Faschingsvollmond von Joachim Ringelnatz

Ein Freund, ein Dieb aus der Nähe von Metz,
Wollte mich betrunken machen.
Es gelang ihm durch dauerndes Anstoßen.
Wir stolperten über ein Polizeigesetz,
Lagen dann in zwei stecknadelgroßen
Blutlachen.
 
„Warum willst du mich denn betrunken machen?“
Frug ich. – „Um Dich zu berauben!“ –
Diesem Freunde konnte ich glauben;
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Er küßte mir oft die Hände, in Wien. –
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Nun lag er mit rührend blutender Nase
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Mitten in der Theresienstraße
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Neben mir. Wo uns der Vollmond beschien.
 
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Wir wollten einander aufraffen,
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Aber Der Mann im Monde trat
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Eben in den Hof seines Mondes
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Und signalisierte uns: Lohnt es
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Sich, einen Hofhund hier anzuschaffen?
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Oder empfehlen Sie Stacheldraht?
 
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Ein Schutzmann kam und nahm eins von uns beiden.
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Ich ließ meinem Freunde zur Aufbewahrung
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Die Brieftasche. Aber nicht nur das Scheiden,
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Auch andres tut weh. Zum Beispiel Erfahrung.
 
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Ich kann die Gegend um Metz nicht leiden.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.9 KB)

Details zum Gedicht „Faschingsvollmond“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
141
Entstehungsjahr
1929
Epoche
Moderne,
Expressionismus

Gedicht-Analyse

Dieses Gedicht stammt von Joachim Ringelnatz, einem deutschen Schriftsteller und Kabarettist, der mit seiner ironischen und skurrilen Lyrik bekannt wurde. Ringelnatz lebte von 1883 bis 1934, also während der Zeit des Deutschen Kaiserreichs sowie der Weimarer Republik, was sich in seinem Werk durch zeitgenössische Bezüge und eine kritische Haltung gegenüber gesellschaftlichen Normen und Konventionen widerspiegelt.

Schon beim ersten Lesen erweckt „Faschingsvollmond“ einen Eindruck von lebhafter Szenerie, die mit Humor und einer gewissen Absurdität verbunden ist. Es handelt sich um eine Anekdote von zwei Freunden, die während des Karnevals betrunken werden und in einige unglückliche Situationen geraten, einschließlich eines Kampfes und einer Konfrontation mit der Polizei.

Die Aussage des lyrischen Ichs scheint sowohl humorvoll als auch sarkastisch zu sein, indem es die Absurdität ihrer Situation hervorhebt, aber auch einen Kommentar zur menschlichen Natur und Vertrauen in Freundschaften macht - der Freund, der versucht, das Ich zu betrügen, bleibt trotzdem ein Freund.

Das Gedicht ist in fünf Strophen unterteilt, wobei jede Strophe eine andere Anzahl von Versen hat und die vorgegebene Struktur des Gedichts bricht, was dem unvorhersehbaren, chaotischen Thema des Gedichts entspricht. Die Sprache ist umgangssprachlich, mit einem humorvollen Ton und bildhaften Beschreibungen. Es wird eine Personifizierung des Mondes verwendet („Der Mann im Monde“), was zur humorvollen und absurd-komischen Atmosphäre beiträgt.

Insgesamt ist „Faschingsvollmond“ ein humorvolles, ungebunden-strukturiertes Gedicht, das durch die Betonung von Alkohol und Chaos eine gewisse gesellschaftliche Kritik transportiert. Es beleuchtet Themen wie Freundschaft, Vertrauen und die Unvorhersehbarkeit des Lebens.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Faschingsvollmond“ des Autors Joachim Ringelnatz. Geboren wurde Ringelnatz im Jahr 1883 in Wurzen. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1929. Der Erscheinungsort ist Berlin. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text den Epochen Moderne oder Expressionismus zugeordnet werden. Bei Ringelnatz handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen. Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 5 Strophen und umfasst dabei 141 Worte. Der Dichter Joachim Ringelnatz ist auch der Autor für Gedichte wie „Afrikanisches Duell“, „Alone“ und „Alte Winkelmauer“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Faschingsvollmond“ weitere 560 Gedichte vor.

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