaften Gesang, einem Kranz aus Nesseln und Dornen für die Braut und einem Flammeninferno während des Festmahls. Am Ende jedoch scheint die Sprecherin ihre Vergeltungsideen aufzugeben und sich damit zu trösten, dass sie bereits einen neuen Geliebten hat.

Über das lyrische Ich wird deutlich, dass es von einer starken Wut und Enttäuschung aus Liebe und Zurückweisung geprägt ist. Die Drohungen und Rachepläne scheinen als eine Art Bewältigungsstrategie für die Situation in der sie sich befindet. Der letzte Teil deutet in eine andere Richtung: Es wird eine Stärke vermittelt, denn sie findet Trost in einem neuen Geliebten und lässt Robin hinter sich.

Das Gedicht hat eine strenge Formvorgabe mit vier Strophen, die jeweils sieben Verse umfassen. Die Sprache ist sehr bildhaft und enthält zahlreiche Aufforderungen und Ankündigungen. Auffallend sind die wiederholten Aufforderungen an das „Schwesterchen“, die zeigen, dass das lyrische Ich den Ablauf stark kontrolliert und steuert. Auch die dynamischen Verben („wasch dich“, „strähl dich“, „schmück dich“, „tanzet“) tragen zu dem Eindruck einer aktiven, handlungsorientierten Sprecherin bei. Die Sprache hat teilweise einen harten, aggressiven Ton, der zur Darstellung der Rachegedanken und der Ablehnung gegenüber der Hochzeit passt. Es wird jedoch auch mit Ironie und Humor gearbeitet („Sie werden Augen machen“), was zeigt, dass das lyrische Ich trotz der Situation Kontrolle behält und die Lage zu ihrem Gunsten wenden kann.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Die Tochter der Heide“ des Autors Eduard Mörike. Geboren wurde Mörike im Jahr 1804 in Ludwigsburg. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1820 und 1875. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Biedermeier zu. Bei Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 154 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 28 Versen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Eduard Mörike sind „Gebet“, „Im Frühling“ und „Septembermorgen“. Zum Autor des Gedichtes „Die Tochter der Heide“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Eduard Mörike

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Eduard Mörike und seinem Gedicht „Die Tochter der Heide“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Eduard Mörike (Infos zum Autor)

Zum Autor Eduard Mörike sind auf abi-pur.de 171 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.