An sich Selbst von Andreas Gryphius

MIr grauet vor mir selbst / mir zittern alle Glieder
Wenn ich die Lipp’ vnd Naß’ vnd beyder Augen Klufft /
Die blind vom wachen sind / deß Athems schwere Luft
Betracht’ / vnd die nun schon erstorbnen Augen-Lieder.
Die Zunge / schwartz vom Brand fällt mit den Worten nieder /
Vnd lalt ich weiß nicht was; die müde Seele rufft /
Dem grossen Tröster zu / das Fleisch reucht nach der Grufft /
Die Aertzte lassen mich / die Schmertzen kommen wieder /
Mein Cörper ist nicht mehr als Adern / Fell’ / vnd Bein.
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Das sitzen ist mein Tod / das liegen meine Pein.
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Die Schenckel haben selbst nun Träger wol von nöthen!
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Was ist der hohe Ruhm / vnd Jugend / Ehr vnd Kunst?
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Wenn diese Stunde kompt: wird alles Rauch vnd Dunst.
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Vnd eine Noth muß vns mit allem Vorsatz tödten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „An sich Selbst“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
129
Entstehungsjahr
1658
Epoche
Barock

Gedicht-Analyse

Der Autor des vorliegenden Gedichts ist Andreas Gryphius, welcher zur Zeit des Barocks im 17. Jahrhundert lebte und dichtete.

Schon auf den ersten Blick wird klar, dass das Gedicht von tiefer Melancholie und der Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper geprägt ist. Das lyrische Ich scheint von Krankheit gezeichnet und beschreibt in drastischen Worten seinen körperlichen Zustand und seine Beschwerden.

Das Gedicht erzählt vom Leiden des lyrischen Ichs, das sich vor sich selbst graut und in einem Zustand ist, der Krankheit und möglicherweise den Tod nahelegt. Die Worte des lyrischen Ichs beschreiben den eigenen Körper als schwach und krank, mit Adern, Fell und Bein als einzige verbleibende Bestandteile. Das lyrische Ich empfindet sowohl Sitzen als auch Liegen als qualvoll und scheint sich nach der Gruppe und dem 'großen Trost' den Tod zu sehnen.

Formal besteht das Gedicht aus 14 Versen, die sich einem Sonett ähneln, was in der barocken Lyrik häufig vorkommt. Die Sprache ist altertümlich und von umständlicher Syntax geprägt, was das Beklemmende und Zwanghafte des Zustandes des lyrischen Ichs unterstreicht.

Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Sterben und dem Verfall des Körpers sind zentrale Themen der barocken Lyrik, in der das Bewusstsein der Vergänglichkeit und der Tod allgegenwärtig sind. Dies spiegelt sich in der Todessehnsucht des lyrischen Ichs und seiner düsteren Beschreibung des eigenen Körpers wider.

Insgesamt lässt sich also sagen, dass das Gedicht ein typisches Beispiel für die barocke Lyrik ist, die sich in ihrer Zeit durch eine intensive Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit und der Endlichkeit des menschlichen Lebens auszeichnete. Gryphius nutzt die Sprache und Metrik des Sonetts, um die beklemmende und ausweglose Situation des lyrischen Ichs zu verdeutlichen.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An sich Selbst“ des Autors Andreas Gryphius. Der Autor Andreas Gryphius wurde 1616 in Glogau geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1658 zurück. Der Erscheinungsort ist Breßlau. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Epoche des Barocks erstreckt sich über den Zeitraum von 1600 bis etwa 1720. Diesen Zeitraum kann man in drei Abschnitte unterteilen: Spät-, Hoch- und Frühbarock. Die Literaturepoche des Barocks ist durch ein gewichtiges Ereignis geprägt, dem Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648. Durch die ungenügenden sanitären Bedingungen konnten sich Seuchen schnell ausbreiten. Rund dreißig Prozent der Bevölkerung kamen durch den Krieg und grassierenden Seuchen, wie etwa der Pest, ums Leben. Durch die massive Verminderung der Bevölkerung schwächte sich das wirtschaftliche Leben zunehmend ab. Es herrschte in der Literaturepoche des Barocks ein sehr gegensätzliches (antithetisches) Weltbild. Luxus und Verschwendung der Adeligen standen Armut und Leid innerhalb der einfachen Bevölkerung gegenüber. Die Barockliteratur war ebenso gekennzeichnet von thematischen Widersprüchen. Jenseits und Diesseits standen sich ebenso gegenüber wie Ernst und Spiel oder etwa Sein und Schein. Im Barock löste die deutsche Sprache das Lateinische ab. Die wichtigen Vertreter der Dichtung im Barock sind Paul Fleming, Martin Opitz, Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Andreas Gryphius, Johann Christian Günther, Simon Dach, Angelus Silesius und Friedrich von Logau.

Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 129 Worte. Der Dichter Andreas Gryphius ist auch der Autor für Gedichte wie „An Gott den Heiligen Geist“, „An H. Christoph von Dihr“ und „An Jolinden“. Zum Autor des Gedichtes „An sich Selbst“ haben wir auf abi-pur.de weitere 463 Gedichte veröffentlicht.

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