Es stehet im Abendglanze von Clemens Brentano
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Es stehet im Abendglanze |
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Ein freies heiliges Haus |
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Da sehen mit schimmernden Augen |
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Viel Knaben und Jungfraun heraus, |
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Dort hab' ich mein Liebchen gesehen |
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Ein freundliches zierliches Kind, |
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Sie konnte wohl schweben und drehen, |
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Wie fallende Blüten im Wind. |
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Und die in dem Hause wohnen |
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Sind heilig und wissen es nicht |
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Sie leben mit Kränzen und Kronen |
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Alltäglich ein neues Gedicht |
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Sie sind gleich den Göttern und handlen, |
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Wohl täglich in andrer Gestalt, |
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Mein Liebchen wird auch sich verwandlen |
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Das tut meinem Herzen Gewalt. |
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O Liebchen, wo bist du geblieben, |
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Ich steh' vor dem schimmernden Haus, |
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Und will dich bescheiden nur lieben |
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O Liebchen o sehe heraus |
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Ich will dein pflegen und warten, |
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Im Herzen so treu, als ich kann, |
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Da seh' ich dich sitzen im Garten |
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Wohl bei einem reichen Mann. |
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So kauf' ich mir Rechen und Spaten |
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Bind' mir ein grün Schürzelein vor |
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Und gehe wohl als ein Gärtner |
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An des reichen Mannes Tor |
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Tu auf, tu auf den Garten, |
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Ich will dir wohl ohne Sold |
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Die Blumen all pflegen und warten |
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Sie sind ja mein Silber und Gold. |
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So sei mir o Gärtner willkommen |
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Zieh hoch die Blumen mir, |
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Zieh lang sie zu blühenden Ketten |
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Ich habe ein Vögelchen hier, |
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Zieh hoch und dicht eine Laube |
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Zieh mir ein Gitterhaus |
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Daß keiner mein Vögelchen raube, |
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Und es nicht fliege aus, |
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Da klingt wohl sanft und süße |
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Im Garten ein heilig Lied |
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Die Bäume senden Grüße, |
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Die Blume lauschend blüht, |
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Da seh' ich mein Liebchen so weinen, |
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So blicken zu mir herauf, |
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Die Sonne will nicht mehr scheinen, |
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Die Blumen sie gehen nicht auf. |
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So hast du dann verlassen |
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Der Götter freies Haus |
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Der Locken Gold muß blassen, |
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Der Augen Licht geht aus |
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O Liebchen o sei nicht so munter, |
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Du hast vergeudet dein Los, |
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Dein Sternlein, es gieng ja unter |
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Tief in des Meeres Schoß. |
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Ans Meer will ich mich stellen |
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Betrübt im Abendschein, |
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Und sehn, wie in die Wellen |
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Versinkt dein Sternelein, |
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Und niedersehn und weinen, |
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Die Tränen all hinab, |
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Sie wollen sich ja vereinen |
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Mit deines Sternes Grab. |
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Dies Lied hab' ich ersonnen |
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Wohl vor dem Zauberhaus, |
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Das glänzt in der Abendsonnen, |
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Du blickst nicht mehr heraus |
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Als Jugend um Liebe mußt brennen |
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In irrem Liebeswahn, |
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Da konnte sie ihn nicht erkennen, |
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Und blickte so hell ihn doch an. |
Details zum Gedicht „Es stehet im Abendglanze“
Clemens Brentano
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384
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Der Autor des Gedichtes „Es stehet im Abendglanze“ ist Clemens Brentano. Brentano wurde im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Die Entstehungszeit des Gedichtes liegt zwischen den Jahren 1794 und 1842. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kunstgeschichte, die vom Ende des 18. Jahrhunderts bis ins späte 19. Jahrhundert hinein die Literatur, Musik, Kunst und Philosophie prägte. Auf die Literatur beschränkt betrachtet reichen die Auswirkungen der Epoche lediglich bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hinein. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Wissenschaft und Technik, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die Stilepoche kennzeichnet sich vor allem durch offene Formen in Gedichten und Texten. Phantasie ist für die Romantiker das Maß aller Dinge. Die Trennung zwischen Wissenschaft und Poesie, zwischen Wirklichkeit und Traum soll durchbrochen werden. Die Schriftsteller der Romantik streben eine Verschmelzung von Kunst und Literatur an. Ihr Ziel ist es, alle Lebensbereiche zu poetisieren.
Das vorliegende Gedicht umfasst 384 Wörter. Es baut sich aus 9 Strophen auf und besteht aus 72 Versen. Die Gedichte „Als Herr Künzel neulich bat“, „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ und „Ihr himmlischen Fernen“ sind weitere Werke des Autors Clemens Brentano. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Es stehet im Abendglanze“ weitere 297 Gedichte vor.
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