Ringkampf von Joachim Ringelnatz

Gibson (sehr nervig), Australien,
Schulze, Berlin (ziemlich groß).
Beißen und Genitalien
Kratzen verboten. – Nun los!
 
Ob sie wohl seelisch sehr leiden?
Gibson ist blaß und auch Schulz.
Warum fühlen die beiden
Wechselnd einander den Puls?
 
Ängstlich hustet jetzt Gibson.
10 
Darauf schluckt Schulze Cachou.
11 
Gibson will Schulzen jetzt stipsen.
12 
Ha! Nun greifen sie zu.
 
13 
Packen sich an, auf, hinter, neben, in,
14 
Über, unter, vor und zwischen,
15 
Statt, auch längs, zufolge, trotz
16 
Stehen auf die Frage wessen.
17 
Doch ist hier nicht zu vergessen,
18 
Daß bei diesen letzten drei
19 
Auch der Dativ richtig sei.
 
20 
(Pfeife des Schiedsrichters.)
 
21 
Wo sind die Beine von Schulze?
22 
Wem gehört denn das Knie?
23 
Wirr wie lebendige Sulze
24 
Mengt sich die Anatomie.
 
25 
Ist das ein Kopf aus Australien?
26 
Oder Gesäß aus Berlin?
27 
Jeder versucht Repressalien,
28 
Jeder läßt keinen entfliehn.
 
29 
Hat sich der Schiedsmann bemeistert,
30 
Lange parteilos zu sein;
31 
Aber nun brüllt er begeistert:
32 
„Schulze, stell ihm ein Bein!
 
33 
Zwinge den Mann mit den Nerven
34 
Nieder nach Sitte und Jus.
35 
Kannst du dich über ihn werfen
36 
Just wie im Koi, dann tu’s!“
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.4 KB)

Details zum Gedicht „Ringkampf“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
173
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das hier analysierte Gedicht „Ringkampf“ stammt von Joachim Ringelnatz, der im späten 19. und frühem 20. Jahrhundert tätig war, bekannt für seine humoristischen und satirischen Gedichte.

Beim ersten Lesen fällt auf, dass das Prinzip des sportlichen Wettkampfs als Metapher für das alltägliche Ringen des Lebens genutzt wird. Ringelnatz stellt diese Metapher mit viel Wortwitz und unterschwelliger Ironie dar. Er erzählt von einem Ringkampf zwischen einem Australier namens Gibson und einem Berliner namens Schulze, die symbolisch für verschiedene Lebensweisen, Attitüden und Kulturen stehen könnten.

Inhaltlich wird in humoristischer und leicht grotesker Weise der Verlauf des Ringkampfs und die Befindlichkeit der Kämpfer beschrieben. Es wird auf deren körperliche Verfassung, Ängste, Nervosität und Kampftechnik eingegangen. Der Ausgang des Kampfes bleibt jedoch offen und der Schiedsrichter scheint sich sogar parteiisch zu zeigen, was auf die subjektive Wahrnehmung und Wertschätzung von Leistung und Erfolg hinweisen könnte.

In Bezug auf Form und Sprache fällt auf, dass das Gedicht mehrere Strophen enthält, deren Länge variiert. Die Sprache ist recht einfach und umgangssprachlich gehalten, was einen schnellen und flüssigen Lesefluss ermöglicht. Die humoristische Wortspielerei, unter anderem mit den Namen der Kämpfer und den Verben, die ihre Aktionen beschreiben, ist ein charakteristisches Merkmal von Ringelnatz' Stil. Die Interpretation des Gedichts kann als humorvolle Skizzierung menschlicher Befindlichkeit in extremen Situationen verstanden werden.

Insgesamt verdeutlicht „Ringkampf“ Ringelnatz' Fähigkeiten als Humorist und Wortkünstler, der durch seine Sprachspiele und Metaphern tiefer liegende menschliche Zustände und Emotionen offenbart und zum Nachdenken anregt. Das Gedicht zeigt auf humorvolle Weise die Komplexität zwischenmenschlicher Beziehungen, den Wettkampfgeist und die Überwindung von Ängsten.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Ringkampf“ des Autors Joachim Ringelnatz. Der Autor Joachim Ringelnatz wurde 1883 in Wurzen geboren. Das Gedicht ist im Jahr 1920 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 173 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 36 Versen. Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Zum Autor des Gedichtes „Ringkampf“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Joachim Ringelnatz

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Joachim Ringelnatz und seinem Gedicht „Ringkampf“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz (Infos zum Autor)

Zum Autor Joachim Ringelnatz sind auf abi-pur.de 560 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.