Humpelnde Welt von Joachim Ringelnatz

Es bleibt nicht aus, daß man den Mut verliert,
Wenn man schon längere Zeit mit seinen wunden
Füßen herumexperimentiert. –
Ich hatte noch immer nicht den richtigen Schuh,
Die richtige Sohle, die richtige Salbe gefunden;
Ich sah – fast getröstet – anderen Humpelnden zu.
 
Und kam ein Morgen, ein kalter, unangenehmer,
Der hatte – mir günstig – mir freudige Post beschert.
Ich humpelte weinwärts, aber ich hinkte bequemer
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Als sonst. Und fand alles Leben so lebenswert.
 
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Ich glaube: es schneite, donnerte, regnete,
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Rauchte. – Aber für mich nicht bestellt.
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Mir lächelte alles, was mir begegnete.
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Auch du kannst so schön sein, humpelnde Welt.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.2 KB)

Details zum Gedicht „Humpelnde Welt“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
97
Entstehungsjahr
1933
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Humpelnde Welt“ wurde von Joachim Ringelnatz verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, zwischen den beiden Weltkriegen, lebte und wirkte.

Beim ersten Lesen wird deutlich, dass das lyrische Ich mit Einschränkungen und Problemen kämpft, symbolisiert durch die „wunden Füße“ und die erfolglosen Versuche, die „richtige Sohle“ oder „richtige Salbe“ zu finden. Dabei gehen die Probleme über das physische Leiden hinaus und betreffen auch seelische bzw. existentielle Aspekte, was durch den Verlust des Mutes zum Ausdruck kommt.

Inhaltlich geht es darum, dass das lyrische Ich trotz seiner Probleme und seiner Suche nach Lösungen seinen Blick auf die Welt verändert. Mit der positiven „freudigen Post“ an einem „kalten, unangenehmen“ Morgen kommt eine Wende. Plötzlich scheint das Leben lebenswert, trotz aller Probleme und Widrigkeiten. Selbst die humpelnde Welt kann schön sein.

Das lyrische Ich versucht also, seine Perspektive zu ändern und die Welt in einem neuen, positiveren Licht zu sehen, auch wenn sie „humpelt“. Es scheint, als ob diese Veränderung der Perspektive eine Art Heilung oder zumindest Linderung mit sich bringt.

Vom formellen Aufbau her handelt es sich um eine dreistrophige Gedichtform, wobei die erste Strophe 6 Verse und die folgenden jeweils 4 Verse umfassen. Das Gedicht verwendet eine einfache, klare Sprache, ohne ausgefallenen Metaphern oder Verschlüsselungen. Allerdings weist Ringelnatzs Diktion hin und wieder eine ironische Brechung auf, die seine pessimistisch-realistische Lebenseinstellung und sein Sinns für absurden und grotesken Humor widerspiegelt.

Insgesamt handelt es sich bei „Humpelnde Welt“ um ein Gedicht, das trotz seiner scheinbaren Schwere und Schwermut einen bewundernswerten Optimismus und Lebensmut vermittelt. Es zeigt die Fähigkeit, auch in schwierigen Zeiten die Schönheit der Welt zu erkennen und zu schätzen.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Humpelnde Welt“ ist Joachim Ringelnatz. Im Jahr 1883 wurde Ringelnatz in Wurzen geboren. 1933 ist das Gedicht entstanden. Erschienen ist der Text in Berlin. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 14 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 97 Worte. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abglanz“, „Abschied von Renée“ und „Abschiedsworte an Pellka“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Humpelnde Welt“ weitere 560 Gedichte vor.

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