Der Herr ritt nach Jerusalem von Clemens Brentano
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Der Herr ritt nach Jerusalem |
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Vor achtzehnhundertsiebzehn Jahr, |
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Den Frommen war er angenehm |
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Sie warfen ihre Kleider dar |
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Und streuten Palmen auf den Weg |
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Und sangen Hosianna laut |
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O selig, wer den grünen Steg |
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Und den, der auf ihm zog, erschaut! |
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Mir aber ist am Palmentag |
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Ein zweites Einzugsfest bestellt, |
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Hosianna ich auch singen mag, |
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Ein fromm Kind zog heut ein zur Welt, |
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Der Frühling zog sein Röcklein aus |
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Und breitet es auf seiner Bahn, |
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Und streute manchen Veilchenstrauß, |
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Hosianna stimmten die Vöglein an. |
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Vor nit gar lang, vor neunzehn Jahr |
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Früh morgens um die sechste Stund' |
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Ward wohl mein Himmel sonnenklar, |
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Ward wohl mein ganzes Glück gesund. |
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Im Priesterhaus zu Linum ward |
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Geboren mir zu frommer Lust |
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Ein Mägdlein recht nach Christenart, |
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Ach hätt' ich's damals schon gewußt! |
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Da zog mein Himmelschlüsselbein, |
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Mein Herz, mein Seel', mein Du, mein Ich, |
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Mein lieb Linum zur Welt herein. |
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Wie liebte da mein Heiland mich! |
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Und streuen will ich nun fortan |
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Was ich vermag an frommer Zier |
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Wohl meinem Linum auf die Bahn, |
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Sie weiß wohl, Herr, ich streu' es dir. |
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Ich werf' zur Erd' mein altes Kleid, |
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Brech' ab die üpp'gen Zweige mein, |
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Beginne eine neue Zeit |
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Und werde wieder klar und rein. |
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Ich darf nicht länger dumm und blind |
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In deine lieben Augen sehn, |
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Ich muß ganz rein, du liebes Kind |
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Vor deinem ird'schen Zuge gehn. |
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Lieb Linum hab' nur guten Mut |
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Bleib mir nur treu, ich werd' bald fromm |
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So fromm wie du und still und gut, |
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Daß ich mit dir zum Himmel komm'! |
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Da reit' ich auf der Eselin, |
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Du setzt dich auf das Füllen klein, |
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So ziehn wir mit einfält'gem Sinn |
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Nach neu Jerusalem hinein. |
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Sei nur nicht bös, es ist nun so, |
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Der liebe Gott aufs Herz nur sieht, |
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So tust du auch, drum bin ich froh, |
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Und geb' dir dies einfält'ge Lied. |
Details zum Gedicht „Der Herr ritt nach Jerusalem“
Clemens Brentano
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307
1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Der Herr ritt nach Jerusalem“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Clemens Brentano. Brentano wurde im Jahr 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. In der Zeit von 1794 bis 1842 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Bei Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Literaturepoche der Romantik (ca. 1795–1848) lässt sich in Frühromantik (bis 1804), Hochromantik (bis 1815) und Spätromantik (bis 1848) aufgliedern. Die Welt, die sich durch die einsetzende Industrialisierung und Verstädterung mehr und mehr veränderte, verunsicherte die Menschen. Die Französische Revolution in den Jahren 1789 bis 1799 hatte ebenfalls Auswirkungen auf die Romantik. Wesentliche Motive in der Lyrik der Romantik sind die Ferne und Sehnsucht sowie das Gefühl der Heimatlosigkeit. Weitere Motive sind das Fernweh, das Nachtmotiv oder die Todessehnsucht. So symbolisierte die Nacht nicht nur die Dunkelheit, sondern auch das Geheimnisvolle, Mysteriöse und galt als Quelle der Liebe. Typische Merkmale der Romantik sind die Hinwendung zur Natur, die Weltflucht oder der Rückzug in Traumwelten. Insbesondere ist aber auch die Idealisierung des Mittelalters aufzuzeigen. Kunst und Architektur des Mittelalters wurden von den Romantikern wieder geschätzt. Die äußere Form von romantischer Dichtung ist völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits unmittelbar nach Erscheinen der Werke wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das 307 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 52 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Weitere bekannte Gedichte des Autors Clemens Brentano sind „Ihr himmlischen Fernen“, „Brautgesang“ und „Abschied vom Rhein“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Der Herr ritt nach Jerusalem“ weitere 297 Gedichte vor.
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