Jene Große von Joachim Ringelnatz

Weil jeder sie so entzückend
Grün und natürlich fand,
Ging die große Mimose
Von Hand zu Hand.
 
Und ging und lebte, ward müde und schlief,
Und ward herumgereicht.
Und wünschte sich vielleicht – vielleicht! –
Ganz tief,
So unempfindlich zu sein
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Wie ein Stein.
 
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Und wie sie trotzdem wunderbar
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Organisch grün und wissend klar
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Gedieh,
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Umschwärmten, liebten, achteten sie
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Die Menschen und die Tiere,
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Merkten aber fast nie,
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Daß die keine Rose,
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Daß sie eine große Mimose war.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Jene Große“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
76
Entstehungsjahr
1928
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Der Autor des vorliegenden Gedichts ist Joachim Ringelnatz, ein deutscher Schriftsteller und Kabarettist, der von 1883 bis 1934 lebte. Ringelnatz ist vor allem bekannt für seine humorvollen und satirischen Gedichte. Dieses Gedicht, „Jene Große“, kann zeitlich in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eingeordnet werden.

Beim ersten Lesen des Gedichts merkt man schnell, dass es eine gewisse Tragik und Melancholie enthält. Die Hauptfigur des Gedichts ist eine große Mimose, ein Pflanzenart, die allgemein als sehr empfindlich und sensibel gilt. Das lyrische Ich schildert das Leben dieser Mimose, die von vielen bewundert und von Hand zu Hand gereicht wird.

Inhaltlich zieht das lyrische Ich eine Parallele zwischen der Mimose und einem Menschen, der aufgrund seiner äußerlichen Attraktivität oder besonderen Fähigkeiten viele Bewunderer hat. Diese Person wird metaphorisch „von Hand zu Hand“ gereicht, also von vielen Menschen bewundert und begehrt. Gleichzeitig äußert das lyrische Ich aber einen Wunsch der Mimose nach Unempfindlichkeit, der symbolisch in dem Wunsch, ein Stein zu sein, ausgedrückt wird. Hier könnte es also um das Thema der öffentlichen Person gehen, die viel Aufmerksamkeit und Bewunderung erhält, aber unter der Last dieses Ruhms leidet und sich nach Anonymität und Unberührtheit sehnt.

Formal ist das Gedicht in drei Strophen gegliedert, die eine unterschiedliche Anzahl von Versen haben. Die Sprache ist einfach und klar, ohne große sprachliche Bilder oder Metaphern, abgesehen von dem Hauptmotiv der Mimose. Es herrscht ein abwechslungsreicher Rhythmus, der einen fließenden Wechsel von Betonungen ermöglicht und so die diversen Empfindungen und Gedanken des lyrischen Ichs nachzeichnet.

Zusammenfassend kann man sagen, dass „Jene Große“ von Joachim Ringelnatz eine tiefe und nuancierte Untersuchung der psychologischen Konsequenzen des Ruhms ist. Mit der Metapher der Mimose wirft das Gedicht Fragen über das Verhältnis zwischen öffentlicher Bewunderung und privater Empfindlichkeit auf. Es zeigt das Dilemma einer Person, die gleichzeitig bewundert und doch nicht verstanden wird.

Weitere Informationen

Joachim Ringelnatz ist der Autor des Gedichtes „Jene Große“. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Im Jahr 1928 ist das Gedicht entstanden. In Berlin ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Der Schriftsteller Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 76 Worte. Weitere bekannte Gedichte des Autors Joachim Ringelnatz sind „Alone“, „Alte Winkelmauer“ und „Alter Mann spricht junges Mädchen an“. Zum Autor des Gedichtes „Jene Große“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 560 Gedichte vor.

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