Bangnis von Rainer Maria Rilke
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Im welken Walde ist ein Vogelruf, |
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der sinnlos scheint in diesem welken Walde. |
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Und dennoch ruht der runde Vogelruf |
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in dieser Weile, die ihn schuf, |
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breit wie ein Himmel auf dem welken Walde. |
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Gefügig räumt sich alles in den Schrei. |
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Das ganze Land scheint lautlos drin zu liegen, |
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der große Wind scheint sich hineinzuschmiegen, |
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und die Minute, welche weiter will, |
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ist bleich und still, als ob sie Dinge wüßte, |
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an denen jeder sterben müßte, |
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aus ihm herausgestiegen. |
Details zum Gedicht „Bangnis“
Rainer Maria Rilke
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12
77
1906
Moderne
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Bangnis“ stammt vom Autor Rainer Maria Rilke, der von 1875 bis 1926 lebte. Daher lässt es sich zeitlich der Epoche des Symbolismus und der beginnenden Moderne zuordnen.
Auf den ersten Eindruck wirkt das Gedicht melancholisch und sinnend, die wachsende Herbstszenerie verstärkt diesen Eindruck und lässt auf introspektive Gedanken schließen. Es entsteht eine Stimmung des Vorläufigen und Unbeständigen, eine Atmosphäre, die jeden Moment kippen könnte.
Das lyrische Ich setzt sich in dem Gedicht intensiv mit einem Vogelruf in einem welken Wald auseinander. Dieser Ruf scheint zunächst fehl am Platz, doch das lyrische Ich erkennt, dass er Teil dieser Umgebung ist und sich einfügt. Das gesamte Land scheint in diesem Schrei aufzugehen und auch die Zeit scheint stillzustehen. Das Gedicht endet mit der Vorstellung vom Tod, der bei jedem Menschen unausweichlich ist.
Zentrales Motiv ist der Vogelruf, welcher als Metapher interpretiert werden kann. Dieser steht möglicherweise für ein inneres Anliegen oder eine tiefe Sehnsucht des lyrischen Ichs. Dass es aber auch unter widrigen Umständen zu hören ist, zeigt vielleicht auf, dass das Wesentliche des Lebens trotz beunruhigender Zeiten weiterexistiert.
Die Sprache des Gedichts ist lyrisch und bildhaft, mit aufeinander abgestimmten Wiederholungen. Durch die wiederholte Verwendung des Wortes „welken“ wird eine düstere, herbstliche Stimmung erzeugt. Die Struktur des Gedichts ist geprägt durch den Wechsel von kurzem Innehalt und fließender Fortführung, was die Dynamik darstellt, in der das lyrische Ich sich bewegt.
Zusammenfassend handelt es sich um ein Gedicht, das tiefe Gefühle und innere Prozesse durch die Betrachtung der äußeren Welt ausdrückt. Es handelt vom ewigen Zyklus von Leben und Tod, von Sehnsucht und Vergänglichkeit und von dem immerwährenden Bestreben, trotz des Bewusstseins der Vergänglichkeit einen eigenen Sinn im Leben zu finden.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Bangnis“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Im Jahr 1875 wurde Rilke in Prag geboren. Im Jahr 1906 ist das Gedicht entstanden. Berlin / Leipzig, Stuttgart ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Moderne kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 77 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 12 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Als ich die Universität bezog“, „Am Kirchhof zu Königsaal“ und „Am Rande der Nacht“. Zum Autor des Gedichtes „Bangnis“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.
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