Nachts von Eduard Mörike
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Horch! auf der Erde feuchtem Grund gelegen, |
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arbeitet schwer die Nacht der Dämmerung entgegen! |
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Indessen dort in blauer Luft gezogen, |
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die Fäden leicht, unhörbar fließen, |
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und hin und wieder mit gestähltem Bogen |
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die lustgen Sterne goldne Pfeile schießen. |
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Im Erdenschoß, im Hain und auf der Flur, |
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wie wühlt es jetzo rings in der Natur |
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von nimmersatter Kräfte Gärung! |
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und welche Ruhe doch! und welch ein Wohlbedacht! |
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Mir aber in geheimer Brust erwacht |
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ein peinlich Widerspiel von Fülle und Entbehrung |
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vor diesem Bild so schweigend und so groß! |
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Mein Herz, wie gerne machtest du dich los! |
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Du schwankendes, dem jeder Halt gebricht, |
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willst, kaum entflohn, zurück zu deinesgleichen. |
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Trägst du der Schönheit Götterfülle nicht, |
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so beuge dich! Denn hier ist kein Entweichen. |
Details zum Gedicht „Nachts“
Eduard Mörike
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18
121
1804 - 1875
Biedermeier
Gedicht-Analyse
Das vorliegende Gedicht „Nachts“ wurde von Eduard Mörike verfasst, einem Vertreter der deutschen Romantik, der von 1804 bis 1875 lebte.
Bei der ersten Lektüre fällt eine starke Naturverbundenheit auf, die typisch für die literarische Strömung der Romantik ist. Ebenso zeichnet es sich durch eine sinnliche, bildhafte Sprache aus, welche detailreich die Atmosphäre eines nächtlichen Szenarios entwirft.
Inhaltlich erzählt das lyrische Ich von der Nacht und dem Wechselspiel von Licht und Dunkelheit. Der erste Teil beschreibt das Erwachen der Nacht, symbolisiert durch den Prozess der Dämmerung und die Schönheit des Sternenhimmels. In der zweiten Strophe wird dagegen die Aktivität und gleichzeitig Ruhe der Natur betont. Diese Naturbeobachtungen werden jedoch begleitet von einer inneren Unruhe und Zwiespältigkeit des lyrischen Ichs.
Das lyrische Ich scheint einen inneren Konflikt durchzumachen, zwischen Bewunderung für die Schönheit der Natur und einem Gefühl der Leere oder Entbehrung. Der letzte Vers lässt darauf schließen, dass das lyrische Ich sich dieser Realität stellt und die Notwendigkeit zur Akzeptanz betont.
Die Form des Gedichts ist freier Natur, ohne ein festes Reimschema, was der subjektiven und emotional aufgeladenen Thematik zuträglich ist. Die Sprache ist reich an Metaphern und bildhaften Vergleichen, die die Atmosphäre der Nacht verstärken und die innere Zerrissenheit des lyrischen Ichs ausdrücken. So werden die Sterne beispielweise als „goldne Pfeile“ beschrieben, die die Nacht „durchschießen“, und das lyrische Ich spricht von einer „peinlichen Widerspiel von Fülle und Entbehrung“, was seine innere Konfliktsituation verdeutlicht.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Mörikes „Nachts“ typisch für die Romantik ist und eine tiefe Naturverbundenheit sowie einen starken Ausdruck subjektiver Emotionen zeigt. Es thematisiert die Schönheit und Erhabenheit der Natur, konfrontiert diese jedoch mit der inneren Zerrissenheit des lyrischen Ichs – eine typische Problematik romantischer Dichtung.
Weitere Informationen
Das Gedicht „Nachts“ stammt aus der Feder des Autors bzw. Lyrikers Eduard Mörike. Im Jahr 1804 wurde Mörike in Ludwigsburg geboren. Das Gedicht ist in der Zeit von 1820 bis 1875 entstanden. Die Entstehungszeit des Gedichtes bzw. die Lebensdaten des Autors lassen eine Zuordnung zur Epoche Biedermeier zu. Bei Mörike handelt es sich um einen typischen Vertreter der genannten Epoche. Das 121 Wörter umfassende Gedicht besteht aus 18 Versen mit insgesamt 2 Strophen. Der Dichter Eduard Mörike ist auch der Autor für Gedichte wie „Er ist’s“, „Gebet“ und „Im Frühling“. Zum Autor des Gedichtes „Nachts“ liegen auf unserem Portal abi-pur.de weitere 171 Gedichte vor.
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