Großer Vogel von Joachim Ringelnatz
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Die Nachtigall ward eingefangen, |
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Sang nimmer zwischen Käfigstangen. |
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Man drohte, kitzelte und lockte. |
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Gall sang nicht. Bis man die Verstockte |
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In tiefsten Keller ohne Licht |
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Einsperrte. – Unbelauscht, allein |
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Dort, ohne Angst vor Widerhall, |
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Sang sie |
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Nicht – –, |
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Starb ganz klein |
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Als Nachtigall. |
Details zum Gedicht „Großer Vogel“
Joachim Ringelnatz
1
11
41
nach 1899
Moderne,
Expressionismus
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Großer Vogel“ stammt von dem deutschen Schriftsteller und Kabarettisten Joachim Ringelnatz, der von 1883 bis 1934 gelebt hat. Die Publikationszeit des Gedichts lässt sich nicht genau bestimmen, allerdings kann davon ausgegangen werden, dass es zu Lebzeiten des Autors entstanden ist, vermutlich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Beim ersten Lesen des Gedichts fallen die recht düstere und traurige Stimmung auf. Die darin erzählte Geschichte einer eingefangenen Nachtigall, die letztlich in Gefangenschaft stirbt, erzeugt sofort eine emotionale Reaktion beim Leser.
Inhaltlich handelt das Gedicht von einer Nachtigall, die frei in der Natur lebte und dort ihren Gesang erklingen ließ, bis sie eingefangen und in einen Käfig gesteckt wurde. Trotz verschiedener Versuche, sie zum Singen zu bewegen - durch Drohungen, Kitzeln und Locken - weigert sich die Nachtigall, ihr Lied preiszugeben. Als der Vogel schließlich in einen dunklen, lichtlosen Keller eingesperrt wird, stirbt er, ohne noch einmal gesungen zu haben.
Das lyrische Ich illustriert durch diese Geschichte das Thema Freiheit und Autonomie. Die Nachtigall symbolisiert hierbei das Individuum, das in seiner Freiheit und Selbstbestimmung beschnitten wird und sich dagegen wehrt. Letztendlich könnte interpretiert werden, dass sie es vorzieht, zu sterben, als sich dem Willen der anderen zu beugen und in Gefangenschaft zu singen.
Die Verse sind in einem einfachen und klaren Stil verfasst. Trotz ihrer Kürze und Einfachheit erzeugt die Sprache des Gedichts starke Bilder und Metaphern. Die einprägsamen und knappen Verse tragen dazu bei, die tragische Geschichte der Nachtigall noch eindringlicher zu machen, und die Zwischenräume lassen Raum für Interpretation und Nachdenken. Besonders auffällig ist die strategische Platzierung der Leerzeilen im Gedicht, die die endgültige Weigerung der Nachtigall zu singen und ihren Tod hervorheben und dabei helfen, das Gefühl der Isolation und der Verzweiflung zu verstärken.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Großer Vogel“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Zwischen den Jahren 1899 und 1934 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Berlin. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Moderne oder Expressionismus zuordnen. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das vorliegende Gedicht umfasst 41 Wörter. Es baut sich aus nur einer Strophe auf und besteht aus 11 Versen. Weitere Werke des Dichters Joachim Ringelnatz sind „Abschiedsworte an Pellka“, „Afrikanisches Duell“ und „Alone“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Großer Vogel“ weitere 560 Gedichte vor.
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