Sechstes Fragment von Carl Streckfuß
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Sehet, so schlürft’ ich hinunter den Becher, himmlischer Liebe, |
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Bis geleeret der Kelch seeligen Händen entsank. |
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Liebliche Schwachheit folgte dem schnellentflohenen Rausche, |
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Und es sank mein Haupt ihr an die ruhige Brust. |
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Wie der Glocke Ton in milden Lüften verhallet, |
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So verhallet’ in uns, Leben, dein stürmischer Laut, |
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Süßer Schlummer befieng uns, es flatterten goldene Träume |
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Aus den Wolken herab uns um die Schläfe herum. |
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Bald vertrieb ein frohes Erwachen die gaukelnden Bilder, |
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Neu belebet kam Lieb’ uns und Wonne zurück. |
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Frohen Geschwätzes viel floß von den Lippen, und viele |
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Küsse verschlangen noch oft halb nur gesprochen das Wort. |
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Mein auf ewig bist du, o theure Geliebte, und einzig, |
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Dein, Amanda, bin ich, ewig und einzig und ganz. |
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Fester verbindet die Wohlthat den Geber und den Beschenkten, |
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Beyde empfiengen wir, schenkten uns Liebe und Glück. |
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Alles bist du mir nun, auf dich beschränkt sich mein Leben, |
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Ewig leb’ ich in dir, ewig in besserer Welt — |
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Ja, hoch über den Sternen, die jetzt dem Liebenden winken, |
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Find’ ich ein Seeliger einst auf den verschwisterten Geist. |
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Was die Vernunft mir verneint, bejaht mir jetzt die Empfindung, |
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Amor scheuchet mir jeglichen Zweifel zurück. |
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Ach, Geliebte, du kannst die ganze Liebe nicht fühlen, |
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Nicht begreifen, was tief mir in dem Busen sich regt, |
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Vieles Große giebt es auf der unendlichen Erde, |
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Und Erstaunen füllt darum der Sterblichen Sinn , |
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Aber könnt’ ich ganz mein innerstes Wesen enthüllen, |
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Zeigen die seelige Kraft, die mir Amanda verliehn, |
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Staunen sollten dann alle dem nie geahndeten Anblick, |
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Staunen, daß mich so einzig die Götter beglückt. |
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Ja, ich fühl’ es, Amanda, was in mir lebet, ist einzig, |
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Aber einzig bist du, die mir dieß Leben geschenkt. |
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Deines Wesens Wohllaut vereinet die Fülle der süßen |
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Harmonieen , die nur einzeln die andern erfreun. |
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Eine Sonn’ erscheinst du, und rufst mit himmlischen Strahlen |
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Jede Blume hervor, die noch der Boden verbarg. |
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Mit des Lenzes Schmuck bekleidest du gern den Geliebten, |
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Jede Wolke zerstreut ihm dein allmächtiger Blick, |
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Daß ein fröhlicher Himmel ihn, den Beglückten, umlache, |
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Daß er die heitere Brust bad’ im ätherischen Duft. |
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Du entschließest dem Herzen die Pforte verborgener Zukunft, |
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Hebest den Schleyer, der ihm neidisch sein Wesen verbarg, |
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Und das Große wird ihm unendlich, das Kleine zum Großen, |
44 |
Unbedeutendes ist nicht mehr im weiten Gefild. |
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Alles trägt die Spur der großen, ewigen Liebe, |
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Waltend veredelt ihr Geist, was sich dem Liebenden zeigt. |
Details zum Gedicht „Sechstes Fragment“
Carl Streckfuß
1
46
392
1804
Klassik,
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Sechstes Fragment“ wurde von Carl Streckfuß verfasst, einem deutschen Lyriker und Dramatiker, der zwischen Ende des 18. und Mitte des 19. Jahrhunderts gelebt hat. Die inhaltliche Einordnung des Gedichts in dessen Schaffensphase ist ohne weitere Informationen schwierig, jedoch lässt sich festhalten, dass es in die Epoche der Romantik fällt, die von etwa 1795 bis 1848 dauerte.
Der erste Eindruck des Gedichts ist von einer sprachlichen Leidenschaft und tiefgehenden Romantik geprägt. Der Titel „Sechstes Fragment“ weist darauf hin, dass es sich um einen Teil eines größeren Werkes oder einer Sammlung von Gedichten handeln könnte.
Das Gedicht selbst beschreibt eine intensive romantische Liebe, die der Erzähler, das lyrische Ich, zu einer Person namens Amanda empfindet. Es wird von tiefen Gefühlen und Glück berichtet, sowie von einem starken Band, das durch gegenseitige Wertschätzung und Liebesgaben verstärkt wird. Die Formulierungen legen nahe, dass diese Liebe als etwas Einzigartiges und Großes wahrgenommen wird, das über das Irdische hinausreicht und sogar die Sterne überstrahlt.
Die verwendete Sprache ist sehr lyrisch und bildreich, mit vielen Vergleichen und Metaphern, die die Intensität der Gefühle des lyrischen Ichs verdeutlichen. Beispielsweise wird die Geliebte als Sonne beschrieben, die mit ihren Strahlen jede verborgene Blume hervorruft, und die Liebe als ein gewaltiger Strom, der jeglichen Zweifel verdrängt. Auch die Form des Gedichts ist bemerkenswert, da es aus insgesamt 46 Versen besteht, was ungewöhnlich lang für ein Gedicht ist.
Inhaltlich vermittelt das Gedicht eine deutliche Botschaft der Liebe und Hingabe, wobei die Erzählstimme sowohl die Perspektive des Gebenden als auch des Empfangenden einnimmt. Darüber hinaus betont das lyrische Ich die Einzigartigkeit und Vollkommenheit Amandas sowie ihre Fähigkeit, sie zu verbessern und ihren Horizont zu erweitern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Sechstes Fragment“ von Carl Streckfuß ein intensives und leidenschaftliches Liebesgedicht ist, das sich durch seine ausgefeilte Sprache und die Tiefe der dargestellten Gefühle auszeichnet. Es zeigt zudem eine romantische Vorstellung der Liebe, die als transformative und erhebende Kraft verstanden wird.
Weitere Informationen
Der Autor des Gedichtes „Sechstes Fragment“ ist Carl Streckfuß. Geboren wurde Streckfuß im Jahr 1778 in Gera. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1804. Erschienen ist der Text in Wien. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Klassik oder Romantik zuordnen. Die Richtigkeit der Epochen sollte vor Verwendung geprüft werden. Die Zuordnung der Epochen ist ausschließlich auf zeitlicher Ebene geschehen. Da es keine starren zeitlichen Grenzen bei der Epochenbestimmung gibt, können hierbei Fehler entstehen. Das vorliegende Gedicht umfasst 392 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 46 Versen. Carl Streckfuß ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Gastmahl des Theoderich“, „Das Geständniß“ und „Das Leben, ein Räthsel“. Zum Autor des Gedichtes „Sechstes Fragment“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 50 Gedichte vor.
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Zum Autor Carl Streckfuß sind auf abi-pur.de 50 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.
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