Es war einmal die Liebe von Clemens Brentano
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Es war einmal die Liebe, |
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Die himmelklare Liebe, |
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Sie war in edlem Zorn |
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Und sprach zum blinden Triebe, |
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Verzeih, heut kriegst du Hiebe |
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Ganz ernst mit einem Dorn. |
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Der Trieb hört dies betroffen, |
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Doch kaum hat ihn getroffen |
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Der Liebe Dornenstreich, |
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Da war die Knospe offen, |
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Der Dorn ganz ohn' Verhoffen |
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Schlug aus voll Rosen gleich. |
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Es war einmal die Liebe |
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Die himmelklare Liebe |
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Sie war vom Trieb betrübt, |
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Sprach drum zum blinden Triebe |
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An dir dem Friedensdiebe, |
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Wird Rache heut geübt. |
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Doch als sie sich wollt' rächen |
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Da stürzt in Tränenbächen |
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Das Herz ihr aus der Brust, |
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Sie kann den Stab nicht brechen |
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Die Lieb' wird aller Schwächen |
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Des Triebes sich bewußt. |
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Es war einmal die Liebe, |
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Die himmelklare Liebe, |
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Sie war vom Trieb gekränkt, |
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Und sprach zum blinden Triebe, |
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Wenn dir kein Trost auch bliebe, |
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Heut wird dir's nicht geschenkt. |
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Und um ihm's zu gedenken |
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Tut sie ein Füllhorn senken, |
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Voll von Gerechtigkeit, |
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Und hat des Triebes Ränken |
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Den Richtplatz mit Geschenken |
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Der Gnade überstreut. |
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Ei sag einmal du Liebe, |
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Du himmelklare Liebe |
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Wer hat dich das gelehrt, |
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Daß man dem blinden Triebe |
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Für scharfe Dornenhiebe |
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Nur Rosenglut beschert. |
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Und daß man für die Rute |
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Dem blinden Übermute |
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Nur süßen Zucker giebt |
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Das lehrte mich der Gute |
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Der mich mit seinem Blute |
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Ob meiner Schuld geliebt. |
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Da sang einmal der Liebe |
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Der klaren Himmelsliebe |
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Der Trieb dies Liebeslied, |
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Daß sich dem blinden Triebe |
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Ein Licht ins Aug' er schriebe, |
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Daß er im Auge sieht. |
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Und als sie es gehöret, |
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Da fühlt sie sich erhöret, |
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Und sprach in Demut fromm |
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Wer hat mich dir gelehret |
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Wer hat dich mir bescheret, |
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Trieb sei der Lieb willkomm. |
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Da faßt einmal die Liebe |
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Die himmelklare Liebe |
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Sich einen frischen Mut, |
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Und war dem blinden Triebe |
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Daß er nicht irrend bliebe |
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Ein Blindenführer gut. |
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Da lernt der Trieb das Lieben, |
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Da ward die Lieb' getrieben |
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Bis sehend er, sie blind, |
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Und beide sind's geblieben, |
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Und ich hab dir's geschrieben, |
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Merk auf, und bleib ein Kind. |
Details zum Gedicht „Es war einmal die Liebe“
Clemens Brentano
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1778 - 1842
Romantik
Gedicht-Analyse
Das Gedicht „Es war einmal die Liebe“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Clemens Brentano. Der Autor Clemens Brentano wurde 1778 in Ehrenbreitstein (Koblenz) geboren. Im Zeitraum zwischen 1794 und 1842 ist das Gedicht entstanden. Von der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. von den Lebensdaten des Autors her lässt sich das Gedicht der Epoche Romantik zuordnen. Bei Brentano handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche.
Die Romantik war eine Epoche der europäischen Literatur, Kunst und Kultur. Sie begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts und dauerte in der Literatur bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Frühromantik lässt sich zeitlich bis in das Jahr 1804 einordnen. Die Hochromantik bis 1815 und die Spätromantik bis in das Jahr 1848. Die Romantik entstand in Folge politischer Krisen und gesellschaftlicher Umbrüche. In ganz Europa fand ein Übergang von der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft statt. Gleichzeitig bildete sich ein bürgerliches Selbstbewusstsein heraus. Industrialisierung und technologischer Fortschritt sind prägend für diese Zeit. In der Romantik gilt das Mittelalter als das Ideal und wird verherrlicht. Die Kunst und Architektur der Zeit des Mittelalters werden geschätzt, gepflegt und gesammelt. Übel und Missstände dieser Zeit bleiben unberücksichtigt und scheinen bei den Schriftstellern in Vergessenheit geraten zu sein. So ist die Verklärung des Mittelalters ein zentrales Merkmal der Romantik. Außerdem sind die Weltflucht, die Hinwendung zur Natur und die romantische Ironie weitere zentrale Merkmale dieser Epoche. Die grundsätzlichen Themen waren Seele, Gefühle, Individualität und Leidenschaft. In der Literatur wurden diese Themen unter anderem durch Motive der Sehnsucht, Todessehnsucht, Fernweh oder Einsamkeit in der Fremde ausgedrückt. Die äußere Form von romantischer Literatur ist dabei völlig offen. Kein starres Schema grenzt die Literatur ein. Dies steht ganz im Gegensatz zu den strengen Normen der Klassik. In der Romantik entstehen erstmals Sammlungen so genannter Volkspoesie. Bekannte Beispiele dafür sind Grimms Märchen und die Liedersammlung Des Knaben Wunderhorn. Doch bereits direkt nach Erscheinen wurde die literarische Bearbeitung (Schönung) durch die Autoren kritisiert, die damit ihre Rolle als Chronisten weit hinter sich ließen.
Das 332 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 72 Versen mit insgesamt 12 Strophen. Der Dichter Clemens Brentano ist auch der Autor für Gedichte wie „Im Wetter auf der Heimfahrt“, „Die Abendwinde wehen“ und „14. Juli 1834“. Auf abi-pur.de liegen zum Autor des Gedichtes „Es war einmal die Liebe“ weitere 297 Gedichte vor.
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