Sieh den dunklen Schleier der Nacht von Clemens Brentano
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Sieh den dunklen Schleier der Nacht, |
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Wie er sich hernieder senket, |
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Da des Wagens schimmernde Pracht |
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Phöbus nun hinab gelenket. |
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Sehnsucht führet die Geliebten |
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Auf des Mondes Zauberpfad, |
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Wo sie gestern Scherze übten, |
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Zu des Seees Glanzgestad. |
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Sieh, den dunklen Schleier der Nacht, |
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Immer näher aus der Ferne, |
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Sticken nun mit lachender Pracht |
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Die geliebten Heldensterne! |
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Einer aber ist geschweifet, |
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Er ist heftig und ist mutig, |
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Und den Mond er peitschend greifet, |
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Und der blasse Mond wird blutig! |
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Sieh, des Monds zerschmettertes Schild |
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In ein rotes Feld sich kehrte, |
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Und des Wappens gläubiges Schild |
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Schmückt der Stern mit einem Schwerte. |
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Benavides, deinem Stamme |
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Ist der Glanz nun angefacht! |
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Aber sieh, des Schwertes Flamme |
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Weichet und es kehrt die Nacht! |
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Sieh, ein feuriger Regen fällt, |
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Und es schwebt, gleich einem Sarge |
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Über der zornumfluteten Welt |
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Jetzt die gottgebaute Arche! |
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Und es fliegt der dunkle Rabe, |
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Kehret hoffnungslos zurück, |
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Aber mit der Friedensgabe |
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Sieht die Taube Sonnenblick! |
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Und es spannt der Bogen des Herrn |
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Seine bunte Farbenbrücke, |
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Tränen schimmern so freudig gern |
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In des Auges Sonnenblicke. |
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Wie der Hals der Taube schimmert, |
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Locket eines Habichts Wut, |
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Ach, der Fried', wird der zertrümmert, |
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Taube, du wirst Opferblut! |
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Wohl uns! überm Habicht kreist |
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Nun ein Falke, doch zu leise, |
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Denn der Habicht stürzend zerreißt |
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Weh! die Taube sich zur Speise. |
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Falke, lieber Falke, stürze |
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Auf den Habicht, daß ihr Weh |
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Rächend wenigstens sich kürze, |
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Daß ich tot den Mörder seh! |
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Habicht wird zum blutigen Schild, |
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Unter ihm die arme Taube, |
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Aber der Falke steiget zum Wild |
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Über des Wappens geharnischte Haube, |
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Und der Falke wird zum Schwerte |
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Das sich flammend abwärts kehrt, |
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Daß der Traum erfüllet werde, |
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Nieder in dein Herzschild fährt! |
Details zum Gedicht „Sieh den dunklen Schleier der Nacht“
Clemens Brentano
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1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Sieh den dunklen Schleier der Nacht“ des Autors Clemens Brentano. Im Jahr 1778 wurde Brentano in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Zwischen den Jahren 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Romantik zu. Bei Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik ist eine Epoche der Kulturgeschichte, zeitlich anzusiedeln vom späten 18. Jahrhundert bis spät in das 19. Jahrhundert hinein. Auf die Literatur bezogen: von 1795 bis 1848. Sie hatte verschiedenste Auswirkungen auf Literatur, Kunst, Musik und Philosophie jener Zeit. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Literaturepoche der Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. Als Merkmale der Literatur der Romantik sind die Verklärung des Mittelalters, die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur, die Betonung subjektiver Gefühle und des Individuums, der Rückzug in Fantasie- und Traumwelten oder die Faszination des Unheimlichen zu benennen. Bedeutende Symbole der Romantik sind die Blaue Blume oder das Spiegel- und Nachtmotiv. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das 278 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 56 Versen mit insgesamt 7 Strophen. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Abschied vom Rhein“, „O Traum der Wüste, Liebe, endlos Sehnen“ und „Was reif in diesen Zeilen steht“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Sieh den dunklen Schleier der Nacht“ weitere 297 Gedichte vor.
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