Grodek von Georg Trakl

Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tötlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düster hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
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Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
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Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
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Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
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Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
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Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
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O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
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Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
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Die ungebornen Enkel.
 
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(September 1914)
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.3 KB)

Details zum Gedicht „Grodek“

Autor
Georg Trakl
Anzahl Strophen
2
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
110
Entstehungsjahr
1914
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht ist „Grodek“ von Georg Trakl. Trakl war ein österreichischer Expressionist, dessen wichtigste Schaffensperiode in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts lag. Diese Zeit war durch politische und soziale Unruhen gekennzeichnet, insbesondere der Ausbruch des Ersten Weltkrieges, an dem Trakl als Militärarzt teilnahm und der seine Werke maßgeblich beeinflusste.

Der erste Eindruck des Gedichts ist düster und bedrückend. Die melancholische Sprache und die eindringliche Thematik des Krieges sprechen den Leser unmittelbar an. Die Einleitung führt uns in eine herbstliche Landschaft ein, die jedoch durch das Tönen tötlicher Waffen gestört wird. Trakl stellt die natürliche Schönheit der Wälder, Seen und der Sonne dem Grauen des Krieges gegenüber. Die Nacht umfängt sterbende Krieger und die Klage ihrer zerbrochenen Münder.

Das lyrische Ich des Gedichts beobachtet diese Szene und spricht von einer stille, die rotes Gewölk sammelt. Dieses Gewölk wird als Wohnstatt eines zürnenden Gottes beschrieben und fängt das vergossene Blut auf. Es vermittelt ein Bild von Vergeltung und Gerechtigkeit, aber auch von einer tiefen Betrübnis über das Leid und den Tod.

Im weiteren Verlauf wird die Szene immer düsterer und trauriger, Straßen münden in schwarzer Verwesung, der Geist der Helden wird begrüßt und die Flöten des Herbstes tönen leise. Der Ton des Gedichts ist dabei durchgehend ernst und bedrückend, die Trauer über den Krieg und seine Folgen ist allgegenwärtig.

In Bezug auf Form und Sprache handelt es sich bei „Grodek“ um ein freies Gedicht, das sich nicht an starre Reim- oder Taktformen hält. Dennoch ist es durch einen klaren Rhythmus geprägt, der sich durch das ganze Gedicht zieht. Die Sprache ist hochgestochen und kunstvoll, charakteristisch für Trakls expressionistischen Stil.

Zusammenfassend ist „Grodek“ ein eindrückliches und kritisches Kriegsgedicht. Es stellt die brutale Realität des Krieges der natürlichen Schönheit der Welt gegenüber und prangert so die menschliche Zerstörungswut an. Das lyrische Ich ist dabei sowohl Beobachter als auch Teilnehmer des Geschehens und durchlebt eine tiefe Trauer und Verzweiflung. Mit seiner eindringlichen Sprache und seiner kraftvollen Bildsprache macht das Gedicht die Schrecken des Krieges spürbar und regt zum Nachdenken an. Seine Botschaft ist dabei eindeutig: Krieg führt zu Leid und Verlust und sollte um jeden Preis vermieden werden.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Grodek“ ist Georg Trakl. Im Jahr 1887 wurde Trakl in Salzburg geboren. Im Jahr 1914 ist das Gedicht entstanden. Innsbruck ist der Erscheinungsort des Textes. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Expressionismus kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Trakl handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 110 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Georg Trakl ist auch der Autor für Gedichte wie „Abendlied“, „Abendmuse“ und „Allerseelen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Grodek“ weitere 60 Gedichte vor.

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