Freiübungen von Joachim Ringelnatz

Grundstellung

Wenn eine Frau in uns Begierden weckt
Und diese Frau hat schon ihr Herz vergeben,
Dann (Arme vorwärts streckt!)
Dann ist es ratsam, daß man sich versteckt.
Denn später (langsam auf den Fersen heben!)
Denn später wird uns ein Gefühl umschweben,
Das von Familiensinn und guten Eltern zeugt.
(Arme – beugt!)
Denn was die Frau an einem Manne reizt,
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(Hüften fest – Beine spreizt! – Grundstellung)
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Ist Ehrbarkeit. Nur die hat wahren Wert,
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Auch auf die Dauer (Ganze Abteilung, kehrt!).
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Das ist von beiden Teilen der begehrtste,
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Von dem man sagt: (Rumpfbeuge) Das ist der allerwertste.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.1 KB)

Details zum Gedicht „Freiübungen“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
14
Anzahl Wörter
93
Entstehungsjahr
1920
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Freiübungen“ stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der zwischen 1883 und 1934 lebte. Diese zeitliche Einordnung positioniert ihn in die Epoche des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit.

Auf den ersten Blick wirkt das Gedicht wie eine Mischung aus Liebesgedicht und Trainingsanweisung. Es ist in 14 Verse unterteilt, die nicht nur Emotionen und Gedanken, sondern auch körperliche Übungen beschreiben.

Das lyrische Ich reflektiert im Gedicht über das Thema Begehren, speziell die Begierde, die eine vergebene Frau in ihm weckt. Er empfiehlt, sich in einer solchen Situation zu verstecken (Vers 4), da Letzteres letztlich ein Gefühl von Familie und Anstand hervorrufen kann (Vers 7). Diese Reflexion wird narrativ mit Anweisungen für physische Übungen verflochten, was das Gedicht zu einem inspirierenden und humorvollen Kommentar auf die menschliche Natur macht.

Die Anweisung für Bewegungen wie „Arme vorwärts streckt“ oder „langsam auf den Fersen heben“ (Verse 3 und 5) könnten als Metapher für das Zähmen emotionaler Impulse interpretiert werden. Indem das lyrische Ich die Wertigkeit von Ehrbarkeit hervorhebt (Vers 11), legt es nahe, dass es nicht Bereuen oder Scham einfangen will, sondern auf die Tiefe und Dauerhaftigkeit von Gefühlen hinarbeitet.

Formal fällt das strophisch gleichartige Gedicht durch den Wechsel zwischen Erzählung und Anweisungen auf, was zu seinem Charakter als Komödie beiträgt. Der Sprachstil ist einfach und direkt, was die Verwendbarkeit und Zugänglichkeit des Gedichts für eine breite Leserschaft gewährleistet.

Im Hinblick auf den speziellen historischen Kontext kann das Gedicht auch als Kommentar zur Rolle von Frauen und Männern in der Gesellschaft und zur Art und Weise, wie sie ihre Beziehungen und Begierden aufbauen, betrachtet werden. Selbst inmitten der Turbulenzen der Ringelnatz’schen Ära schien das Gedicht zu betonen, dass Ehrbarkeit und familiärer Sinn immer noch von zentraler Bedeutung sind.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Freiübungen“ des Autors Joachim Ringelnatz. Ringelnatz wurde im Jahr 1883 in Wurzen geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1920. In München ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Ringelnatz ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen. Das 93 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 14 Versen mit nur einer Strophe. Die Gedichte „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“ sind weitere Werke des Autors Joachim Ringelnatz. Zum Autor des Gedichtes „Freiübungen“ haben wir auf abi-pur.de weitere 560 Gedichte veröffentlicht.

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