Arm Kräutchen von Joachim Ringelnatz

Ein Sauerampfer auf dem Damm
Stand zwischen Bahngeleisen,
Machte vor jedem D-Zug stramm,
Sah viele Menschen reisen
 
Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
Schwindsüchtig und verloren,
Ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
Mit Augen, Herz und Ohren.
 
Sah Züge schwinden, Züge nahn.
10 
Der arme Sauerampfer
11 
Sah Eisenbahn um Eisenbahn,
12 
Sah niemals einen Dampfer.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (23.8 KB)

Details zum Gedicht „Arm Kräutchen“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
12
Anzahl Wörter
53
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Arm Kräutchen“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der von 1883 bis 1934 lebte. Sein Werk fällt in die Zeit der Weimarer Republik und des Expressionismus, er ist jedoch eher für seine humorvollen und satirischen Texte bekannt.

Auf den ersten Blick fällt die einfache, klare Sprache und der nüchterne Ton des Gedichts auf. Inhaltlich handelt das Gedicht von einem einsamen Sauerampfer, der „zwischen Bahngeleisen“ steht und die vorbeiziehenden Züge und Menschen beobachtet. Der Sauerampfer, ein „armes Kraut“ und „schwacher Halm“, wird als leidende, empfindende Kreatur dargestellt, der „verstaubt und [den] Qualm schluckt“ und „schwindsüchtig und verloren“ wirkt.

Das lyrische Ich verleiht dem einfachen Gewächs menschliche Eigenschaften („Mit Augen, Herz und Ohren“), was die Technik der Anthropomorphisierung unterstreicht. Es mag eine Allegorie auf das menschliche Dasein darstellen, insbesondere auf das Leben der Unterschicht in der modernen, industrialisierten Gesellschaft, das vom ständigen Kommen und Gehen, von Lärm und Umweltverschmutzung geprägt ist.

Formal besteht das Gedicht aus drei Strophen zu je vier Versen. Auf eine feste Reimstruktur wird verzichtet, was zu einer nüchternen, sachlichen Atmosphäre beiträgt. Die schlichte, einfache Sprache und der zurückhaltende, beinahe neutrale Ton des Gedichts stehen in scharfem Kontrast zu der ernsten, selbst traurigen Kernthematik.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Arm Kräutchen“ einen eindringlichen Blick auf die Entfremdung und Isolation in der modernen Gesellschaft bietet und die oft übersehenen, leidenden Kreaturen in den Vordergrund rückt, die trotz ihrer Unbedeutendheit dennoch Teil der Welt sind und ihr Dasein auf ihre eigene, stille Weise ausdrücken.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Arm Kräutchen“ des Autors Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1933. Der Erscheinungsort ist Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 12 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 53 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Zum Autor des Gedichtes „Arm Kräutchen“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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