Im Kaffeehaus von Paul Haller

Gleißlichter umnebelt Zigarrenrauch;
Blasierte Geilheit auf brennenden Glatzen,
Halbwelt und Schminke, ein schwammiger Bauch,
Gestelle von Weibern, Lorgnetten, Fratzen.
Auf schmutzigen Pfühlen ein müdes Behagen,
Ein Geigenton zittrig auf Dünsten getragen.
 
Und aus der Ecke goldsonnig ein Kinderlachen.
Verwandelt der Saal – ist’s ein Buchenwald?
Zwitschern die Vögel? Kein müdes Gesicht,
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Das nicht scheu oder froh nach der Kleinen schaut,
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Keine Kellnerin, die nicht steht und sich wendet
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Und heimlich trauert, daß es schon endet.
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Die Halbwelt ward Ganzwelt. Regt sich ein Wille?
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Und große Stille. –
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Ein Augenblick. Nun tauschen Jahre und Zeiten,
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Doch eine Sekunde war tausend Leben.
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Die Maske gefallen, die Menschheit nackt,
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Und ihre Blöße war Sehnsuchtsschrei,
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War Ekel und Reue und zagende Hoffnung,
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War Notschrei der Leere nach stillender Fülle,
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Tiefste Bitte des Herzens: Laß mich sein wie dies Kind!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „Im Kaffeehaus“

Autor
Paul Haller
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
21
Anzahl Wörter
134
Entstehungsjahr
nach 1898
Epoche
Naturalismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Im Kaffeehaus“ wurde von dem österreichischen Dichter Paul Haller geschrieben. Es wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfasst, einer Zeit des Wandels und der industriellen Revolution, in der viele Menschen in die Städte zogen.

Das Gedicht besteht aus zwei Strophen mit insgesamt 21 Versen. In der ersten Strophe schildert der Autor die Atmosphäre in einem Kaffeehaus. Er beschreibt die schwere Luft, gefüllt mit Zigarrenrauch, die blasierten und lüsternen Männer und die aufgetakelten Frauen. Es ist eine düstere, dekadente Szene - ein Ort, an dem sich die Halbwelt trifft. Der Duktus des ersten Teils wirkt daher eher negativ und bedrückend.

In der zweiten Strophe ändert sich die Stimmung abrupt, als hat man eine Tür geöffnet und ein frischer Wind zieht durch den Raum. Ein Kinderlachen erfüllt das Kaffeehaus und alles scheint plötzlich in ein anderes Licht getaucht. Der dichte Rauch des Zigarrenqualms weicht, die klirrenden Gläser verstummen und selbst die Prostituierten und Schwarzarbeiter scheinen an der Unschuld des Kindes Anteil zu nehmen und zu bewundern. Der Autor schreibt sogar, dass für einen Moment die Maske der Menschheit herunterfällt und eine tiefe Sehnsucht, Hoffnung und Reue zum Vorschein kommt.

Paul Haller nutzt hier die lyrische Form, um seine Beobachtungen und Empfindungen darzustellen und somit eine trübe, dunstige Szene zu malen, die durch das Lachen eines Kindes in einen Moment der Reinheit und Freude verwandelt wird. Dies mag auf den ersten Blick wie ein schlichter Gegensatz zwischen Negativ und Positiv wirken, aber Haller nutzt diese Form auch, um seinen Wunsch nach Veränderung, nach Helligkeit und Unschuld auszudrücken.

Hinsichtlich der sprachlichen Aspekte verwendet der Autor starke, eindringliche Bilder und macht auch Gebrauch von Rhythmus und Reim, um die Kluft zwischen der düsteren, dekadenten Atmosphäre des Kaffeehauses und der Erleichterung und Freude, die das Kinderlachen hervorruft, zu betonen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Im Kaffeehaus“ ein Gedicht ist, das von Paul Haller geschickt genutzt wird, um die Kontraste des Lebens in der Großstadt im frühen 20. Jahrhundert zu illustrieren, und gleichzeitig seine eigene Sehnsucht und Hoffnung auf einen Wandel hin zu mehr Unschuld und Menschlichkeit auszudrücken.

Weitere Informationen

Paul Haller ist der Autor des Gedichtes „Im Kaffeehaus“. Der Autor Paul Haller wurde 1882 in Rein bei Brugg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1898 bis 1920 entstanden. Erscheinungsort des Textes ist Aarau. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Naturalismus zu. Bei dem Schriftsteller Haller handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das vorliegende Gedicht umfasst 134 Wörter. Es baut sich aus 2 Strophen auf und besteht aus 21 Versen. Paul Haller ist auch der Autor für Gedichte wie „An die Mutter“, „An die blasse Sonne I“ und „An die blasse Sonne II“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Im Kaffeehaus“ weitere 65 Gedichte vor.

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