An den Schlaf von Johann Wolfgang von Goethe

Der du mit deinem Mohne
Selbst Gotteraugen zwingst,
Und Bettler oft zum Throne
Zum Mädgen Schäfer bringst,
 
Vernimm; Kein Traumgespinste
Verlang’ ich heut von dir,
Den grösten deiner Dienste
Geliebter, leiste mir.
 
An meines Mädgens Seite
10 
Sizz’ ich, ihr Aug’ spricht Lust,
11 
Und unter neid’scher Seite
12 
Steigt fühlbar ihre Brust,
 
13 
Oft hatte meinen Küssen
14 
Sie Amor zugebracht,
15 
Dieß Glück muß ich vermissen,
16 
Die strenge Mutter wacht.
 
17 
Am Abend trifst du wieder
18 
Mich dort, o tritt herein,
19 
Sprüh’ Mohn von dem Gefieder,
20 
Da schlaf die Mutter ein:
 
21 
Bey blassem Lichterscheinen,
22 
Von Lieb’ Annette warm,
23 
Sink’, wie Mama in deinen,
24 
In meinen gier’gen Arm.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.6 KB)

Details zum Gedicht „An den Schlaf“

Anzahl Strophen
6
Anzahl Verse
24
Anzahl Wörter
104
Entstehungsjahr
1767
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „An den Schlaf“ wurde von Johann Wolfgang von Goethe verfasst, einem der zentralen Figuren der deutschen Literatur. Er wurde 1749 geboren und starb 1832, weshalb das Gedicht vermutlich in das späte 18. oder frühe 19. Jahrhundert einzuordnen ist.

Auf den ersten Eindruck kommuniziert das Gedicht Sehnsucht und Verlangen, denn das lyrische Ich wendet sich an den Schlaf, dieser wird personifiziert und um einen Dienst gebeten. Der Schlaf scheint eine Macht zu haben, die sowohl Götter als auch Menschen unterwerfen kann, was durch die Anmerkung, dass er Bettler zum Throne und zu Mädchen Schäfer bringt, verdeutlicht wird.

Inhaltlich scheint es, dass das lyrische Ich nach Liebe und Zweisamkeit verlangt. Es sitzt an der Seite seines geliebten Mädchens und spürt ihre Freude und ihr Begehren. Allerdings hält die „strenge Mutter“ sie voneinander fern und der Protagonist muss auf die Nacht und den Schlaf hoffen, um Nähe und Intimität zu erreichen. Das lyrische Ich bittet den Schlaf darum, die Mutter des Mädchens in einen Schlaf zu versetzen, damit sie ungehindert zusammen sein können.

In Bezug auf die Sprache und Form des Gedichts besteht es aus mehreren Strophen, jede davon enthält vier Verse. Goethe wählt hier eine einfache, aber aussagekräftige Sprache. Der Reim ist geordnet und es gibt einen deutlichen Rhythmus, der den Fluss der Verse und das Gefühl von Sehnsucht und Verlangen unterstreicht. Die Personifizierung des Schlafes gibt ihm eine allmächtige und fast mystische Rolle, während die Darstellung des lyrischen Ichs und seiner Situation die menschlichen Emotionen und das Verlangen nach Liebe hervorhebt. Das Gedicht ist ein leidenschaftliches Bitten und Flehen nach Nähe, was die starke Emotion und Begierde wiederspiegelt.

Weitere Informationen

Johann Wolfgang von Goethe ist der Autor des Gedichtes „An den Schlaf“. 1749 wurde Goethe in Frankfurt am Main geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1767. Der Erscheinungsort ist Leipzig. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Goethe ist ein typischer Vertreter der genannten Epochen.

Die Epoche des Sturm und Drang reicht zeitlich etwa von 1765 bis 1790. Sie ist eine Strömung innerhalb der Aufklärung (1720–1790) und überschneidet sich teilweise mit der Epoche der Empfindsamkeit (1740–1790) und ihren Merkmalen. Häufig wird der Sturm und Drang auch als Geniezeit oder Genieperiode bezeichnet. Die Klassik knüpft an die Literaturepoche des Sturm und Drang an. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts dominierte der Geist der Aufklärung das literarische und philosophische Denken im deutschen Sprachraum. Der Sturm und Drang „stürmte“ und „drängte“ als Jugend- und Protestbewegung gegen diese aufklärerischen Ideale. Ein wesentliches Merkmal des Sturm und Drang ist somit ein Auflehnen gegen die Epoche der Aufklärung. Bei den Autoren handelte es sich meist um junge Schriftsteller. Meist waren sie unter 30 Jahre alt. In den Dichtungen wurde darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden, um die subjektiven Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen. Die alten Werke vorheriger Epochen wurden geschätzt und dienten als Inspiration. Dennoch wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die Epoche des Sturm und Drang endete mit der Hinwendung Schillers und Goethes zur Weimarer Klassik.

Prägend für die Literatur der Weimarer Klassik war die Französische Revolution. Menschen setzten sich dafür ein, dass für alle die gleichen Rechte gelten sollten. Der Beginn der Weimarer Klassik ist im Jahr 1786 auszumachen. Die Epoche der Klassik endete im Jahr 1832 mit dem Tod Goethes. Wie der Name bereits verrät, liegen der Ausgangspunkt und das literarische Zentrum der Weimarer Klassik, die auch kurz Klassik genannt wird, in Weimar. Teilweise wird auch Jena als ein weiteres Zentrum der Literaturepoche angesehen. In Anlehnung an das antike Kunstideal wurde in der Weimarer Klassik nach Vollkommenheit, Harmonie, Humanität und der Übereinstimmung von Form und Inhalt gesucht. In der Lyrik haben die Autoren auf Gestaltungs- und Stilmittel aus der Antike zurückgegriffen. So war beispielsweise die streng an formale Kriterien gebundene Ode besonders geschätzt. Außerdem verwendeten die Dichter jener Zeit eine gehobene, pathetische Sprache. Die bekanntesten Schriftsteller der Klassik sind: Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, Christoph Martin Wieland und Johann Gottfried von Herder.

Das 104 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An Lida“, „An den Mond“ und „An den Selbstherscher“. Zum Autor des Gedichtes „An den Schlaf“ haben wir auf abi-pur.de weitere 1618 Gedichte veröffentlicht.

+ Wie analysiere ich ein Gedicht?

Daten werden aufbereitet

Fertige Biographien und Interpretationen, Analysen oder Zusammenfassungen zu Werken des Autors Johann Wolfgang von Goethe

Wir haben in unserem Hausaufgaben- und Referate-Archiv weitere Informationen zu Johann Wolfgang von Goethe und seinem Gedicht „An den Schlaf“ zusammengestellt. Diese Dokumente könnten Dich interessieren.

Weitere Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe (Infos zum Autor)

Zum Autor Johann Wolfgang von Goethe sind auf abi-pur.de 1618 Dokumente veröffentlicht. Alle Gedichte finden sich auf der Übersichtsseite des Autors.