Komm, sage mir, was du für Sorgen hast von Joachim Ringelnatz

Es zwitschert eine Lerche im Kamin,
Wenn du sie hörst.
Ein jeder Schutzmann in Berlin
Verhaftet dich, wenn du ihn störst.
 
Im Faltenwurfe einer Decke
Klagt ein Gesicht,
Wenn du es siehst.
Der Posten im Gefängnis schießt,
Wenn du als kleiner Sträfling ihm entfliehst.
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Ich tät es nicht.
 
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In eines Holzes Duft
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Lebt fernes Land.
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Gebirge schreiten durch die blaue Luft.
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Ein Windhauch streicht wie Mutter deine Hand.
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Und eine Speise schmeckt nach Kindersand.
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Die Erde hat ein freundliches Gesicht,
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So groß, daß man’s von weitem nur erfaßt.
18 
Komm, sage mir, was du für Sorgen hast.
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Reich willst du werden? – Warum bis du’s nicht?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Komm, sage mir, was du für Sorgen hast“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
19
Anzahl Wörter
106
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht trägt den Titel „Komm, sage mir, was du für Sorgen hast“ und wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, der von 1883 bis 1934 gelebt hat. Damit lässt sich das Werk zeitlich in die Moderne einordnen, einer Epoche die geprägt war durch bedeutende sozio-politische Veränderungen und neue literarische Formen.

Betrachtet man das Gedicht vom ersten Eindruck her, so fällt ein Dialog auf, eine Art Gespräch zwischen dem lyrischen Ich und einem nicht näher bestimmten Du.

Inhaltlich verwirren die ersten Strophen durch den abrupten Wechsel von Natur- zu Stadtszenen, bevor in der dritten Strophe die Anrede des Du wieder aufgenommen wird. In den ersten beiden Strophen beschreibt das lyrische Ich die Wahrnehmung voneinander abwechselnden angenehmen und bedrohlichen Situationen, je nachdem, wie aufmerksam das Du ist. Es spricht dabei implizit eine Warnung aus: die Welt kann schön sein, aber auch gefährlich, je nachdem wie man sie betrachtet und sich in ihr bewegt.

Die abschließende Strophe hingegen erscheint tröstend und ermutigend. Sie ruft Bilder von Naturschönheit und Geborgenheit hervor und schließt mit der Frage, welche Sorgen das Du hat und warum es nicht reich ist. Zugleich bleibt offen, ob mit „reich“ materieller Reichtum oder eine innerer Reichtum an Erfahrungen, Gefühlen, Beziehungen etc. gemeint ist.

Formal betrachtet variiert Ringelnatz in seinem Gedicht die Anzahl der Verse pro Strophe, von vier über sechs bis hin zu neun Versen in der letzten Strophe. Das Gedicht ist im freien Vers geschrieben, es gibt also weder ein konstantes Versmaß noch ein Reimschema.

Hinsichtlich der Sprache fällt eine Mischung aus Alltagssprache und poetischen Bildern auf, die das Gedicht nah und zugleich erstrebenswert wirken lässt. Auch die Verwendung direkter Fragen im letzten Vers der ersten und letzten Strophe verleiht dem Gedicht eine persönliche und lebendige Note.

Das Gedicht „Komm, sage mir, was du für Sorgen hast“ scheint somit eine Reflexion über die Dualität des Lebens zu sein, über die Schönheit und Schrecken der Welt, und die Wahlmöglichkeiten, die wir in unserer Wahrnehmung und Interpretation dieser Welt haben.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Komm, sage mir, was du für Sorgen hast“. 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 106 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 19 Versen mit insgesamt 3 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“. Zum Autor des Gedichtes „Komm, sage mir, was du für Sorgen hast“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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