An die Welt von Andreas Gryphius
1 |
MEin offt bestürmtes Schiff der grimmen Winde-Spiel |
2 |
Der frechen Wellen Baall / das schier die Flutt getrennet? |
3 |
Komt vor der Zeit an Port / den meine Seele wil. |
4 |
Offt / wenn vns schwartze Nacht im Mittag überfiell |
5 |
Hat der geschwinde Plitz die Segel schier verbrennet! |
6 |
Wie offt hab ich den Wind / vnd Nord’ vnd Sud verkennet! |
7 |
Wie schadhafft ist der Mast / Steur-Rurder / Schwerdt vnd Kiell. |
8 |
Steig auß du müder Geist / steig auß! wir sind am Lande! |
9 |
Was graut dir für dem Port / itzt wirst du aller Bande |
10 |
Vnd Angst / vnd herber Pein / vnd schwerer Schmertzen loß. |
11 |
Ade / verfluchte Welt: du See voll rauer Stürme! |
12 |
Glück zu mein Vaterland / das stätte Ruh’ im Schirme |
13 |
Vnd Schutz vnd Frieden hält / du ewig-lichtes Schlos! |
Details zum Gedicht „An die Welt“
Andreas Gryphius
1
13
118
1658
Barock
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „An die Welt“ wurde von Andreas Gryphius verfasst, einem der wichtigsten lyrischen Dichter und Dramatiker des Barocks. Gryphius wurde 1616 geboren und lebte bis 1664, so dass wir das Gedicht der Barockzeit zuordnen können.
Auf den ersten Blick fällt die intensive Darstellung von Schmerz, Leid und Schwierigkeiten auf. Der Dichter verwendet Metaphern der Seefahrt, um seine Lebenserfahrungen auszudrücken.
Der Inhalt des Gedichts kann als eine Analogie des Lebens zu einer stürmischen Seereise interpretiert werden. Das lyrische Ich beschreibt sein Leben als ein Schiff, das ständig von Winden und Wellen geplagt wird. Es erzählt von schrecklichen Erfahrungen wie einem Blitzschlag, der beinahe seine Segel verbrennt, und von der Verwirrung, in der er Nord und Süd nicht mehr zu unterscheiden vermag. Letztlich jedoch, gelangt das lyrische Ich sicher an Land und verabschiedet sich von der verfluchten Welt, der stürmischen See. Er blickt mit Freude auf seinen Vaterlandsboden und sieht darin einen ruhigen, sicheren Unterschlupf, ein ewig leuchtendes Schloss, das Schutz und Frieden bietet.
Die Form des Gedichts ist ein Sonett, bestehend aus Dreizehnerstrophe. Es ist in Reimen verfasst, und zwar in Paarreimen, was typisch für ein Sonett dieser Zeit ist.
Die Sprache des Gedichts gehört zum gehobenen, literarischen Deutsch des 17. Jahrhunderts und verwendet zudem zahlreiche metaphernreiche Ausdrucksweisen und Bilder, die für das Barockzeitalter typisch sind. Die Metaphorik bezieht sich vor allem auf die Seefahrt. Eindrücklich nutzt Gryphius das Bild der erschöpfenden und gefährlichen Seefahrt als Metapher für das menschliche Leben und seine Leiden. Seine Sprache ist von der für das 17. Jahrhundert üblichen pathetischen Dramatik geprägt.
Insgesamt spiegelt „An die Welt“ die melancholische Lebenseinstellung und den Pessimismus der Barockdichter wider, welcher aus den Erfahrungen des Dreißigjährigen Krieges entstand. Gleichzeitig aber drückt es auch Hoffnung und Erlösung aus - und kann somit als Sinnbild für die christliche Vorstellung von den Leiden des irdischen Daseins und der Freude des Jenseits gesehen werden.
Weitere Informationen
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „An die Welt“ des Autors Andreas Gryphius. Geboren wurde Gryphius im Jahr 1616 in Glogau. Das Gedicht ist im Jahr 1658 entstanden. In Breßlau ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Barock zugeordnet werden. Der Schriftsteller Gryphius ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Epoche des Barock begann etwa 1600 und endete im Jahr 1720. Die wörtliche Übersetzung des aus dem Portugiesischen stammenden Begriffes „barocco“ lautet „schiefrunde Perle“. Der Dreißigjährige Krieg war ein Territorial- und Religionskrieg in Europa, der für viel Elend, Zerstörung und Tod sorgte. Dazu kamen Zerfall der Wirtschaft und die Pest, welche das Unheil während des Dreißigjährigen Krieges nur noch verschärfte. Die Barockdichtung ist vorwiegend von drei Leitmotiven (Memento mori, Vanitas, Carpe diem) bestimmt, die die Einstellung der Bevölkerung zum Leben beschreiben. Vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges war das Leben der Bevölkerung von Gewalt und Zerstörung bestimmt. Alle genannten Motive setzen sich auf verschiedene Weise mit der verbreiteten Angst vor dem Lebensende und dessen Auswirkungen auseinander. Die Dichter der Renaissance nutzten noch die lateinische Sprache, die Autoren der Literaturepoche des Barocks begannen, ihre Werke in Deutsch zu veröffentlichen. Zu den berühmtesten Autoren des Barocks gehören: Andreas Gryphius, Grimmelshausen, Casper von Lohenstein, Martin Opitz, Caspar Ziegler und Paul Fleming.
Das Gedicht besteht aus 13 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 118 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Andreas Gryphius sind „An sich Selbst“, „Auff den Sontag deß ernehrenden Versorgers / oder VII. Sontag nach dem Fest der H. Dreyeinigkeit / Marc. 8.“ und „Beschluß deß XXIII. Jahrs“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An die Welt“ weitere 463 Gedichte vor.
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