Johann Kepler von Eduard Mörike

Gestern, als ich vom nächtlichen Lager den Stern mir
in Osten
Lang betrachtete, den dort mit dem rötlichen Licht,
Und des Mannes gedachte, der seine Bahnen zu
messen,
Von dem Gotte gereizt, himmlischer Pflicht sich
ergab,
Durch beharrlichen Fleiß der Armut grimmigen
Stachel
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Zu versöhnen, umsonst, und zu verachten bemüht:
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Mir entbrannte mein Herz von Wehmut bitter; ach!
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dacht ich,
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Wußten die Himmlischen dir, Meister, kein
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besseres Los?
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Wie ein Dichter den Helden sich wählt, wie Homer
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von Achilles'
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Göttlichem Adel gerührt, schön im Gesang ihn
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erhob,
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Also wandtest du ganz nach jenem Gestirne die
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Kräfte,
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Sein gewaltiger Gang war dir ein ewiges Lied.
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Doch so bewegt sich kein Gott von seinem goldenen
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Sitze,
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Holdem Gesange geneigt, den zu erretten, herab,
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Dem die höhere Macht die dunkeln Tage bestimmt
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hat,
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Und euch Sterne berührt nimmer ein
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Menschengeschick;
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Ihr geht über dem Haupte des Weisen oder des Toren
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Euren seligen Weg ewig gelassen dahin!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26 KB)

Details zum Gedicht „Johann Kepler“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
30
Anzahl Wörter
153
Entstehungsjahr
1804 - 1875
Epoche
Biedermeier

Gedicht-Analyse

Eduard Mörike, ein deutscher romantischer Dichter des 19. Jahrhunderts, verfasste sein Gedicht „Johann Kepler“. Er schrieb während der Biedermeier-Epoche, die von 1815 bis 1848 andauerte und in der er seine literarische Laufbahn begann. Mörike ist besonders bekannt für seine Lyrik und seine Kurzprosa.

Beim ersten Lesen erzeugt das Gedicht einen melancholischen und reflektierenden Ton, da das lyrische Ich seine Gedanken und Gefühle im Zusammenhang mit Johann Kepler ausdrückt.

Inhaltlich erzählt das Gedicht vom astronomischen Interesse und der Hingabe des Wissenschaftlers Johannes Kepler, der sich trotz Armut und Entbehrungen der Erforschung der Sterne widmete. Das lyrische Ich spiegelt die Bewunderung für Kepler und dessen unermüdlichen Einsatz wider, obwohl die Reise des Wissenschaftlers keinen direkten Einfluss auf die Sterne oder den Ausgang seines eigenen Lebens hatte. Mörike vergleicht den Forscher mit einem Dichter und dessen Helden, indem er darauf hinweist, dass Kepler seinen unerschütterlichen Pflichtbewusstsein und Interesse der Erforschung des Universums gewidmet hat, ähnlich wie ein Dichter sich einem epischen Helden widmet.

Mörikes Gedicht hat eine klar strukturierte Form mit 30 Versen, welche sich jedoch nicht in klassische Strophen unterteilen lassen. Es liegt kein festes Reimschema vor, jedoch finden sich in den Verspaaren hin und wieder Reime (z.B. Verse 4 und 6). Die Sprache ist eher formell und pathetisch, mit einer ausgeprägten Verwendung bildhafter und metaphorischer Ausdrücke, um die Tiefe der Bewunderung und Wehmut des lyrischen Ichs für Kepler hervorzuheben.

Das Gedicht zeigt sowohl den menschlichen Fleiß und die Hingabe an die Wissenschaft, als auch die Einsicht, dass diese Bemühungen von der Natur letztlich unberührt und unbeachtet bleiben. Es verkörpert ein Bild des menschlichen Strebens und der Unveränderlichkeit des Universums.

Weitere Informationen

Eduard Mörike ist der Autor des Gedichtes „Johann Kepler“. Mörike wurde im Jahr 1804 in Ludwigsburg geboren. In der Zeit von 1820 bis 1875 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Biedermeier kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 30 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 153 Worte. Eduard Mörike ist auch der Autor für Gedichte wie „Elfenlied“, „Er ist’s“ und „Gebet“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Johann Kepler“ weitere 171 Gedichte vor.

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