Der Steinochs von Christian Morgenstern

Der Steinochs schüttelt stumm sein Haupt,
daß jeder seine Kraft ihm glaubt.
Er spießt dich plötzlich auf sein Horn
und bohrt von hinten dich bis vorn.
Weh!
 
Der Steinochs lebt von Berg zu Berg,
vor ihm wird, was da wandelt, Zwerg.
Er nährt sich meist - und das ist neu -
von menschlicher Gehirne Heu.
10 
Weh!
 
11 
Der Steinochs ist kein Tier, das stirbt,
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dieweil sein Fleisch niemals verdirbt.
13 
Denn wir sind Staub, doch er ist Stein!
14 
Du möchtest wohl auch Steinochs sein?
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He?
Arbeitsblatt zum Gedicht
PDF (24 KB)

Details zum Gedicht „Der Steinochs“

Anzahl Strophen
3
Anzahl Verse
15
Anzahl Wörter
83
Entstehungsjahr
nach 1887
Epoche
Moderne

Gedicht-Analyse

Das Gedicht „Der Steinochs“ wurde von Christian Morgenstern verfasst, der von 1871 bis 1914 lebte. Es ist daher in der literarischen Epoche des Naturalismus und der Vorläuferphase des Expressionismus einzuordnen.

Bereits beim ersten Eindruck fällt eine gewisse Monstrosität und Wildheit des beschriebenen Steinochsen auf. Morgenstern schafft ein Bild eines mächtigen und unbändigen Wesens, dessen Fähigkeiten und Instinkte jenseits des Menschlichen liegen.

Inhaltlich stellt das lyrische Ich den Steinochs als ein furchterregendes, fast mystisches Wesen dar, das durch seine Kraft und Unvergänglichkeit besticht. Der Steinochs ist ein furchteinflößendes Tier, das scheinbar mit Leichtigkeit Menschen tötet und sich gar von menschlichen Gehirnen ernährt. Aufgrund seiner steinernen Beschaffenheit verdirbt sein Fleisch nicht, er ist also unsterblich. Die abschließende, provokante Frage des lyrischen Ichs „Du möchtest wohl auch Steinochs sein?“ kann als Aufforderung interpretiert werden, über die menschliche Sterblichkeit und den Wunsch nach Unvergänglichkeit nachzudenken.

Die Form des Gedichts besteht aus drei Strophen mit je fünf Versen. Hervorzuheben ist hierbei der Reim, welcher in Form eines Kreuzreims in den ersten vier Versen jeder Strophe und mit der abschließenden Einzeile „Weh!“ bzw. „He?“ folgt, und so eine Art ironische Pointe darstellt.

Sprachlich fällt die einfache, aber kraftvolle Bildsprache auf, mit der Morgenstern den Steinochs darstellt. Worte wie „stumm“, „Kraft“, „Horn“ und „Stein“ verleihen dem Gedicht einen groben, fast brutalen Klang, der das Bild des wilden und mächtigen Steinochsen zusätzlich unterstreicht. Zudem nutzt Morgenstern gehäuft Alliterationen (zum Beispiel „Steinochs schüttelt stumm“), die dem Gedicht einen rhythmischen, fast besungenen Charakter verleihen. Die zahlreichen Enjambements zwischen den Versen schaffen einen Fluss des Erzählens, der die Dynamik des Gedichts unterstützt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Morgenstern ein dichterisches Bild eines wilden, unbändigen und schrecklichen Wesens kreiert hat, das gleichzeitig Faszination und Abscheu erzeugt und zum Nachdenken über die menschliche Existenz und Sterblichkeit anregt. Die einfache, aber effektvolle Sprache und Form unterstützen diese Wirkung des Gedichts.

Weitere Informationen

Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um das Gedicht „Der Steinochs“ des Autors Christian Morgenstern. Im Jahr 1871 wurde Morgenstern in München geboren. Zwischen den Jahren 1887 und 1914 ist das Gedicht entstanden. Der Erscheinungsort ist Zürich. Aufgrund der Entstehungszeit des Gedichtes bzw. der Lebensdaten des Autors kann der Text der Epoche Moderne zugeordnet werden. Der Schriftsteller Morgenstern ist ein typischer Vertreter der genannten Epoche. Das Gedicht besteht aus 15 Versen mit insgesamt 3 Strophen und umfasst dabei 83 Worte. Christian Morgenstern ist auch der Autor für Gedichte wie „Das Auge der Maus“, „Das Böhmische Dorf“ und „Das Fest des Wüstlings“. Zum Autor des Gedichtes „Der Steinochs“ haben wir auf abi-pur.de weitere 189 Gedichte veröffentlicht.

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