An den Mond von Johann Wolfgang von Goethe

Spätere Fassung

Füllest wieder Busch und Thal
Still mit Nebelglanz,
Lösest endlich auch einmal
Meine Seele ganz;
 
Breitest über mein Gefild
Lindernd deinen Blick,
Wie des Freundes Auge mild
Ueber mein Geschick.
 
Jeden Nachklang fühlt mein Herz
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Froh und trüber Zeit,
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Wandle zwischen Freud’ und Schmerz
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In der Einsamkeit.
 
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Fließe, fließe, lieber Fluß!
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Nimmer werd’ ich froh;
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So verrauschte Scherz und Kuß
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Und die Treue so.
 
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Ich besaß es doch einmal,
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Was so köstlich ist!
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Daß man doch zu seiner Qual
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Nimmer es vergißt!
 
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Rausche, Fluß, das Tal entlang,
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Ohne Rast und Ruh,
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Rausche, flüstre meinem Sang
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Melodien zu!
 
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Wenn du in der Winternacht
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Wüthend überschwillst
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Oder um die Frühlingspracht
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Junger Knospen quillst.
 
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Selig, wer sich vor der Welt
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Ohne Haß verschließt,
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Einen Freund am Busen hält
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Und mit dem genießt,
 
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Was, von Menschen nicht gewußt
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Oder nicht bedacht,
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Durch das Labyrinth der Brust
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Wandelt in der Nacht.

Es handelt sich bei dem hier abgedruckten Text um die Spätfassung aus dem Jahr 1789.

Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (26.3 KB)

Details zum Gedicht „An den Mond“

Anzahl Strophen
9
Anzahl Verse
36
Anzahl Wörter
146
Entstehungsjahr
1789
Epoche
Sturm & Drang,
Klassik

Gedicht-Analyse

Der Autor des Gedichts ist Johann Wolfgang von Goethe, einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Literatur, der von 1749 bis 1832 gelebt hat. Das Gedicht ist also in der Epoche der Klassik und Romantik anzusiedeln.

Der erste Eindruck weist auf eine melancholische, introspektive Atmosphäre hin, in der das lyrische Ich eine enge Verbindung zur Natur und insbesondere zum Mond aufbaut.

Inhaltlich handelt das Gedicht von der tiefgehenden Reflexion des lyrischen Ichs über seine Seele, Gefühle, Erfahrungen und Beziehungen – und das in enger Verbindung zur Natur. Der Mond wird als tröstender Freund dargestellt, der auf die Gedanken und Gefühle des lyrischen Ichs einfühlsam reagiert. Der Fluss – ein weiteres zentrales Naturmotiv - wird als Symbol des Lebensflusses gedeutet, der ständig fließt und nie ruht, ähnlich wie das Leben selbst mit seinen Hochs und Tiefs. Mit dem Verlust eines Geliebten und der daraus resultierenden Trauer wird die Kehrseite des Glücks und Lebens dargestellt. Das Gedicht endet mit der Wertschätzung der Freundschaft und Unbekümmertheit.

Form und Sprache des Gedichts sind charakteristisch für Goethe und seine Epoche. Das Gedicht besteht aus neun Strophen, die jeweils aus vier Versen bestehen (Vierzeiler). Die Sprache ist emotional und malerisch, was die emotionalen Schwingungen des lyrischen Ichs und die Naturlandschaften lebendig werden lässt. Die Wiederholung bestimmter Phrase, wie „Fließe, fließe, lieber Fluß!“ und „Rausche, Fluß, das Tal entlang,“ zeigt den andauernden inneren Kampf des lyrischen Ichs, entweder mit sich selbst oder mit seinen Lebensbedingungen. Goethes Wortwahl und die melodischen Qualitäten seines Verses erzeugen eine musikalische Qualität, die beim Leser Emotionen hervorrufen kann.

Weitere Informationen

Das Gedicht „An den Mond“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Johann Wolfgang von Goethe. Der Autor Johann Wolfgang von Goethe wurde 1749 in Frankfurt am Main geboren. Entstanden ist das Gedicht im Jahr 1789. In Leipzig ist der Text erschienen. Das Gedicht lässt sich anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her den Epochen Sturm & Drang oder Klassik zuordnen. Bei dem Schriftsteller Goethe handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epochen.

Zwischen den Epochen Empfindsamkeit und Klassik lässt sich in den Jahren von 1765 bis 1790 die Strömung Sturm und Drang einordnen. Zeitgenössische Genieperiode oder Geniezeit sind häufige Bezeichnungen für diese Literaturepoche. Die Epoche des Sturm und Drang war eine Protestbewegung, die aus der Aufklärung hervorging. Der Protest richtete sich gegen den Adel und dessen höfische Welt, sowie andere absolutistische Obrigkeiten. Er richtete sich darüber hinaus auch gegen das Bürgertum, das als freudlos und eng galt, und dessen Moralvorstellungen veraltet waren. Als Letztes richtete sich der Protest der Epoche des Sturm und Drang gegen Traditionen in der Literatur. Bei den Vertretern der Epoche des Sturm und Drang handelte es sich vorwiegend um junge Autoren. Um die persönlichen Empfindungen des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen, wurde im Besonderen darauf geachtet eine geeignete Sprache zu finden und in den Gedichten einzusetzen. Es wurde eine eigene Jugendsprache und Jugendkultur mit kraftvollen Ausdrücken, Ausrufen, Halbsätzen und Wiederholungen geschaffen. Die alten Werke vorangegangener Epochen wurden geschätzt und dienten weiterhin als Inspiration. Mit seinen beiden bedeutenden Vertretern Schiller und Goethe entwickelte sich der Sturm und Drang weiter und ging in die Weimarer Klassik über.

Die Weimarer Klassik ist eine Literaturepoche, die insbesondere von den Dichtern Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller geprägt wurde. Die Italienreise Goethes im Jahr 1786 markiert den Beginn der Epoche. Das Todesjahr von Goethe, 1832, markiert das Ende der Weimarer Klassik. In der Literaturepoche sind Einflüsse der Französischen Revolution festzustellen. Ausgangspunkt und literarisches Zentrum der Weimarer Klassik (kurz auch häufig einfach nur Klassik genannt) war Weimar. Der Begriff Humanität ist prägend für die Zeit der Klassik. Die wichtigsten inhaltlichen Merkmale der Klassik sind: Selbstbestimmung, Harmonie, Menschlichkeit, Toleranz und die Schönheit. In der Klassik wird eine einheitliche, geordnete Sprache verwendet. Allgemeingültige, kurze Aussagen (Sentenzen) sind häufig in Werken der Klassik zu finden. Da man die Menschen früher mit der Kunst und somit auch mit der Literatur erziehen wollte, setzte man großen Wert auf Stabilität und formale Ordnung. Metrische Ausnahmen befinden sich immer wieder an Stellen, die hervorgehoben werden sollen. Schiller, Goethe, Herder und Wieland bildeten das „Viergestirn“ der Klassik. Es gab natürlich auch noch andere Autoren, die typische Werke veröffentlichten, doch niemand übertraf die Fülle und die Popularität dieser vier Autoren.

Das 146 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 36 Versen mit insgesamt 9 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Johann Wolfgang von Goethe sind „An die Günstigen“, „An einen jungen Prahler“ und „An meine Lieder“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „An den Mond“ weitere 1618 Gedichte vor.

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