Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ... von Clemens Brentano

Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht.
Sie hat ein Tabaksdosengesicht
So etwas wie ’ne Nase drinne
Und den Charakter einer Spinne.
Hat man mit dem Vergrößrungsglase
Endlich gefunden ihre Nase
So mußt du Mikroskope brauchen
So findst du nie die Katzenaugen.
Ihr dickes Haar ist tölpisch aufgebaut
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Doch niemand schimpfe ihre Haut
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Sie ist so fein so zart so weiß
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Als wie ein alter Hühnersteiß.
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Ihr faltig Kleid von steifem Zeug
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Hoch aufgepufft betrüget euch
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Wo andre Fräuleins Berge haben
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Kann hier kein matter Floh sich laben.
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Schad’ daß ein Hügelchen den schönen Wuchs befleckt
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Das erst vor kurzer Zeit ein Kenneraug’ entdeckt.
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In ihrem magern Unterleib
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Brummt oft ein Wind zum Zeitvertreib.
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24.7 KB)

Details zum Gedicht „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“

Anzahl Strophen
1
Anzahl Verse
20
Anzahl Wörter
113
Entstehungsjahr
nach 1794
Epoche
Romantik

Gedicht-Analyse

Das Gedicht mit dem Titel „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ wurde von Clemens Brentano verfasst, einem bedeutenden Vertreter der Heidelberger Romantik, der von 1778 bis 1842 lebte.

Auf den ersten Eindruck wirkt dieses Gedicht satirisch und humorvoll. Es ist in einer lockeren, volksnahen Sprache verfasst, die eine starke bildliche Vorstellungskraft hervorruft.

Dieses Gedicht beschreibt in humorvoller und teils ironischer Weise die körperlichen Merkmale von „Fräulein Dienchen“. Besonders charakteristisch ist der groteske Vergleich ihres Gesichts mit einer Tabaksdose. Das lyrische Ich gibt eine sehr detaillierte, aber wenig schmeichelhafte Beschreibung von Fräulein Dienchen, indem es Aspekte wie ihre Nase, Augen, Haare, Haut, Figur und Kleidung thematisiert und laufend negativ bewertet. Es nutzt unterschiedliche Metaphern und Vergleiche, um ihre Merkmale mit geläufigen Gegenständen oder bekannten Dingen überzogen darzustellen.

Die Sprache und Form des Gedichts sind unkonventionell und zeugen dabei von einem feinen Humor und einem Gespür für groteske Darstellung. Das Gedicht besteht aus 20 Versen, ohne dass diese in konventionelle Strophenform eingeteilt sind. Der Versfuß ist nicht durchgehend gleichmäßig, doch Brentano nutzt Reime und rhythmische Elemente, um ein fließendes Leseerlebnis zu ermöglichen. Mit diesem Gedicht versucht der Autor vielleicht, das starre Schönheitsideal seiner Zeit zu kritisieren und auf humorvolle Art und Weise ins Lächerlich zu ziehen.

Im Ganzen ist dieses Gedicht von Clemens Brentano ein humorvoller Seitenhieb auf oberflächliche Schönheitsideale und gibt einen ironischen Kommentar zur Oberflächlichkeit von gesellschaftlichen Wahrnehmungen und Vorurteilen ab. Es liefert eine tiefsinnige Botschaft, eingepackt in humorvolle Übertreibungen und Scherz.

Weitere Informationen

Der Autor des Gedichtes „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ ist Clemens Brentano. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Zwischen den Jahren 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Eine Zuordnung des Gedichtes zur Epoche Romantik kann aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors vorgenommen werden. Der Schriftsteller Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.

Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis tief in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte verschiedenste Auswirkungen auf Literatur, Musik, Philosophie und Kunst jener Zeit. Die Literatur der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Zeit der Romantik war für die Menschen in Europa von Umbrüchen geprägt. Die Französische Revolution (1789 - 1799) zog weitreichende Folgen für ganz Europa nach sich. Auch der Fortschritt in Technik und Wissenschaft, der den Beginn des industriellen Zeitalters einläutete, verunsicherte die Menschen und prägte die Gesellschaft. In der Romantik finden sich verschiedene charakteristische Motivkreise. Sehnsucht und Liebe (Blaue Blume) oder das Unheimliche (Spiegelmotiv) sind bedeutende Motive. Auch politische Motive wie Weltflucht, Nationalismus und Gesellschaftskritik lassen sich aufzeigen. Das Mittelalter gilt bei den Romantikern als Ideal und wird verherrlicht. Übel und Missstände des Mittelalters bleiben unbeachtet. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.

Das 113 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 20 Versen mit nur einer Strophe. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Als Herr Künzel neulich bat“, „Zu Koblenz auf der Brücken“ und „Ihr himmlischen Fernen“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Kennt ihr das Fräulein Dienchen nicht ...“ weitere 298 Gedichte vor.

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