Ghasel von Erich Mühsam

Euer Schicksal sind stets eure Taten, Menschen!
Will des Schaffens Glück euch nicht geraten, Menschen,
klagt euch selber nur der Unterlassung an.
Schwer von Brotfrucht prangten eure Saaten, Menschen.
Doch die Friedensarbeit ließ euch unbeglückt,
und aus freien Brüdern wurden Staatenmenschen.
Normen gabt ihr und Gesetze euerm Neid,
wurdet selbst zu Knechten und Soldaten, Menschen;
und ihr setztet in die Welt Gewalt und Krieg,
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und durch blutige Leichenfelder waten Menschen.
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Haltet ein! Besinnt euch auf den Gottberuf!
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Heil und Trost stiebt nicht aus den Granaten, Menschen!
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Auf den Weg, von euerm Eifer ausgeschürft,
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drängen schlitzgeäugelt die Asiatenmenschen. –
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Leidvoll mahnend ruft der Weltenfreund euch zu:
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Werdet ewigen Erdenfriedens Paten, Menschen!
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Denn es werden vor den Künftigen nur bestehn
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die dem dritten Reich im Geist genahten Menschen.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.4 KB)

Details zum Gedicht „Ghasel“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
18
Anzahl Wörter
125
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das vorliegende Gedicht „Ghasel“ wurde von Erich Mühsam verfasst, einem deutschen Schriftsteller und Anarchisten. Mühsam lebte von 1878 bis 1934, eine zeitliche Einordnung des Gedichts ist jedoch nicht direkt möglich. Der erste Eindruck ist, dass es sich um eine ernste und kritische Abhandlung der menschlichen Gesellschaft handelt.

Inhaltlich richtet sich das lyrische Ich an die Menschheit und kritisiert deren Handlungen und das daraus resultierende Schicksal (Vers 1-2). Die Menschen machen sich selbst Vorwürfe, der Inaktivität und überlassen das große Potential der produktiven Arbeit dem Unglück (Vers 3-6). Sie schufen Normen und Gesetze aus Neid und machten sich selbst zu Sklaven und Soldaten (Vers 7-8). Sie verursachten Gewalt und Krieg und wandeln nun durch blutige Schlachtfelder (Vers 9-10). Das lyrische Ich ruft zur Besinnung auf, um den Weg des Friedens zu gehen (Vers 11-16). Nur diejenigen, die sich diesem Weg annähern, werden in der Zukunft überleben (Vers 17-18).

Das lyrische Ich führt hierbei eine Gesellschaftskritik durch und ruft zur Besinnung auf. Es betont die Eigenverantwortung der Menschen für ihr Schicksal sowie die Auswirkungen ihrer Taten auf die Welt. Negativen Entwicklungen wie Krieg, Gewalt und Unterdrückung werden das Potenzial zur persönlichen Entwicklung und das Streben nach Frieden entgegengestellt.

Formal besteht das Gedicht aus 18 Versen. Ein Reimschema ist nicht direkt erkennbar. Die verwendete Sprache ist bildhaft und expressiv. Sie vermittelt ein starkes Gefühl der Kritik und Mahnung. Die referenziellen Hinweisen wie „Staatenmenschen“, „Knechten und Soldaten“ und „blutige Leichenfelder“ verdeutlichen die kriegstriebige Zustände, während Begriffe wie „Schaffens Glück“, „Friedensarbeit“ und „ewigen Erdenfriedens“ den Aufruf zur positiven Veränderung und einem Streben nach Frieden bekräftigen. Das Gedicht kann somit als Aufforderung zur Selbstreflexion und Veränderung verstanden werden.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Ghasel“ ist Erich Mühsam. Geboren wurde Mühsam im Jahr 1878 in Berlin. Die Entstehungszeit des Gedichtes geht auf das Jahr 1920 zurück. München ist der Erscheinungsort des Textes. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Expressionismus zugeordnet werden. Der Schriftsteller Mühsam ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 18 Versen mit nur einer Strophe und umfasst dabei 125 Worte. Weitere Werke des Dichters Erich Mühsam sind „Das Beispiel lebt“, „Das Volk der Denker“ und „Das Neue Deutschland“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Ghasel“ weitere 57 Gedichte vor.

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