Hör, liebe Seel! wer rufet dir? von Clemens Brentano
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Hör', liebe Seel'! wer rufet dir? |
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Dein Jesus aus der Höhe: |
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Komm, meine Taube, komm zu mir! |
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Den Ruf ich wohl verstehe. |
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Wenn ich soll deine Taube sein, |
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Mußt du mir Flügel geben, |
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Die wasch' in deinem Blut ich rein, |
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Und werde glaubend schweben. |
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Du rufest mir! Wie arm ich bin, |
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Darf ich zu dir doch kommen, |
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Die Mängel hat dein treuer Sinn |
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Ja all von mir genommen. |
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Sag, Herr, wird auch ein Nestlein fein |
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Für mich bei dir gefunden? |
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Ja, meine Taube, komm herein, |
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Wohn' hier in meinen Wunden! |
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Mein Jesu, ach, was willst du mir, |
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In deinen Wunden geben? |
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Durch meine Wunden, sag' ich dir, |
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Fliegst sterbend du zum Leben. |
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Wohlan, es zielt des Todes Pfeil, |
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Er wird mich nicht verderben, |
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Zu deinen Wunden, Herr, ich eil', |
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Da werd' ich's Leben erben. |
Details zum Gedicht „Hör, liebe Seel! wer rufet dir?“
Clemens Brentano
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134
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Hör, liebe Seel! wer rufet dir?“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Clemens Brentano. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1794 bis 1842 entstanden. Anhand der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her kann der Text der Epoche Romantik zugeordnet werden. Brentano ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche.
Vom Ende des 18. Jahrhunderts bis in das 19. Jahrhundert hinein dauerte die kulturgeschichtliche Epoche der Romantik an. Ihre Auswirkungen waren in der Literatur, der Kunst aber auch der Philosophie und Musik spürbar. Bis in das Jahr 1804 hinein spricht man in der Literatur von der Frühromantik, bis 1815 von der Hochromantik und bis 1848 von der Spätromantik. Die Gesellschaft des 18. Jahrhunderts galt im Allgemeinen als wissenschaftlich und aufstrebend, was hier vor allem durch die einsetzende Industrialisierung deutlich wird. Die Gesellschaft wurde zunehmend technischer, fortschrittlicher und wissenschaftlicher. Diese Entwicklung war den Romantikern zuwider. Sie stellten sich in ihren Werken gegen das Streben nach immer mehr Gewinn, Fortschritt und das Nützlichkeitsdenken, das versuchte, alles zu verwerten. Weltflucht, Hinwendung zur Natur, Verklärung des Mittelalters (damalige Kunst und Architektur wurde nun wieder geschätzt), Rückzug in Fantasie- und Traumwelten, Betonung des Individuums und romantische Ironie sind typische Merkmale der Romantik. Die Themen der Romantik zeigen sich in verschiedenen Motiven und Symbolen. So gilt beispielsweise die Blaue Blume als das zentrale Motiv der Romantik. Sie symbolisiert Liebe und Sehnsucht und verbindet Natur, Mensch und Geist. Die Nacht hat ebenfalls eine besondere Bedeutung in der Literatur der Romantik. Sie ist der Schauplatz für zahlreiche weitere Motive dieser Epoche: Vergänglichkeit, Tod und nicht alltägliche, obskure Phänomene. Im ebenfalls in dieser Epoche zu findenden Spiegelmotiv zeigt sich die Hinwendung der Romantik zum Unheimlichen. Die äußere Form von romantischer Literatur ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das Gedicht besteht aus 24 Versen mit insgesamt 6 Strophen und umfasst dabei 134 Worte. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Ihr himmlischen Fernen“, „Brautgesang“ und „Abschied vom Rhein“. Zum Autor des Gedichtes „Hör, liebe Seel! wer rufet dir?“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 297 Gedichte vor.
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