Sehnsucht von Johann Wolfgang von Goethe

Was zieht mir das Herz so?
Was zieht mich hinaus?
Und windet und schraubt mich
Aus Zimmer und Haus?
Wie dort sich die Wolken
Um Felsen verziehn!
Da möcht ich hinüber,
Da möcht ich wohl hin!
 
Nun wiegt sich der Raben
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Geselliger Flug;
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Ich mische mich drunter
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Und folge dem Zug.
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Und Berg und Gemäuer
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Umfittichen wir;
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Sie weilet da drunten;
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Ich spähe nach ihr.
 
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Da kommt sie und wandelt;
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Ich eile sobald,
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Ein singender Vogel,
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Zum buschigen Wald.
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Sie weilet und horchet
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Und lächelt mit sich:
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»Er singet so lieblich
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Und singt es an mich.«
 
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Die scheidende Sonne
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Verguldet die Höhn;
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Die sinnende Schöne,
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Sie läßt es geschehn.
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Sie wandelt am Bache
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Die Wiesen entlang,
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Und finster und finstrer
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Umschlingt sich der Gang;
 
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Auf einmal erschein ich,
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Ein blinkender Stern.
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»Was glänzet da droben,
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So nah und so fern?«
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Und hast du mit Staunen
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Das Leuchten erblickt;
39 
Ich lieg dir zu Füßen,
40 
Da bin ich beglückt!
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „Sehnsucht“

Anzahl Strophen
5
Anzahl Verse
40
Anzahl Wörter
157
Entstehungsjahr
1749 - 1832
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sehnsucht“ des Autors Johann Wolfgang von Goethe. 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. In der Zeit von 1765 bis 1832 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zu den Epochen Sturm & Drang oder Klassik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Bei dem Schriftsteller Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Der Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das philosophische und literarische Denken in Deutschland. Der Sturm und Drang kann als eine Protest- und Jugendbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale verstanden werden. Das Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung brachte die wesentlichen Merkmale dieser Epoche hervor. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. In den Gedichten wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Aber dennoch wurde eine eigene Jugendkultur und Jugendsprache mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Wiederholungen und Halbsätzen geschaffen. Schiller, Goethe und die anderen Autoren jener Zeit suchten nach etwas Universalem, was in allen Belangen und für jede Zeit gut sei und entwickelten sich stetig weiter. So ging der Sturm und Drang über in die Weimarer Klassik.

Die Weimarer Klassik dauerte von 1786 bis 1832 an. Zentrale Vertreter dieser Literaturepoche waren Goethe und Schiller. Die zeitliche Abgrenzung orientiert sich dabei an dem Schaffen Goethes. So wird dessen erste Italienreise im Jahr 1786 als Beginn der deutschen Klassik angesehen, die dann mit seinem Tod im Jahr 1832 ihr Ende nahm. Ausgangspunkt und literarisches Zentrum der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Zu den wichtigsten Motiven der Weimarer Klassik gehören unter anderem Menschlichkeit und Toleranz. In der Weimarer Klassik wird eine sehr einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind häufig in Werken der Weimarer Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich oftmals an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Die Hauptvertreter der Weimarer Klassik sind Friedrich Schiller, Johann Wolfgang von Goethe, Johann Gottfried Herder und Christoph Martin Wieland. Einen künstlerischen Austausch im Sinne einer gemeinsamen Arbeit gab es jedoch nur zwischen Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller.

Das vorliegende Gedicht umfasst 157 Wörter. Es baut sich aus 5 Strophen auf und besteht aus 40 Versen. Johann Wolfgang von Goethe ist auch der Autor für Gedichte wie „An Annetten“, „An Belinden“ und „An Lida“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sehnsucht“ weitere 1617 Gedichte vor.

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