Die Mutter von Rainer Maria Rilke

Aufwärts die Theaterrampe
rollen dröhnend die Karossen,
abseits unter trüber Lampe
steht ein altes Weib verdrossen.
 
Nur wenn jäh ein Hengst mal scheute,
wars, daß sie zusammenschrecke;
niemand aus dem Strom der Leute
sieht die Alte in der Ecke.
 
An die neue ›Größe‹ dachte,
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von ihr sprach man nur. – Die Güte
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eines Grafen, hieß es, brachte
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herrlich ihr Talent zur Blüte.
 
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Später. Jubelstürme hallten
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in den Schlußklang der Trompeten …
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Aber draußen kams der Alten,
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heimlich für ihr Kind zu beten.
Arbeitsblatt zum Gedicht
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Details zum Gedicht „Die Mutter“

Anzahl Strophen
4
Anzahl Verse
16
Anzahl Wörter
80
Entstehungsjahr
nach 1891
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Die Mutter“ wurde von Rainer Maria Rilke verfasst, der von 1875 bis 1926 lebte. Das Gedicht kann zeitlich in die Zeit um die Jahrhundertwende des 19. zum 20. Jahrhundert eingeordnet werden.

Der erste Eindruck des Gedichts ist düster und melancholisch. Es wird eine Szene beschrieben, in der eine alte Frau abseits des Trubels auf einer Theaterbühne steht. Die Atmosphäre wirkt grau und trüb.

In einfachen Worten kann der Inhalt des Gedichts so wiedergegeben werden: Eine alte Frau steht abseits des Trubels auf einer Theaterbühne, während Karossen dröhnend vorbeifahren. Niemand scheint die Frau zu bemerken, außer wenn ein Pferd erschrickt und sie zusammenzuckt. Die Frau wird als „verdrossen“ beschrieben. Es wird auch erwähnt, dass über sie gesprochen wird, dass sie „Größe“ erreicht hat, aber nur aufgrund der Güte eines Grafen, der angeblich ihr Talent gefördert hat. Am Ende des Gedichts wird darauf hingewiesen, dass die Alte draußen heimlich für ihr Kind betet, während Jubelstürme drinnen erklingen.

Das lyrische Ich in diesem Gedicht möchte wahrscheinlich auf die Unsichtbarkeit und Vernachlässigung der älteren Generation aufmerksam machen. Die Mutter wird von den Menschen um sie herum nicht wahrgenommen, es sei denn, es geschieht etwas Außergewöhnliches. Auch wenn über sie gesprochen wird, wird ihre eigene Leistung herabgestuft und ihrer Fürsorge für ihr Kind wird mehr Wert beigemessen. Das Gedicht zeigt die Einsamkeit der Mutter und ihre Hoffnung für ihr Kind.

Das Gedicht besteht aus vier Strophen mit jeweils vier Versen. Es gibt keine Reime oder regelmäßige Metrik. Die Sprache ist einfach und direkt, mit wenigen Adjektiven und beschreibenden Elementen. Die sprachliche Gestaltung ist stark auf das Bild der Mutter und ihrer Einsamkeit fokussiert und verzichtet auf überflüssige Details. Die Klarheit und Einfachheit der Sprache verstärkt die Melancholie und Trübsinnigkeit des Gedichts.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Die Mutter“ ist Rainer Maria Rilke. Rilke wurde im Jahr 1875 in Prag geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1891 und 1926. In Frankfurt am Main ist der Text erschienen. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Rilke ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 16 Versen mit insgesamt 4 Strophen und umfasst dabei 80 Worte. Der Dichter Rainer Maria Rilke ist auch der Autor für Gedichte wie „Allerseelen“, „Als ich die Universität bezog“ und „Am Kirchhof zu Königsaal“. Zum Autor des Gedichtes „Die Mutter“ haben wir auf abi-pur.de weitere 338 Gedichte veröffentlicht.

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