Kretische Artemis von Rainer Maria Rilke

Wind der Vorgebirge: war nicht ihre
Stirne wie ein lichter Gegenstand?
Glatter Gegenwind der leichten Tiere,
formtest du sie: ihr Gewand
 
bildend an die unbewußten Brüste
wie ein wechselvolles Vorgefühl?
Während sie, als ob sie alles wüßte,
auf das Fernste zu, geschürzt und kühl,
 
stürmte mit den Nymphen und den Hunden,
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ihren Bogen probend, eingebunden
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in den harten hohen Gurt;
 
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manchmal nur aus fremden Siedelungen
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angerufen und erzürnt bezwungen
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von dem Schreien um Geburt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Kretische Artemis“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
74
Entstehungsjahr
1918
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Kretische Artemis“ ist von Rainer Maria Rilke, einem der einflussreichsten Lyriker der deutschen Sprache, der von 1875 bis 1926 lebte. Der erste Eindruck des Gedichts ist geprägt von einer gewissen Mystik und dem Gefühl von Bewegung und Energie, das durch die Beschreibungen der natürlichen Elemente und der Göttin Artemis selbst vermittelt wird.

Inhaltlich beschreibt das Gedicht, in Bezug auf das lyrische Ich, eine Art Beobachtung oder Wahrnehmung der Artemis, der griechischen Göttin der Jagd. Das lyrische Ich stellt sie als kraftvolles, beinahe wildes Wesen dar, das mit Nymphen und Hunden durch die Landschaft stürmt, während es den Bogen spannt. Gleichzeitig werden ihre weiblichen Eigenschaften betont, ihr „unbewusste Brüste“ und ihr „kühles“, unbekümmertes Verhalten. Sie agiert in der Ferne, wird aus fremden Siedlungen heraus oft erzürnt und scheint um die Geburt streiten.

Formal besteht das Gedicht aus vier Strophen, wobei die ersten beiden vier Verse und die letzten beiden drei Verse haben. Die Sprache des Gedichts ist sehr figurativ, mit vielen anschaulichen und symbolischen Bildern. Der „Wind der Vorgebirge“, die „lichter Gegenstand“ Artemis' Stirn und der „glatter Gegenwind der leichten Tiere“ sind nur einige der Elemente, die Rilke verwendet, um ein dynamisches und lebendiges Bild von Artemis zu malen.

Die Sprache ist ebenso mit einer gewissen Zärtlichkeit und Bewunderung für die dargestellte Göttin gefärbt. Was hingegen die Metrik und das Reimschema betrifft, variiert Rilke diese innerhalb des Gedichts und unterstreicht hierdurch die Lebhaftigkeit der beschriebenen Szenen.

Insgesamt ist Rilkes „Kretische Artemis“ eine poetische und eindrucksvolle Darstellung der Göttin, in der Wildheit, Weiblichkeit, Stärke und Schönheit auf eine Weise zusammengeführt werden, die sowohl ihre komplexe Natur als auch die Bewunderung des lyrischen Ich für sie zum Ausdruck bringt. Gleichzeitig wird durch die Erwähnung der „fremden Siedlungen“ und des „Schreiens um Geburt“ eine mögliche kritische Reflexion über den Umgang der Menschen mit der Natur und der Weiblichkeit angedeutet.

Weitere Informationen

Das Gedicht „Kretische Artemis“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Rainer Maria Rilke. Der Autor Rainer Maria Rilke wurde 1875 in Prag geboren. 1918 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Bei dem Schriftsteller Rilke handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 74 Wörter. Es baut sich aus 4 Strophen auf und besteht aus 14 Versen. Die Gedichte „Abend“, „Abend in Skaane“ und „Absaloms Abfall“ sind weitere Werke des Autors Rainer Maria Rilke. Zum Autor des Gedichtes „Kretische Artemis“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 338 Gedichte vor.

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